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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 100 von 106

 

Prozent haben sie sich vorgenommen. Aus einer Anfrage, die wir der Frau Stadträtin gestellt haben, wissen wir: 3,4 Prozent.

 

Zur Erinnerung: Als sich der Eigendeckungsgrad mit 18,6 Prozent „wohl auf einem Tiefpunkt“ befindet, sagt Thomas Weber von den NEOS diesen wirklich richtigen Satz: „So kann und darf es für diese wichtige Wiener Theaterinstitution nicht weitergehen.“ Das ist noch immer eine wichtige Wiener Theaterinstitution, aber du musst dir Kritik gefallen lassen: Wenn 18,6 Prozent „wohl ein Tiefpunkt“ sind, was sind dann 3,4 Prozent? „Rettet das Volkstheater“ - diese NEOS-Seite ist noch immer online. „Rettet das Volkstheater“. (Der Redner hält eine Tafel in die Höhe, auf der unter dem Artikel „Volkstheater-Kennzahlen zeigen dramatische Situation“ ein Bild von GR Thomas Weber abgebildet ist. - Heiterkeit bei GR Mag. Manfred Juraczka.) Da lesen wir auch: „Nach der geplanten Sanierung“ - zu dem Bild kommen wir gleich - „muss es wieder bergauf gehen. Schließlich soll das Volkstheater als Bühne für die Wienerinnen und Wiener bestehen bleiben.“

 

Das wird ja wohl hoffentlich auch im Sinne des Kulturministers und der Wiener Kulturstadträtin, die leider heute nicht da ist, sein. Habt ihr das schon einmal miteinander besprochen? Möglich, wir wissen es nicht. Schön wäre es, wenn ihr es getan hättet. Möglich. Nehmt es bitte ernst. Bitte.

 

Da brauchen wir nicht mit Whataboutismen kommen, mit „Aber das andere ist viel wichtiger.“ oder „Wie kann man sich nur um das kümmern?“ Nein, das ist wirklich wichtig. Diese Bühne geht vor die Hunde. Die ist kaputt, die ist hin, und das auf lange Jahre hinweg. Diese katastrophale Lage am Volkstheater - das sagen übrigens die NEOS selber - hat schon so einen langen Bart (in Richtung des GR Thomas Weber), so wie Sie hier auf dem Foto. Also, dieses Foto ist ein Zeugnis, wie lange und wie steil es mit dem Volkstheater bereits bergab geht. Da ist die Streif nichts dagegen.

 

Als Privatperson hättest du in jedem Unternehmen ein Riesenproblem, wenn der Laden so läuft. (GR Mag. Thomas Reindl: Sehr zynisch!) Das ist leider kein Zynismus, das ist Realismus. (GR Mag. Thomas Reindl: Das ist tiefste ...) 3,4 Prozent. Richtig, tiefer geht es nicht mehr, lieber Kollege Reindl. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Da war Matiasek um vieles sachlicher und besser!) Ich freue mich, dass Sie darauf reagieren, weil ich dann merke: Das Volkstheater liegt Ihnen noch am Herzen und das löst etwas bei Ihnen aus. (GR Mag. Thomas Reindl: Wann warst du das letzte Mal im Theater? Ich war gestern!)

 

Du musst dir Kritik gefallen lassen. Das Volkstheater bekommt jetzt noch einmal 2 Millionen EUR zusätzlich. Ja, die bekommen schon 10 Millionen EUR, genau, und sie bekommen jetzt noch einmal 2 Millionen EUR. (GR Mag. Thomas Reindl: Stimmt nicht!)

 

Liebe Wienerinnen und Wiener, stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie gehen zu Ihrem Arbeitgeber, zu Ihrem Chef oder Ihrer Chefin, und sagen: Du, Chef, ich brauche mehr Geld. Ich brauche eine deutliche Gehaltserhöhung. (GR Mag. Thomas Reindl: Zwei Millionen sind genug!) Dann sagt Ihr Arbeitgeber: Okay, du bist bei uns in der Firma zwar schon einer der Bestbezahlten, aber was ist denn passiert? Kommst du mit dem Geld nicht mehr aus? Strengst du dich besonders an, mehr als die anderen? Hast du dir etwas vorgenommen in den letzten ein, zwei, drei Jahren? Wie soll es weitergehen? Sie sind aber auch noch ehrlich und sagen: Nein, nein, ganz im Gegenteil, und übrigens haben wir uns ausgemacht, dass ich mich mehr einbringe. Das mache ich jetzt aber einfach nicht.

 

Sagt dann die Chefetage: a) Ja klar, hier nimm Geld! Oder sagt die Chefetage: b) Pass einmal auf! Ich halt gerne zu dir, weil du eine wichtige Wiener Kulturinstitution bist. Es ist uns vielleicht nicht alles gelungen, was wir uns beide vorgenommen haben. Es sind schwierige Zeiten. Lass uns doch bitte einmal gemeinsam überlegen, wie man das hinkriegen kann, wie ich dir helfen kann, besser zu performen. (GR Mag. Thomas Reindl: Vielleicht redest einmal mit dem Kulturkritiker von der Presse!) Schön wäre, wenn es b) wäre. Nein, hier, Million, weiter geht‘s.

 

Das Volkstheater wollte ursprünglich selbst einen Beitrag zur Sanierung leisten. Frau Matiasek hat es schon angesprochen. 2016 - lange Jahre vor Corona - liest man vom Bekenntnis zu einer Eigenleistung aus Erlösen und Spendenkampagnen. In einem Interview mit dem „Standard“ 2018 lesen wir dann folgenden Satz von Frau Stadträtin: „Wie schon bisher bekannt, sind das 3,3 Millionen EUR.“ Kaup-Hasler sagt: „Da werden wir sehen, wie sie das machen.“ Ja, wie machen sie das denn eigentlich im Volkstheater? „Wiener Zeitung“, 2 Jahre später, Zitat: „Diverse Fundraisings hätten immerhin“ - 3,3 Millionen hat man sich vorgenommen, wie viel haben sie gebracht - „100.000 EUR gebracht“. Mit der zusätzlichen Förderung werden die Eigenmittel jetzt einfach auf 1,7 Millionen EUR reduziert.

 

Liebe Frau Stadträtin, irgendwer wird es Ihnen erzählen oder auch nicht. Ich möchte es gerne sagen: Wenn das Volkstheater wirklich auf so einem guten Weg wäre, wie Sie den Wienern und Wienerinnen immer wieder verkaufen, warum trauen Sie ihm dann nicht zu, binnen Jahren selbst einen kleinen Beitrag zur Sanierung zu leisten? Offensichtlich haben Sie selbst schon den Glauben an ein Erfolgstheater verloren. Sie begegnen doch auf der Straße oder beim Einkaufen auch Menschen, liebe Frau Stadträtin, normalen Menschen, mit denen Sie ins Gespräch kommen. Oder Sie reden mit Menschen aus der freien Szene, mit Künstlern und Künstlerinnen, die alle eine Heidenangst haben, ob ihr Job oder ihr Engagement noch funktioniert.

 

Auf der anderen Seite haben wir einen Riesenapparat wie das Volkstheater mit einer Millionenförderung Jahr für Jahr, das konsequent Programm bringt, das immer weniger Leute sehen wollen. Das belegen die Zahlen, die katastrophal sind. Sie brauchen sich nur in Ruhe diese Anfragebeantwortung mit Auslastungszahlen für jede einzelne Vorstellung durchlesen. Das belegen die Fakten, die uns allen zugängig sind. Sie stehen da und sagen: Bitte, hier, die nächste Million.

 

Ich sage Ihnen etwas: Uns läuft die Zeit davon. Dem Volkstheater läuft die Zeit davon. Das Publikum läuft dem Volkstheater davon. Weil es extrem wichtig ist und weil für Zynismus hier kein Platz ist, wehre ich mich auch entschieden gegen den Satz - auch den habe ich auf Kritik

 

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