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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 19

 

dern man muss schauen, wie er gesund bleiben kann. (StR Dominik Nepp, MA: Wer ist denn jetzt Gesundheitsminister?) Es sind viele, viele Faktoren, ja, definitiv, die nicht in der Hand der Stadt Wien liegen, das möchte ich hier betonen, aber trotzdem gibt es sehr, sehr viele Probleme im System. Die Mängel werden immer sichtbarer, die Menschen spüren sie immer mehr, und sie treten auch immer öfter zu Tage. Ich würde schon sagen, die Summe aller Dinge trägt dazu bei, dass auch das Gesundheitssystem in Wien zunehmend erodiert, und für mich ist das wirklich eine sehr besorgniserregende Situation. Gesundheit ist ein Menschenrecht. Wir sollen damit nicht spielen, sondern wir sollen den Menschen die Sicherheit geben, dass sie, wenn sie krank sind, die Versorgung kriegen, die sie brauchen, und wir sollen ihnen auch alle Möglichkeiten bieten, dass sie gesund bleiben können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Darum ist es dringend notwendig, dass wir die Negativspirale, die ich derzeit im Gesundheitssystem sehr wohl sehe, stoppen und da eine Trendumkehr schaffen. Ich kann Ihnen sagen, sehr geehrte Damen und Herren, wir als GRÜNE fordern da mehr Engagement von Seiten der Stadtregierung. Wir wollen nicht nur irgendwelche schönen Worte hören, sondern wir wollen klare Pläne, wie die Trendumkehr geschafft wird. Ich wünsche mir auch wirklich, dass die Verantwortung, die es auch in der Stadt Wien, die es auch bei StR Hacker gibt, wahrgenommen wird. Und sich bitte, bitte nicht wieder auf den Bund ausreden!

 

Bevor ich auf einzelne Felder im Krankensystem eingehe, möchte ich ein Mal mehr die Gelegenheit nützen, einen Dank an die GesundheitsarbeiterInnen, wie ich sie jetzt kollektiv nenne, auszusprechen. Die Situation in der Pandemie hat die Arbeitssituation für sie verschlechtert, und aus meiner Sicht handelt es sich hierbei ja nicht einfach nur um systemrelevante Berufe, sondern sie sind lebensrelevant, diese Menschen im Gesundheitssystem. Sie begleiten uns mehr oder weniger vom Beginn des Lebens, von der Geburt an, bis zum Tod bei allen möglichen Problemen, und dafür müssen wir ihnen aus meiner Sicht tagtäglich danken. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Ingrid Korosec.)

 

Es liegt an uns in der Politik und an den Verantwortlichen, dafür zu sorgen, dass den Beschäftigten im Gesundheitssystem der Sinn, den sie in der Arbeit ja eigentlich haben und auch wollen, nicht verloren geht, und dass sie professionell arbeiten können, gemäß ihren Vorstellungen ihres Berufsethos und gemäß dem Status der Wissenschaft, damit nicht weiter Frustration entsteht. Das ist jedoch das, was wir da derzeit leider beobachten müssen.

 

Zu den Problemen: Personalnot. Das ist, glaube ich, da sind wir uns alle einig, eines der riesigsten Themen in der Gesundheitsversorgung aktuell. Die Pflegekräfte haben schon viele, viele Jahre vor der Pandemie darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Arbeitsbedingungen schlecht sind, dass ihre Bezahlung schlecht ist, und sie haben auch schon auf den Pflegenotstand hingewiesen. Also wir können nicht so tun, als wäre das plötzlich und unerwartet geschehen, sondern jetzt ist der Pflegenotstand tatsächlich da. Er ist real, und wir wissen nicht, wie diese Personalsituation tatsächlich verbessert werden kann, wie 100.000 neue Pflegekräfte gewonnen werden, wie die zusätzlichen 10.000 - ich bin überzeugt, es müssten eigentlich viel mehr sein - bis 2030 für Wien in den Beruf eintreten sollen.

 

Problempunkt Nummer 2: Wir haben einen massiven FachärztInnenmangel. PsychiaterInnen, KinderpsychiaterInnen fehlen, KinderärztInnen fehlen, PathologInnen, GynäkologInnen, AnästhesistInnen, AllgemeinmedizinerInnen, und so weiter. Man muss nicht unbedingt von einem Ärzte- und Ärztinnenmangel reden, weil die Zahl der ÄrztInnen an sich steigt und - es ist sehr laut - die Zahl der ÄrztInnen in Österreich verglichen mit anderen Ländern sehr hoch ist. Wir sehen aber massive strukturelle Probleme, und da ist die Versorgungssicherheit gefährdet. Auch eine Unterversorgung bei Hebammen lässt sich feststellen.

 

All das führt dazu, dass die schon angesprochenen Gefährdungsmeldungen immer mehr zunehmen. Gefährdungsmeldung, das ist die Ultima Ratio der Beschäftigten, um drohenden Schaden abzuwenden. Sie dient eigentlich ihrem Schutz. Sie weist darauf hin, dass die jeweilige Pflegeperson oder Ärztin/Arzt unter diesen Bedingungen gewisse Standards nicht mehr einhalten kann. Und was wir beobachten, ist, die Zahl der Gefährdungsmeldungen nimmt zu.

 

Zuletzt musste die ganze Klinik Ottakring eine Gefährdungsmeldung entgegennehmen. Wenn wir den Medienberichten dazu folgen, was mit den Gefährdungsmeldungen gemacht wurde, nämlich, dass sie am Schreibtisch des zuständigen Pflegedirektors verstaubt sind, dann lässt das tief in die strukturellen Probleme blicken, die es in den Wiener Kliniken gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

So geht man nicht mit den MitarbeiterInnen um, und so geht man nicht mit der Gesundheit und mit dem Leben der PatientInnen um. (Beifall bei den GRÜNEN.) Hier muss dringend eine neue Struktur der Fehlerkultur geschaffen werden. Die Liste der Probleme - gesperrte Betten, gesperrte Stationen, lange Wartezeiten auf OPs, fehlende oder lange Wartezeiten auf Untersuchungen, lange Wartezeiten auf Ambulanzen, teilweise funktionieren die Notaufnahmen nicht - ist wirklich lang. Sie endet dann dort, dass wir als PatientInnen keine Einsicht in die OP-Wartelisten haben, also bei der Intransparenz für die PatientInnen, weil das ganze System drunter und drüber geht. Die Personalsituation habe ich schon angesprochen. Natürlich, je weniger Fachkräfte, ob in der Pflege oder bei den ÄrztInnen, im Spitalsdienst sind, umso mehr führt das zur Verdichtung der Arbeit, umso mehr führt es zu unplanbaren Dienstzeiten, umso mehr wird die Arbeitsunzufriedenheit steigen.

 

Was machen die Menschen, wenn der Druck zu groß ist? Sie gehen aus dem System raus, sie flüchten aus dem System, ein Satz, den man oft hören kann: Das tue ich mir einfach nicht mehr an. Die Pflegekräfte steigen aus. Ja, Community Nurses, School Nurses, super, aber wir haben in Wien derzeit nur vier! Also bitten geben Sie Gas, sehr geehrte Stadtregierung, dass da tatsächlich

 

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