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Landtag, 22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 104

 

gelassen hat, um all die Dinge auf die Reihe zu bringen -, der in Hinkunft des Öfteren hier genannt werden wird. Das zeigt ja schon auf, dass das im Grunde genommen eine heimliche Stadtratsfunktion ist. Wir werden hier immer stehen, über ihn reden und Dinge kritisieren, aber im Gegensatz zu einem Stadtrat kann er sich nicht zu Wort melden und kann nicht mit argumentieren. Dazu muss uns etwas einfallen, sonst werden wir wiederholt diese Situation haben.

 

Was wir - und das sind jetzt Dinge, die noch nicht genannt wurden - in diesem Arbeitskreis bisher nicht erledigt haben und warum ich glaube, dass dieser Beirat sich ganz rasch erstmals zusammensetzen sollte, ist dass keine Prüfung von Alternativen vorliegt. Wir kennen jetzt die Förderwelt, wir wissen, dass die Oberösterreicher und die Steirer irgendetwas anders machen, wir wissen, dass in anderen europäischen Ländern viel anderes gemacht wird, aber diese Prüfung der Alternativen wurde entweder nicht vorgenommen oder aber uns nicht bekannt gegeben.

 

So etwas wie Zielvorgaben, Kosten-Nutzen-Analysen und so weiter gibt es alles auch nicht, und wie mein Kollege Margulies heute schon gesagt hat und was ich für ganz wichtig halte, das Budget liegt ja nicht vor! Wir haben jetzt diese Gesamtsumme, die wir beschließen werden, die Sie beschließen werden, aber ein operatives Budget liegt nicht vor. Es weiß ja kein Mensch, was jetzt weiter geschehen soll. Auch das müssen sie raschest vorlegen.

 

Ich möchte gerne, weil es ja bei den Gesetzen, die wir heute beschließen, in allererster Linie um betroffene Menschen geht, noch einmal in Erinnerung rufen, dass das ja Menschen sind, die unserer Hilfe bedürfen, die hier auf die Sozialreferate gehen und die etwas brauchen. Jetzt noch einmal in Erinnerung gerufen und Ihnen noch einmal gesagt sei die Tatsache: Die Sozialhilferichtsätze sind zu nieder! Das ist nicht existenzsichernd. Es wird Ihnen immer wieder gesagt, es wird aber nichts getan, und das vorliegende Sozialhilfegesetz halten wir aus den genannten Gründen für schlecht.

 

Ich bringe daher einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein. Ich lese jetzt die Begründung nicht vor, sondern nur das, was wir fordern. Das ist das ganz, ganz Wesentliche, wobei ich hoffe, irgendwann einmal auch positive Signale von Seiten der SPÖ zu bekommen, wenn auch wahrscheinlich nicht heute. Wir wollen eine Sockelung der Sozialhilfe auf dem Mindestsicherungsniveau, und was das ist, wurde ja auch festgelegt. Da geht es um die Einkommensarmutsschwelle von 60 Prozent des Median-Haushaltseinkommens pro Kopf, und das sind 780 EUR. Ich denke, man muss jetzt schon einmal an eine Anhebung denken und die Sozialhilfe existenzsichernd machen. Wir haben da noch weitere Vorschläge gemacht, Sie alle haben sie gelesen, und Sie kennen unseren Antrag, den wir heute einbringen. In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Meine Damen und Herren! Vielleicht ein Letztes noch zum Herrn Bürgermeister gesagt, weil er gemeint hat: Niemand kann der SPÖ vorwerfen, dass immer weniger Geld für die Sozialhilfe ausgegeben wird. - Nein, so lautet der Vorwurf auch nicht. Wir alle wissen, dass die Ausgaben für die Sozialhilfe angestiegen sind, ja sogar enorm angestiegen sind, und dass die Stadt Wien da viel leisten muss.

 

Was wir sagen, ist aber: Für den Einzelnen wird es immer weniger! Denn der einzelne Mensch, der auf Sozialhilfe angewiesen ist, denkt sich ja nicht: Super, ich bekomme ein bisschen weniger, weil es soundso viele mehr sind, die jetzt alle Anspruch haben und für die Geld ausgegeben werden muss!, sondern der weiß für sich nur: Ich komme mit diesem Geld keinen Monat aus, mir fehlen ungefähr 10°Tage. Da gibt es ja Leute, die dann nur noch Brot oder Kartoffeln essen. Da gibt es wirklich Kinder, die auf kaputten Matratzen auf dem Boden schlafen, und das Sozialreferat ist nicht bereit, eine Matratze als Sonderbedarf anzuerkennen. Da gibt es Kinder, deren Eltern keine Schulsachen kaufen können oder kein neues Gewand kaufen können. Alles das gibt es in unserer Stadt - selbst diese Tatsache anerkennend, dass insgesamt die Summe für die Sozialhilfe steigt.

 

Ich möchte Sie abschließend einfach bitten, einmal mit diesen armen Menschen mitzudenken und mitzufühlen. Es geht sich nicht aus, und ich denke, wir können das leisten, dass da dem Einzelnen etwas mehr Geld zugute kommt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Barnet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Günther Barnet (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Der Kollege Margulies wollte Ihnen den Gefallen tun, dass ich mich zu diesem Tagesordnungspunkt melde. (Abg Heinz Hufnagl: ... stellvertretend machen!) Ich folge diesem Ruf natürlich. Ich muss nicht so gern und so oft reden, das schaut schon nach Wichtigtuerei aus, aber einem solchen Ruf muss ich aus mehreren Gründen folgen, unter anderem, weil Sie mir und meiner Fraktion unterstellt haben, ich würde irgendwelche Geschäfte mit der SPÖ machen.

 

Also ich bin kein fahrender Wanderhändler, den man dazu bewegen kann, dass man ihm irgendwelche Blechtöpfe abkauft und dafür irgendetwas anderes anbietet. Das ist eine Fehleinschätzung. Mit mir kann man keine Geschäfte machen. Mit mir, mit meiner Fraktion oder unserer Fraktion kann man darüber reden, man kann sagen: Stimmt ihr einer Sache zu, ja oder nein?, weil es sachlich zu begründen ist, oder sonst was. Aber wir sind keine fahrenden Wanderhändler, die darum bitten, dass man uns noch drei Blechtöpfe abkauft. Das kommt mir nicht hinein, das sagt man mir nicht, lieber Kollege Margulies! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie haben gesagt, es geht nur um den Parteitag und um den Freitag. Sie werden es nicht glauben, die Wiener Landesgruppe ist sehr mobil. Egal, wann auch immer der Herr Präsident diese Setzung angesetzt hätte - und ich gehe einmal davon aus, dass alle Präsidenten des Landtages aufrechte Demokraten sind und daher auf das vielleicht etwas Rücksicht genommen hätten -, wir hätten

 

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