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Landtag, 9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 49

 

(Beginn um 9.03 Uhr.)

 

Präsident Johann Hatzl: Die 9. Sitzung des Wiener Landtags ist eröffnet. Entschuldigt sind die Abgen Mag Alexander Neuhuber, Marie Ringler bis 11 Uhr, Zweite Präsidentin Erika Stubenvoll und Ernst Woller.

 

Wir kommen zur Fragestunde.

 

Die 1. Anfrage (FSP/02923/2002/0002-KSP/LM) wurde von Herrn Abg Jürgen Wutzlhofer gestellt und ist an die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal gerichtet: Was sind die wesentlichsten Eckpunkte des Wiener Demokratiepakets, das in Form eines Novellierungsentwurfs zur Wiener Gemeindewahlordnung vor kurzem in Begutachtung ging?

 

Ich ersuche um die Beantwortung.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich wurde gefragt, was ich für die wesentlichsten Eckpunkte des neuen Vorschlags zur Novelle der Wiener Gemeinderatswahlordnung und zum Wiener Demokratiepaket halte.

 

Ich glaube, dass das, kurz zusammengefasst, vier Punkte sind. Diese vier Punkte zielen alle darauf ab, einerseits mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung für mehr Menschen zu geben und gleichzeitig einen besseren Zugang zu den Wahlurnen für alle zu ermöglichen. Denn in der Demokratie ist es wichtig, dass sie getragen wird, dass sie lebt und dass sie von möglichst vielen gelebt werden kann. Deswegen haben wir uns in diesem Wiener Demokratiepaket vier Grundpfeiler überlegt. Wir haben das gemeinsam mit allen anderen in einem Unterausschuss meines Gemeinderatsausschusses getan.

 

Zum einen wollen wir mehr Möglichkeit zur Persönlichkeitswahl geben. Die Persönlichkeitselemente sollen verstärkt werden. Ich glaube, das ist ein Eckpfeiler. Es wird in Zukunft zwei Vorzugsstimmen geben, die die Wähler und Wählerinnen benutzen können, um einen Kandidaten oder eine Kandidatin ihrer Wahl verstärkt zu unterstützen.

 

Es wird die Möglichkeit geben, dass junge Menschen wählen dürfen. Wir wollen schon Wählen mit 16 ermöglichen, denn es ist doch die Jugend, um deren Zukunft es geht. Die Fragen, die hier entschieden werden, sind etwas, was gerade die jungen Menschen betrifft. Deswegen haben wir uns vorgenommen und haben das auch in diesem Demokratiepaket so erarbeitet, dass junge Menschen schon ab 16 an der Wahl teilnehmen können.

 

Das dritte Grundprinzip ist, dass wir einer Gruppe von Menschen, die seit vielen Jahren in dieser Stadt leben, die hier arbeiten, die ihre Steuern zahlen und von denen wir wollen, dass sie sich hier an alle Regeln halten, auch ein Mindestmaß an Mitbestimmungsmöglichkeit geben. Das heißt, nach dem Motto "Gleiche Rechte, gleiche Pflichten" soll jenen Zuwanderern, die schon seit fünf Jahren hier leben, die Chance gegeben werden, hier auch mitzubestimmen, indem sie für die Bezirksvertretung wahlberechtigt sind.

 

Schließlich haben wir einen Punkt vereinbart, den wir allerdings nicht auf Landesebene allein entscheiden können, wobei aber alle Fraktionen einhellig der Meinung sind, dass wir den Bundesgesetzgeber bitten werden, uns etwas ganz Wichtiges zu ermöglichen, nämlich dass - analog der Regelung bei der Nationalratswahl - auch Menschen, die am Wahltag nicht in Wien sind, mit einer Wahlkarte wählen können. Wir glauben, dass ein modernes Wahlrecht sich adäquat den Lebensumständen der Menschen verhalten muss, und wir wissen, dass die Menschen immer mobiler werden. Es ist nicht einzusehen, dass jemand, der am Wahltag nicht in Wien ist, zwar bei der Nationalratswahl sogar dann, wenn er vielleicht im Ausland ist, wählen darf, bei der Gemeinderatswahl aber schon dann, wenn er nur ein wenig über die Landesgrenze hinausgefahren ist, um dort in seinem Garten das Wochenende zu verbringen, nicht wählen darf. Deswegen ist es unser gemeinsamer Appell von allen Fraktionen an den Bundesgesetzgeber, uns die Möglichkeit zu geben, dass auch bei der Wiener Wahl analog der Nationalratswahl mit Wahlkarten gewählt werden kann.

 

Diese vier Punkte - Wählen mit 16; Wählen für jene Menschen, die schon lange Zeit hier in Wien leben und hier ihren Lebensmittelpunkt haben; die Möglichkeit, in Zukunft durch zwei Vorzugsstimmen verstärkt Persönlichkeitselemente einzubringen; und die zuletzt beschriebene Möglichkeit des Wählens mit Wahlkarten - sind meiner Ansicht nach die vier wichtigsten Punkte und die zentralen Punkte, die auch in diesem Novellierungsvorschlag enthalten sind.

 

Präsident Johann Hatzl: Danke. - Erste Zusatzfrage: Frau Abg Sommer-Smolik.

 

Abg Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!

 

Viele dieser von Ihnen angeführten Punkte im Demokratiepaket werden ja von uns befürwortet und begrüßt und werden auch mitgetragen werden. Einen Dissens haben wir bei der Frage der Aufenthaltsdauer als Wahlvoraussetzung. Sie haben jetzt erwähnt, es geht um das Motto "Gleiche Rechte, gleiche Pflichten".

 

Wieso lehnen Sie dann die Schaffung eines einheitlichen Bezirkswahlrechts für alle Wiener und Wienerinnen ab, beziehungsweise können Sie uns ein paar Punkte nennen, wieso Sie die Fünfjahresfrist für die Drittstaatsangehörigen befürworten?

 

Präsident Johann Hatzl: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das kann ich gerne tun. Wir haben diese Diskussion ja auch schon im Unterausschuss geführt.

 

Der Grundgedanke dieses Wahlrechts für Drittstaatsangehörige besteht darin, dass wir sagen: Menschen, die hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, die hier arbeiten und ihre Steuern zahlen, deren Kinder hier in die Schule gehen, deren neue Heimat das ist und von denen wir zu Recht erwarten, dass sie sich an alle Regeln halten, sollen auch die Möglichkeit haben, mitzubestimmen.

 

Hier geht es um die Fragen der Demokratie und es geht um ein Funktionieren der Demokratie für alle. Ich würde mich sehr dagegen verwahren, zu sagen, diese

 

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