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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 64

 

sagt, angedroht. Er hat gesprochen von der Hysterie der Opposition.

 

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen Recht, Hysterie ist nicht das Richtige. Aber wir haben die Wahrheit gesagt, dass es dazu kommen wird. Und es ist so, dass sie weit über der Inflationsrate ist. Er spricht von zirka 10 Prozent. Er wird zwar versuchen, unter 10 Prozent zu kommen, und argumentiert das mit Qualitätssteigerung. - Ich glaube, das müssen wir erst sehen.

 

Aber etwas anderes ist noch zu beachten, ein Gesichtspunkt, der bis jetzt in der Diskussion untergegangen ist. Derzeit gibt es bei den WIENER LINIEN einen Kostendeckungsgrad von 48 Prozent und die Gemeinde oder die Sozialdemokraten sind bemüht, diesen Kostendeckungsgrad auf 60 Prozent zu erhöhen, über Fahrpreiserhöhungen. So gut, so richtig. Und da werden Sie bei mir vielleicht sogar einen Befürworter finden, denn ich bin auch der Meinung, dass Subjektförderung besser ist als Objektförderung. Nur, eines darf man natürlich hier in diesem Raume nicht stehen lassen: Damit werden die Wiener und Wienerinnen doppelt zur Kasse gebeten, denn es wird nicht im Gegenzug - was sehr wesentlich wäre - der Betriebskostenzuschuss gesenkt und damit das Budget entlastet, meine Damen und Herren. Das heißt, die Wiener und Wienerinnen zahlen doppelt an die Wiener Verkehrsbetriebe, und glaube ich, das kann man nicht unter einer richtigen Privatisierung oder ähnlichen Dingen meinen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Herr VBgm Rieder hat angekündigt, bei seinem Vorhaben wird es zwei Bereiche von Erhöhungen geben: die WIENER LINIEN und die Müllabfuhr. Bei der Müllabfuhr hatten wir bereits einen Kostendeckungsgrad von 81 Prozent. Aber dort ist es nicht so, dass ganz einfach die Bürger ausweichen können. Sie müssen diese Dienste annehmen. Daher kann ich dort relativ einfach erhöhen, denn sie werden über die Betriebskosten in den Wohnungen und Ähnliches zur Kasse gebeten werden. Hier kann man das relativ leicht überwälzen.

 

Und er hat davon gesprochen, dass es in seinem Bereich keine weiteren Erhöhungen geben wird. Mir kommt das so vor, dass die Mannschaft der Wiener Sozialdemokraten und der Regierung wie im Sport einen Teamgeist haben. Es hat sich daher jemand anderer gefunden, für die nächste Erhöhung zu stehen, nämlich der Herr Bürgermeister selbst, wie er vor kurzem angekündigt hat, in dem heute schon oft zitierten Interview, wo er den amerikanischen Weg angedeutet hat. Er hat nämlich gesagt, es könnte bei den Bädern zu Erhöhungen kommen. Sie sehen, die Stafette der Erhöhung der Gebühren geht von einem Regierungsmitglied zum anderen.

 

1996, wie die ÖVP mit der SPÖ eine Regierung gebildet hat, hat sie damals schon ein Bäderkonzept, eine Bäderrichtlinie gefordert und verlangt, hier endlich einmal von dem enorm hohen Defizit wegzukommen. Es hat gedauert, meine Damen und Herren, sage und schreibe bis zum Juli 2001, bis ein Konzept auf dem Tisch gelegen ist von einer Marketing-Agentur. Und wir haben auch heute bereits ein Beispiel gehört, wie kundenfreundlich die Bäder sind. Es hat eine lange Zeit gedauert, aber es hat noch länger gedauert, bis die Frau Vizebürgermeister dieses Konzept den Oppositionsparteien zur Verfügung gestellt hat, nämlich konkret am 15. Dezember mit einer Frist bis 7. Jänner zur Abgabe einer Stellungnahme. Also, das zeigt ja die Einstellung, wie wenig kooperativ vorgegangen wird, wie der Geist der Zusammenarbeit ist, der Diskussion, der gegenseitigen Befruchtung, wenn ich so sagen darf, wenn jemand sechs Monate kein Konzept herausgibt und dann über die Weihnachtsfeiertage innerhalb von drei Wochen von der Opposition Vorschläge erwartet, wie sie zum Bäderkonzept stehen wird.

 

Wir werden auch dort, meine Damen und Herren, sicherlich konfrontiert sein mit Erhöhungen und da haben wir eigentlich auch unseren Wählern und Wählerinnen vorher die Wahrheit gesagt.

 

Kurzum, meine Damen und Herren: Monopole sind in der Wirtschaft und in der Politik nicht gut. Im anderen Fall wäre hier der Geist der Zusammenarbeit wesentlich besser und würde zielführender für unsere Bevölkerung sein. - Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster ist Herr Abg Mag Ebinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Daseinsvorsorge - auf den ersten Blick ein recht harmloses Wort. Da denkt man an Versicherungsvertreter, da denkt man vielleicht an Banken. Dahinter steckt allerdings viel mehr. Dahinter steckt ein Schlüsselelement der EU: das EU-Gesellschaftsmodell. Dahinter stecken Dienstleistungen - es wurde schon gesagt - in den Bereichen Transport, Umwelt, Kommunikation, Information, Wasser, Energie, Gesundheit, Bildung, Kultur, Wohnungswesen und so weiter, alles Bereiche, die für das Gemeinwohl von einer großen Bedeutung sind.

 

Die Diskussion dazu, die EU-weit seit Beginn der Neunzigerjahre geführt wurde, mündete schließlich 1997 in die Aufnahme des Artikels 16 des EU-Vertrags von Amsterdam, wobei konstatiert wurde, dass es Bereiche nichthoheitlicher Leistungserstellung gibt, die jenseits eines marktwirtschaftlichen Steuerungssystems stehen.

 

Seit den Neunzigerjahren werden auch in diesen Infrastrukturbereichen von der EU weit gehende Liberalisierungsschritte durchgeführt, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich umgesetzt werden. Prämisse sollte dabei immer sein - laut Mitteilung der Europäischen Kommission -, dass die europäischen Bürger als Leistungsempfänger hochwertige Dienste zu erschwinglichen Preisen bekommen. Also, es wird eine Kunden- und Bürgerzufriedenheit angestrebt.

 

Damit komme ich auch zur Mitteilung des Herrn Landeshauptmanns. Es ist zugegebenermaßen ein schwieriges Thema und meines Erachtens auch nicht generell zu entscheiden. Da gibt es natürlich Bereiche, wo eine Liberalisierung eine gute Sache für den Bürger ist, wie etwa die Telekommunikation. Da gibt es Bereiche, die marktkonform sein könnten, wie die Stromliberalisierung. Da geht es aber nicht, dass man gleichzeitig die eingetretenen Preissenkungen für den Konsumenten durch

 

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