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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 29.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 32

 

sie auch beklagt, ist, dass die Zeit für informative Gespräche mit den PatientInnen nicht mehr gegeben ist. Auch das ist ein ganz wichtiges Qualitätssicherungsmerkmal. Es herrscht also wirklich Stress pur in den Spitälern, und die Arbeitsbedingungen werden als total unbefriedigend wahrgenommen. Es ist klar, dann passieren Fehler, die aber vermeidbar wären, wenn es mehr KollegInnen und mehr Zeit gäbe.

 

Die Verantwortung ist logischerweise nicht beim Personal zu suchen. Die Verantwortung liegt einzig und allein bei der Politik, aber auch bei der Führung des Wiener Gesundheitsverbundes. (Beifall bei den GRÜNEN.) Die muss nämlich dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen besser werden. Die muss dafür sorgen, dass die Menschenwürde - um nicht weniger geht es - der PatientInnen in den Spitälern gewahrt bleibt, dass sie nicht auf Gängen liegen müssen oder in Windeln verwirrt durch Stationen irren. Genau da muss angesetzt werden. Die Politik und auch die Verwaltung müssen die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, damit die Arbeit bestmöglich geleistet werden kann, nämlich so, wie es die PflegerInnen und ÄrztInnen in ihrer Ausbildung auch gelernt haben und wie es das Arbeitsethos ihnen gebietet. Gegen diese vielen Missstände in den Spitälern muss wirklich unverzüglich - ich betone es noch einmal - Abhilfe geschaffen werden.

 

Das kürzlich präsentierte Personalpaket der Stadt Wien kann eigentlich nur als Placebo bezeichnet werden. Es kommt zu spät und ist zu wenig. Es wird sich nichts entscheidend ändern. Ein Pfleger hat uns als Feedback zu diesem Personalpaket gesagt, er freut sich natürlich schon über die besser bezahlten Wochenenddienste. Die Arbeitsbedingungen aber bleiben weiter gleich schlecht. Genau das ist der Punkt: Die Arbeitsbedingungen bleiben weiter gleich schlecht, denn das Wesentliche, worum es eigentlich gehen müsste, sind Arbeitszeit, bessere Bezahlung und mehr Hände, die anpacken können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte Ihnen auch nicht vorenthalten, was Anna Kreil, die zweite stellvertretende Kurienobfrau der Wiener Ärztekammer, aber auch Leiterin der Zentralen Notaufnahme in der Klinik Landstraße, von diesem Personalpaket hält. Sie sagt: „Wir sind am Anschlag. Den Exodus des Spitalspersonals kann man nicht durch Einzelzuschläge für Nachtdienste oder Einspringdienste lösen.“ Die Situation bleibt also weiter dramatisch und angespannt. Ich kann mir vorstellen, Sie hätten sich etwas anderes erwartet. Applaus schaut anders aus, liebe Stadtregierung, liebe younion und liebe Sozialpartner, aber dafür müssen Sie sich offenbar deutlich mehr ins Zeug legen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Der Frust in der Belegschaft ist nämlich mittlerweile wirklich, wirklich groß. Das liegt einfach daran, dass Sie die Arbeitsbedingungen nicht verbessern. Sie haben das in der Vergangenheit wirklich verkackt - ich muss das einmal so sagen -, weil Sie beim Personal gespart haben. Das rächt sich jetzt ganz bitterlich. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Schade, dass Sie nicht in der Regierung …) Stattdessen haben Sie den Druck aufs Personal immer weiter erhöht. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Früher hat es bei der Schichtdienstübergabe eine halbe Stunde Zeit gegeben. Jetzt gibt es dafür nur mehr eine Viertelstunde, also die Hälfte dieser Arbeitszeit. Das ist eine extreme Verdichtung. Die zieht sich ja durch alle Bereiche. Das Personal ist ausgepresst worden wie eine Zitrone. Das hat lange Zeit halbwegs funktioniert, aber jetzt haben die GesundheitsarbeiterInnen keinen Saft und auch keine Kraft mehr. Sie sind erschöpft, sie sind am Ende.

 

Eine Pflegerin hat das so ausgedrückt: Das Basispersonal wird ausgeblutet. Sie müssen sich das einfach einmal auf der Zunge zergehen lassen: Das ist eine Pflegerin, die ihren Beruf liebt. Die macht das wirklich, wirklich gern, aber so fühlt sie sich. Die Arbeitgeberin, der Wiener Gesundheitsverbund, lässt die MitarbeiterInnen ausbluten. Das sind eigentlich schon sehr alarmierende Zustände. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Mein NachrednerInnen werden noch ganz viele unserer Kritikpunkte anbringen. Ich möchte an dieser Stelle einfach sagen, dass wir heute ein dreifaches Rettungsringpaket für den Wiener Gesundheitsverbund mitgebracht haben. (Die Rednerin hält einen Rettungsring in die Höhe.) Wir fordern bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, wir fordern bessere Arbeitsbedingungen für die ÄrztInnen, die stellvertretend für alle Gesundheitsberufe stehen. - Ich halte ihn gern noch einmal für dich hoch, Joe. - Die Forderungen liegen auf dem Tisch, sie sind nicht neu. Es geht einfach darum, sie umzusetzen.

 

Was auch noch ganz wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die anstehenden Strukturreformen innerhalb des Wiener Gesundheitsverbundes sowie extramural. Da kann ich nur dazu aufrufen: Nehmen Sie die Chance der Gesundheitsreform von Johannes Rauch wahr! Nehmen Sie diese Chance ernst!

 

Ich bedanke mich an dieser Stelle wirklich sehr beim Gesundheitsminister dafür, dass er so eine große Reform geschafft hat. Für uns in Wien lässt sich dadurch wirklich einiges bewegen - vorausgesetzt, Sie wollen es und lassen uns als Wienerinnen und Wiener davon profitieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für den Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als nächste Rednerin ist Frau StRin Mag. Pühringer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

9.14.57

StRin Mag. Judith Pühringer|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen via Livestream!

 

Wir machen heute das Wiener Gesundheitssystem zum Thema. Es ist ein Thema, das uns tatsächlich alle betrifft. Das heißt, es geht um Sie, es geht um uns, es geht um mich, und es geht vor allem um die Wienerinnen und Wiener, für die wir als gewählte politische VertreterInnen in dieser Stadt Sorge tragen.

 

Wir sind alle ein Teil dieses Systems. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele dafür, wie existenziell das Gesundheitssystem und das Spitalswesen eigentlich sind. Es beginnt ja in Wirklichkeit schon beim Start ins Leben. Ein

 

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