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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 90

 

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 10, 7, 8, 9, 6, 1, 2, 11, 3, 4, 5, 12, 13 und 14 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein Einwand erhoben. Ich werde daher so vorgehen.

 

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abg Dr Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wir verlangen die Absetzung der Gesetzesinitiative betreffend Wahlordnung. Wir verlangen die Absetzung deshalb, weil hier innerhalb von vier Tagen ein Gesetz durchgepeitscht wird - Dienstag Landesregierung, Mittwoch Ausschuss, Freitag Landtag (Abg Godwin Schuster: Das glauben Sie ja selber nicht! - Abg Mag Christoph Chorherr: Das ist ein Quatsch!) -, obwohl es sich um ein Gesetz handelt, bei dem nicht nur wir, sondern auch der langjährige Leiter des Verfassungsdienstes dieses Hauses, Ponzer, die Verfassungswidrigkeit festgestellt haben, obwohl wir Ihnen ein Gutachten des renommierten Verfassungsrechtlers Prof Lienbacher übermittelt haben (Abg Mag Thomas Reindl: Von wem?), obwohl wir keine Möglichkeit gehabt haben, über die skurrile Lösung von zwei Klassen von Bezirksräten zu diskutieren. Das war nie Gegenstand der Unterausschussverhandlungen.

 

Wir verlangen daher eine Rückkehr zu jenem parlamentarischen Brauch, der eigentlich in Parlamenten wie dem Wiener Landtag selbstverständlich sein sollte, und ich verlange daher die Absetzung von Tagesordnungspunkt 10. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. - Abg Josefa Tomsik: Hat Ihnen niemand gesagt, was wir im Ausschuss diskutiert haben?)

 

Präsident Johann Römer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt ein Antrag gemäß § 17 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Wiener Landtags auf Absetzung des Tagesordnungspunkts 10 vor.

 

Ich bringe diesen Antrag zur Abstimmung und bitte jene Damen und Herren des Hauses, die dem Antrag des Herrn Abg Dr Tschirf zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Danke. Das ist die Minderheit, da nur ÖVP und FPÖ zugestimmt haben.

 

Wir kommen nun zur Postnummer 10 (05372/2002-MDALTG). Sie betrifft die erste Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Wiener Stadtverfassung und die Wiener Gemeindewahlordnung 1996 geändert werden.

 

Berichterstatterin hiezu ist Frau amtsf StRin Mag Renate Brauner. Ich bitte sie, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich bitte Sie, diesen als Wiener Demokratiepaket bekannt gewordenen Gesetzesvorschlag zu diskutieren und zu beschließen.

 

Präsident Johann Römer: Gemäß § 30c Abs. 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet.

 

Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Mag Vassilakou. Ich erteile es ihr. (Die Rednerin begibt sich zum Rednerpult und baut dort ein grünes Holzkistchen auf, das mit dem Bild verschiedener Menschen geschmückt ist. - Es erfolgen verschiedene Zurufe, dass sie aufpassen möge, dass dieses Kistchen nicht herunterfällt. - StRin Mag Maria Vassilakou: Es ist breit genug!)

 

StRin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren!

 

Das ist kein Taferl, das soll eine Urne darstellen, mit der auch symbolisch (Abg Harry Kopietz: Eine Wahlurne?) vor allem für die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP und der FPÖ visualisiert werden soll, worüber wir eigentlich heute hier verhandeln. (Abg Mag Thomas Reindl: Das schaut aus wie ein grüner Koffer! - Abg Harry Kopietz: Das macht nichts!)

 

Heute ist es endlich so weit. Das viel diskutierte Wiener Demokratiepaket steht zur Beschlussfassung an. Es ist dies ein wichtiger Schritt, denn durch diesen Schritt werden 150 000 Menschen in Wien, 150 000 Wienerinnen und Wiener, endlich die Möglichkeit bekommen, bei den Wahlen 2006 zusätzlich zu wählen.

 

Wer sind diese etwa 150 000 Menschen? - Das sind an die 120 000 ZuwanderInnen, vielleicht ein bisschen mehr, und etwa 18 000 bis 20 000 WienerInnen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren.

 

Lassen Sie mich vorab meine große Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass endlich junge Wienerinnen und Wiener die Möglichkeit bekommen, sich am demokratischen Prozess zu beteiligen. Mit 16 ist man weiß Gott mündig genug, um vieles zu entscheiden, daher ist man auch mündig genug, sich an Entscheidungen zu beteiligen, die die eigene Zukunft prägen werden und die die Zukunft der eigenen Stadt prägen werden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Somit ist die Gewährung dieses Wahlrechts heute meines Erachtens einerseits ein Stück tatkräftiger Respekt der Wiener Politik gegenüber der eigenen Jugend, andererseits aber auch die Erfüllung der langjährigen Forderung von jungen Menschen in dieser Stadt, endlich auch in Wien wählen zu können, wie dies sehr wohl in anderen Ländern der Fall ist. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Lassen Sie mich jetzt aber auch etwas länger auf das Kapitel "Kommunales Wahlrecht für Zuwanderer" eingehen. Warum überhaupt soll heute das kommunale Wahlrecht für Zuwanderer, das heißt für Wienerinnen und Wiener ohne österreichische Staatsbürgerschaft, beschlossen werden? - Das haben wir vielfach diskutiert, und hier an dieser Stelle vielleicht ein letzter Versuch mit zwei Argumenten vor allem in Richtung ÖVP und in Richtung FPÖ zu argumentieren, wieso das ein wichtiger, demokratiepolitisch notwendiger Schritt ist.

 

Allem voran das demokratiepolitische Argument. Jeder sechste Mensch in dieser Stadt, jede sechste Wienerin, jeder sechste Wiener, ist Zuwanderer ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit dem antiken Griechenland und dem antiken Demokratiebegriff sind - Gott sei Dank, möchte ich fast

 

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