Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 95
Herren! Nur ein paar Schlagzeilen aus den Medien von letzter Woche: „Große Polizeirazzia in Wiener Kindergärten“, „Hausdurchsuchungen in der Causa Minibambini“, „Umfangreiche Ermittlungen in Wiener Kindergärten durch die WKStA“. Eine weitere Schlagzeile lautet: „Die Behörden ermitteln wegen Verdachts auf schweren Betrug, betrügerische Krida, Untreue, organisierte Schwarzarbeit sowie Urkundenfälschung gegen den Kindergartenverein Minibambini.“
Und jetzt kommt meine Lieblingsschlagzeile: „Wiederkehr von Razzia bei Kindergartenverein Minibambini nicht überrascht.“ - Die schönsten Geschichten schreibt immer das Leben. Denn schließlich war es der Herr Vizebürgermeister, der noch vor sechs Wochen hier gestanden ist und gesagt hat: Man darf nichts übereilen! Wer weiß, ob die Dinge da wirklich so kriminell im Argen liegen. Jetzt muss man einmal abwarten und das beobachten.
Die Opposition wurde beschimpft, indem man gesagt hat, dass das schon präjudiziert wird und man ja noch gar nicht weiß, was da wirklich Sache ist. Mit Händen und Füßen wurde der Verein zumindest indirekt verteidigt. Man hat den Pädagoginnen und Pädagogen, den Kindern und auch den Eltern das Gefühl vermittelt: Es wird alles gut. - In Wahrheit, sehr geehrter Herr Stadtrat, waren Sie schlicht und einfach zu feige, klare Entscheidungen zu treffen, und das müssen jetzt alle Betroffenen ausbaden. (Beifall bei der ÖVP.)
Dann haben Sie sich auch noch hingestellt und gesagt, dass Sie vom schweren Betrug beziehungsweise von der betrügerischen Krida und Untreue gar nicht überrascht seien. Ich habe all das schon einmal erwähnt. Da geht es um einen Verein, der von der Stadt Wien seit seinem Bestehen rund 40 Millionen EUR überwiesen bekommen hat, und zwar für rund 800 Kinder, und die Zahl von 800 Kindern wird noch relevant.
Gestern haben Sie auch abgefeiert und gesagt: 448 dieser 800 Kinder haben bereits auf Grund Ihres Betreibens einen Kindergartenplatz beziehungsweise einen Ersatz gefunden. - Wir fragen uns jetzt natürlich: Was ist mit den anderen Kindern? Was ist mit den 350 Kindern, die in dieser Berechnung fehlen?
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Vielleicht können Sie oder Vertreter der NEOS uns heute erklären: Wo bleiben diese Kinder? All diese Kinder haben ja auch eine Kundennummer bei der MA 10, denn sonst würde man für sie ja auch gar keine Förderung bekommen. Ich gehe also davon aus, dass Sie diese Kundennummern haben, daher auch diese Kinder kennen und das regelmäßig überprüfen, sodass es im Hinblick darauf nur zwei Erklärungen gibt: Entweder diese Kinder sind irgendwo im System verlorenen gegangen und unauffindbar. Das wäre sehr erschreckend, glaube ich aber nicht. Oder diese Kinder hat es schlicht und einfach nie gegeben.
Das erinnert frappant an den Fall eines Kindergartens, bei dem betrogen wurde, der dann auch vor Gericht gelandet ist. In diesem Zusammenhang gibt es das berühmte Zitat eines Kindergartenbetreibers, der zu einem anderen, der betroffen war und vor dem Kadi gestanden ist, gesagt hat: Bruder, wir haben auch viele Fake-Kinder. Im Hinblick darauf stellt sich natürlich die spannende Frage: Handelt es sich auch in diesem Fall um Fake-Kinder? Handelt es sich um Fake-Kinder, also um Kinder, die es eigentlich nicht gegeben hat, für die zwar Förderungen ausbezahlt wurden, die aber real gar nicht existiert haben.
Ich freue mich schon auf das, was die NEOS heute dazu sagen werden. Ich weiß nämlich, dass Sie das gar nicht so ganz wissen wollen. Jetzt erzählen Sie wieder die andere Geschichte, dass Sie es ja schon immer gewusst haben und jetzt auch ganz konsequent handeln werden. Ihre Bundesobfrau hat im „profil“ ein Interview gegeben. Vom „profil“ wurde gesagt: „In der Landesregierung sind NEOS seit zweieinhalb Jahren für Kindergärten und Schulen verantwortlich. Klar erkennbar ist die pinke Handschrift nicht. Geredet wird mehr über Förderskandale in Kindergärten als über pinkte Leuchtturmprojekte.“ - Dieser Bilanz kann ich mich nur anschließen! Und Ihre Obfrau Beate Meinl-Reisinger hat dann gemeint: „Für die Skandale kann Wiederkehr nichts. Wesentlich ist, wie er dafür sorgt, dass sich das nicht wiederholt.“
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Das Ganze ist ja bereits eine Wiederholung beziehungsweise, wenn man es so betrachtet, sogar schon die zweite Wiederholung. Wir haben Skandalfälle in islamischen Kindergärten gehabt, die auch zum Teil vor Gericht gelandet sind. Wir haben den Skandalfall rund um den Kindergarten Alt-Wien gehabt, bei dem auch sehr viele Eltern, sehr viele Kinder und auch Pädagoginnen und Pädagogen die Leidtragenden waren. - All das ist schon viele Jahre her, und Sie haben dieses Thema als Bildungssprecher der NEOS in der Opposition immer wieder behandelt. Auch das haben wir hier sehr oft besprochen.
Mittlerweile sind Sie seit zweieinhalb Jahren in Regierungsverantwortung, und aus meiner Sicht müssen Sie und der Herr Stadtrat endlich eine neue Platte auflegen! Nach Ihren Aussagen ist immer jemand anderer schuld, einmal ist der Bund, dann wieder die SPÖ schuld - wobei ich das ein bisserl nachvollziehen kann -, und dann ist wieder die Opposition schuld. So haben Sie uns etwa kritisiert, als wir auf den Kindergartenskandal bei Minibambini aufmerksam gemacht haben. Vielleicht ist Ihrer Meinung nach auch das schlechte Wetter schuld. - Sehr geehrter Herr Stadtrat! So antwortet eine Partei, die mittlerweile sehr, sehr alt geworden ist! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich meine, nach zweieinhalb Jahren muss man auch selbst Verantwortung übernehmen. Man kann sich nicht immer nur hinter der SPÖ verstecken. Zweieinhalb Jahre sind wirklich eine sehr lange Zeit, in der man auch schon Maßnahmen ergreifen können hätte, und zwar vor allem, weil Ihnen ja auch schon als Bildungssprecher seit vielen Jahren bewusst war, dass bei den Kindergärten einiges im Argen liegt. Daher konnten Sie auch all Ihre Versprechen bis heute nicht einlösen: Es gibt keinen Aufbruch, keine Veränderung, kein Raus aus dem Filz, wie Sie es damals angekündigt haben, sondern einen handfesten Skandal nach dem anderen.
Die Diagnose ist damit klar, und deshalb auch das Thema unserer Aktuellen Stunde: „NEOS-Kontrollversagen in dieser Stadt hat System.“ Sie haben vieles, wofür Sie gestanden sind, für die Regierungsbeteiligung geop
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