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Landtag, 18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 42

 

Durchführung von Schulversuchen“. Da findet sich dann folgender interessanter Passus: „Für alle angeführten Schulversuche sind, soweit sie personelle Maßnahmen erfordern, im Stellenplan des Stadtschulrats für Wien die notwendigen Vorkehrungen getroffen worden.“ Naja, der Stellenplan passiert ja nicht zwei Tage vor einer Sitzung, sondern der hat ja eine Geschichte bis er entsteht. Das heißt, es gibt zwei Möglichkeiten: Sie haben zu diesem Zeitpunkt, als man diesen Stellenplan erstellt hat, nein, als man diesen Tagesordnungspunkt für diese Sitzung des Kollegiums des Stadtschulrats konfiguriert hat, wo man gesagt hat, alles an Schulversuchen ist weiterhin möglich, wir haben die personellen Maßnahmen getroffen und das ist im Stellenplan berücksichtigt, schon gewusst, dass Sie ihn massiv überzogen haben und haben das jetzt so minus der 700 organisiert. Das heißt, Sie sind nicht überrascht worden, sondern Sie haben das ganz gezielt so angelegt! Das ist die eine Möglichkeit.

 

Die zweite Möglichkeit ist die, dass Sie von den Lehrerdienstposten her tatsächlich so aus den Vollen schöpfen können, dass Sie sagen können, da kann man uns noch 700 wegräumen, wir können trotzdem all diese zusätzlichen Leistungen erbringen. Das wäre eine Möglichkeit. Oder der zweite Zugang, der hier ja auch vom Zentralverein der Sozialistischen Lehrerschaft propagiert wird, ist: Nichts geht mehr, nichts geht mehr. Also was stimmt jetzt? Auf der einen Seite schreiben Sie hier, Sie lassen die Zustimmung zur Durchführung von Schulversuchen beschließen, wo Sie hineinschreiben: „Für alle Schulversuche sind die personellen Maßnahmen getroffen.“ Alles geht, weiter geht es wie bisher. Über den kleinen Schönheitsfehler, dass die Standortslisten, wo die Schulversuche stattfinden sollen, erst nachgereicht werden, sprechen wir nicht, weil sich das ja sowieso aus der schulorganisatorischen Systematik ergibt und man jetzt ja noch nicht sagen könne, wo man welchen Schulversuch zu führen vorhat. Eine Planung mit dieser Ungenauigkeit ist mir bislang noch nicht untergekommen!  

 

Die amtsführende Stadtschulratspräsidentin hat es vielleicht deshalb schwer, hier zu konkreten Aussagen zu kommen, weil sie möglicherweise weiß, wie das auch mit der Verantwortung ist für das, was sich hier im Stellenplan ereignet hat, denn es mutet zumindest eigenartig an, wenn derjenige Abteilungsleiter - und der Kollege Strobl hat ja das heute auch schon relativ unverblümt klar und deutlich angesprochen -, der für diese Frage verantwortlich ist, nämlich wie viele Lehrerinnen und Lehrer denn im Bereich der Wiener Pflichtschulen beschäftigt werden, just auch zu demselben Zeitpunk eher überraschend in Pension geht, an dem viele andere auch in den Ruhestand getreten sind.

 

Und da gibt es für mich schon die Frage der politischen Verantwortung. Es gibt nämlich die Verpflichtung zur Dienstaufsicht im Stadtschulrat. Die hat einmal die amtsführende Stadtschulratspräsidentin. Darüber hat sie uns nicht Auskunft gegeben. Und für die amtsführende Präsidentin hat die Verantwortung, auch die politische Verantwortung, der Herr Landeshauptmann. Das heißt, wenn er sagt, wir sollen das alles im Kollegium diskutieren, ist das zwar nett, es passiert nur dann halt im Konkreten leider auch nicht. Ich meine nur, der Hinweis ist auch ein in die falsche Richtung gehender, denn die Verantwortung hat selbstverständlich der Landeshauptmann, die hat er, und die Diskussion darüber hat hiezu stattzufinden. Ich bedauere es, dass er nicht herausgegangen ist und gesagt hat: Jawohl, ich setze meine Ankündigung, hier das Ganze mit einer Klage zu verfolgen, in die Tat um, ich stelle mich hier, lege alle Beweise offen. Das hat er nicht getan. Er hat gesagt: Naja, wir werden darüber reden, wir werden verhandeln und wir werden versuchen, uns dann mit dem Finanzminister irgendwo gütlich zu einigen. Ja, warum tut er denn das? Wenn er ein gutes Gewissen hat, wenn er im Vollbesitz aller Wahrheit und aller Argumente ist, dann wird er sich auch bei dem von ihm angestrengten oder jetzt offensichtlich nicht mehr angestrengten Prozess durchsetzen. Das wäre der Wahrheitsbeweis gewesen, das wäre der Lackmustest für die Authentizität und die Aufrichtigkeit der Argumente gewesen. Er stellt sich dem nicht. Wir nehmen das natürlich zur Kenntnis. Offensichtlich ist hier nicht alles so in Ordnung und es wird dies dann auch zum runden Kreis: Wir bringen die Klage nicht ein, wir brauchen daher keine Beweise vorlegen, im Stadtschulrat diskutieren wir nicht darüber, wir legen die Fakten nicht offen, sondern reden von irgendwelchen Landeshauptleutebeschlüssen, die ja in Wahrheit etwas anderes zum Inhalt haben als das personelle Missmanagement, das im Bereich der Wiener Schulverwaltung passiert ist.

 

Meine Damen und Herren der SPÖ! Sie tragen für diesen Umstand die volle und alleinige Verantwortung und von der können Sie sich nicht freireden! Gestehen Sie wenigstens ein, dass Sie in diesem Bereich absolut versagt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster auf der Rednerliste ist der Herr Abg Dr Michael LUDWIG. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Michael LUDWIG (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die derzeit laufende Diskussion über das Schulwesen zeigt im Wesentlichen zwei Dinge sehr deutlich, nämlich:

 

1. Dass sich die derzeitige Bundesregierung aus möglichst vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zurückziehen möchte. Das haben wir ja in den letzten Wochen und Monaten sehr deutlich bei den verschiedensten Themenbereichen erlebt. Ich erinnere nur daran, dass weniger Polizisten für immer mehr Kriminalität zuständig sind. Ich erinnere daran, dass das Meldeamts- und Passwesen beispielsweise von uns im Land Wien übernommen worden ist, um eben die Polizei zu entlasten. Ich erinnere daran, dass der Herr Bundesminister Strasser plötzlich keine Zuständigkeit mehr für Asylwerber verspürt hat und dass die Länder eingesprungen sind und sich hier dieses Themas ebenfalls angenommen haben. Also es gibt schon sehr deutliche Signale von Seiten der Bundesregierung, sich aus den

 

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