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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 90

 

Mag Andreas Schieder: Kein Mensch? Das ist menschenverachtend!) Natürlich, Sie sind Menschen, keine Frage. Aber "kein Mensch" ist genau die Bezeichnung dafür, dass viel zu wenige hier sind, um sich anzuhören, was andere Leute denken und was sie dazu zu sagen haben. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Mag Andreas Schieder: Sie wollen urteilen, wer Mensch ist und wer nicht! Das ist menschenverachtend!) Je mehr Sie wirbeln, umso eher zeigen Sie, dass Sie sich im Unrecht befinden. Sie wissen ganz genau, was darunter gemeint ist, wenn man diese Wortwahl verwendet. (Abg Mag Andreas Schieder: Kein Mensch? Da sitzen wir! Sind wir keine Menschen, oder was?) Nein, Herr Schieder, ich gebe Ihnen Recht, Sie sind Mensch. Hoffentlich zeigen Sie sich als solcher dann bei der Abstimmung! (Abg Mag Andreas Schieder: Das entscheiden nicht Sie!) Da können Sie dann schreien! Das wird man dann sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wer gegen Sie stimmt, ist kein Mensch? Das ist ja ungeheuerlich!)

 

Die Demokratie ist ein System zur Verteilung von Kontrolle der Macht durch ein Votum des Volks durch die Wahl mit Hilfe von Spielregeln, diese Verteilung der Macht tatsächlich ordentlich abzuführen. In jeder Demokratie, auch im Bund und in den Bundesländern Österreichs, ist es üblich, dass diese Spielregeln nur mit einem breiten Konsens verändert werden. Nur in Wien nicht. In Wien ist es möglich, dass eine von der Minderheit der Wähler gewählte Fraktion die Mehrheit letztendlich in diesem Hause zu einer Minderheit stempeln kann und die Spielregeln beliebig verändern kann. Überall sonst gibt es ein verfassungsmäßiges Quorum, um diese grundlegenden Spielregeln, die auch den Grundkonsens bedeuten, zu verändern. Das ist undemokratisch, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist nicht nur schlechter Stil, sondern wird auch schlechte Folgerungen zeitigen. Ich möchte Ihnen dabei schon ins Gewissen reden. Die gesellschaftliche Verträglichkeit der Machtausübung hat weit reichende Folgen für die Sozietät als Ganzes. Das Drüberfahren kränkt, das Drüberfahren kränkt die Bürger, führt sie zu einer inneren Abmeldung aus der Politik, zu einer Entsolidarisierung damit, und das zu fördern bewirkt, dass es ebenfalls weit reichende Folgen gibt, nämlich dass der soziale Grundkonsens nicht mehr von allen mitgetragen wird. Das muss Ihnen schon klar sein, wenn Sie solche Dinge tun. Sie haben sich damit verabschiedet vom Begriff "sozial" und Sie haben sich ebenfalls verabschiedet vom Begriff "Demokratie". Es ist wiederum eine sozialistische Fraktion, die hier an der Arbeit ist.

 

Dabei hätten Sie die moralische Verpflichtung, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei Ihren sonstigen Krokodilstränen für Toleranz, für Förderung von Minderheiten, für das Bemuttern und Behüten von allem und jedem. Aber nein, nur beim Umgang mit der Macht, da gibt es keine Toleranz, da werden Minderheiten nicht gefördert und herangezogen, da wird kein Diskurs geführt, gerade in so sensiblen Bereichen wie Ausländerwahlrecht oder Altersgrenzen. Da wird nicht über Kompromisse gesprochen, nein, nein, da können nur die eigenen Überlegungen zum Tragen kommen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war, ich sage es hier klipp und klar, ein großer Fehler der Wiener Volkspartei in der vorigen Legislaturperiode, nicht gemeinsam mit den drei anderen Minderheitsfraktionen das Wahlrecht geändert zu haben. Wir hätten es in der Hand gehabt. Es war ein großer Fehler, damals bei der Koalitionstreue zu bleiben und dem pacta sunt servanda den Vorzug zu geben. Es war nobel, es entspricht auch unserer politischen Grundhaltung, aber es war realpolitisch ein Fehler, wenn man betrachtet, wie Sie jetzt mit dieser Macht umgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten Sie die moralische Verpflichtung, bei Ihrem Fabel für Gleichmacherei nicht neue Ungleichheiten zu schaffen, denn das tun Sie ja offensichtlich, da kann man ja nicht einmal mitleidig lächeln dazu, es sind neue Ungleichheiten, die Sie schaffen, bei den Bezirksvorstehern, bei den Bauausschüssen. Sie schaffen Mandatare zweiter Klasse damit. Und damit, das wurde heute schon einmal gesagt, führen Sie den ausländischen Bezirksräten die Ungleichheit erst so richtig vor Augen. (Abg Christian Oxonitsch: Eiertanz!)

 

Ich habe hier nur eine kleine Frage, die ich schon mehrfach als Zwischenruf eingebracht habe: Werden diese von Ihnen jetzt geschaffenen neuen Funktionsträger, Mandatare, werden die ebenfalls und weiterhin ausgeschlossen sein vom Gemeindebau? Es wäre nett zu hören, ob Sie da vielleicht auch Ihre Krokodilstränen einmal fließen lassen können. Werden die weiterhin nicht im Gemeindebau eine Wohnung bekommen dürfen? Sie sind zwar dann gewählte Mandatare dieser Stadt, aber in den Gemeindebau dürfen sie nicht! Na bravo! Das werden Sie erklären müssen! Da freue ich mich schon darauf! (Beifall bei der ÖVP. - Abg Christian Oxonitsch: Eiertanz, sage ich nur dazu! Eiertanz!)

 

Sie haben sich offensichtlich über viele Auswirkungen Ihrer Handlung den Kopf noch nicht wirklich zerbrochen. Dass Sie hiermit eine Kränkung der betroffenen Ausländer als Ganzes herbeiführen, dass ihre Mandatare gewisse Dinge nicht tun dürfen, was andere Mandatare schon tun dürfen, das ist Ihnen egal. Selbstverständlich.

 

Über die Gefahr ethnischer Listen wurde schon mehrfach gesprochen. Darüber haben Sie sich auch nicht den Kopf zerbrochen, dass dann die politische Meinungsbildung überall anders gemacht werden wird, aber sicherlich auch außerhalb österreichischer Einrichtungen. Darüber haben Sie sich nicht den Kopf zerbrochen.

 

Etwas, worüber Sie sich ebenfalls nicht den Kopf zerbrochen haben, wo Sie beim Integrationsvertrag die Bundesregierung wegen ihrer Sprachprüfung et cetera so furchtbar verurteilt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutsch wird Amtssprache bleiben. Es müssen also alle gewählten ausländischen Bezirksräte in Deutsch verhandeln. Das heißt, Sie zwingen sie dazu, die deutsche Sprache zu lernen, aber ohne Beihilfe offensichtlich, denn das ist in Ihrem Gesetz noch nicht

 

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