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Landtag, 20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 56

 

Das eben genannte Gesetz beschäftigt sich vor allem mit der Vereinheitlichung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Bund und Ländern. Es können damit Doppelgleisigkeiten, Parallelstrukturen vermieden werden, und es kann auf regional bedingte Kostenentwicklungen und Gegebenheiten flexibel reagiert werden. Es kommt zu einer einheitlichen Kostenaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern mit einem Kostenschlüssel von 60 zu 40. Wien wird ungefähr 8 Prozent der Kosten tragen.

 

Ich bitte Sie, Herr Präsident, falls Wortmeldungen vorliegen, die Debatte einzuleiten.

 

Präsident Johann Hatzl: Wortmeldungen gibt es.

 

Als Erste hat sich Frau Abg Jerusalem zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich kann es sehr kurz machen, denn die GRÜNEN stimmen hier im Landtag dieser Grundversorgungsvereinbarung genauso zu wie im Ausschuss.

 

Vielleicht einige Punkte, wo wir sagen, das sollte auch in dieser Vereinbarung eigentlich anders sein, also einige wenige Kritikpunkte. Manche Bestimmungen in dieser Vereinbarung widersprechen nämlich etwas den menschenrechtlichen Grundsätzen, und zwar dort, wo zum Beispiel gesagt wird, dass als hilfsbedürftig gilt, wer nicht für seinen Lebensbedarf sorgen kann oder der keine Unterstützung durch karitative Organisationen hat.

 

Also da sind sowohl wir anderer Meinung als aber auch der OGH, der klar sagt, dass sich der Bund hier nicht auf karitative Organisationen ausreden darf, sondern selbst die Verantwortung zu tragen habe. In dieser Vereinbarung wird jetzt aber dieser Irrtum, dieser Rechtsirrtum, im Grunde genommen prolongiert.

 

Ein zweiter Punkt betrifft den Beteuerschlüssel von 1 zu 170. Das ist mit Sicherheit zu wenig, worauf ja auch die Caritas relativ eindringlich hingewiesen hat und worauf jetzt im Landtag auch die GRÜNEN hinweisen wollen.

 

Im Grunde genommen wird mit dieser Vereinbarung auch ein Rechtsanspruch auf Grundversorgung der Asylwerber hinausgeschoben, und es werden vermutlich weitere Gesetzesänderungen vonnöten sein. Nichtsdestotrotz stimmen die GRÜNEN zu.

 

Der eigentliche Grund, warum ich mich zu Wort melde, besteht einmal mehr darin, dass ich auf die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hinweisen möchte und festhalten möchte, dass diese jedenfalls – und daran kann sich auch in Zukunft nichts ändern – dem Jugendwohlfahrtsgesetz unterliegen. Es gelten die Bestimmungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes, und die sind eindeutig: Alle bis 18 Jahre sind gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion, ihrer Staatsbürgerschaft und so weiter und so fort. Das heißt, es kann nicht so sein, dass jetzt vielleicht auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in den Bereich Fonds Soziales Wien abgeschoben werden. Ganz sicher nicht! Die Obsorge und die rechtliche Vertretung liegen nach wie vor bei der MA 11, liegen nach wie vor beim Kompetenzzentrum, das – und auch das sei hier jetzt mit allem Nachdruck betont – nicht aufgelöst werden kann und soll, denn dort ist die gesamte Kompetenz, was diesen Bereich anbelangt, konzentriert vorhanden und muss auch in Zukunft genutzt werden und muss auch finanziell ausreichend ausgestattet werden.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass im Gemeinderat zwar beschlossen wurde, dass die MA 12 und die MA 47 zum großen Teil in den Fonds Soziales Wien kommen, nicht aber die MA 11. Das heißt, das kann und darf und soll nicht stattfinden.

 

Wir haben schon heute einmal über die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes geredet. Und noch einmal: Das sind alle Personen bis 18 Jahre. Da geht es um Gleichbehandlung. Das ist Aufgabe der Jugendwohlfahrt, und so muss das auch bleiben. Das kann nicht in den Fonds abgeschoben werden.

 

Es war mir wichtig, das noch einmal eindringlich zu sagen. Wir werden sehr genau beobachten, was in diesem Bereich in Zukunft geschieht, und ich hoffe, dass das auch einige SPÖ-Abgeordnete tun werden. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Ulm.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Es ist sehr erfreulich, dass die 15a-Vereinbarung heute mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen werden soll. Ich glaube, mit gutem Recht, denn diese Art 15a-Vereinbarung stellt tatsächlich einen humanitären Meilenstein in der österreichischen Asylpolitik dar. Erstmals wird die Unterbringung und die Betreuung von schutz- und hilfsbedürftigen Fremden und Asylwerbern in Österreich gemeinschaftlich durch Bund und Länder erfolgen. Wir haben nun mit dem neuen Asylgesetz und dieser Vereinbarung ein völlig neues Asylsystem in Österreich, das es ermöglichen wird, dass jeder, der Asyl braucht, es rascher bekommt als bisher, und dass jeder, der hilfs- und schutzbedürftig ist, gemeinschaftlich von Bund und Ländern versorgt und untergebracht wird.

 

Sie erinnern sich vielleicht noch an die Debatte im vergangenen Herbst über die Asylgesetz-Novelle 2003. Grund für die Novellierung war eine Verdreifachung der Asylanträge in den Jahren 1998 bis 2002. Das bis dahin bestehende Instrumentarium war nicht mehr geeignet, das Problem zu lösen. Die Verfahren haben zu lange gedauert, und zirka 80 Prozent der Asylverfahren sind negativ verlaufen, was natürlich ein sehr unbefriedigender Zustand ist, nicht nur für die Asylwerber, die abgewiesen werden, sondern auch für die Asylwerber, die berechtigterweise Asyl beantragt haben, weil sie erst viel zu spät in den Genuss dieses Asyls gelangt sind.

 

Es ist jetzt also schneller möglich, viel schneller möglich als bisher, zwischen Migration und Asyl zu unterscheiden. Eine Erstabklärung soll die Asylwerber rasch in Kenntnis setzen, wie ihre Chancen tatsächlich

 

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