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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 85 von 106

 

2018. Ich habe mir diese Rede angeschaut und ich finde sie ganz wunderbar. Man kann sich das durchlesen und Sie schaffen da wirklich einen guten Problemaufriss, kritisieren die Sozialdemokratie, dass sie nichts gegen die Ungerechtigkeiten und den Bildungsnotstand in der Stadt tun und fordern dann ganz viele schöne Sachen, wie wir sie oft auch schon besprochen haben: Support-Personal, kleinere Klassengrößen, kleinere Kindergartengruppen, mehr Autonomie für die Schulen und einen Schwerpunkt auf Brennpunktschulen. Und Sie schaffen dann sogar auch noch den Konnex zu London und zur London-Challenge der 2000er Jahre, die ja den Turnaround an ganz vielen Schulen bewirkt hat.

 

Entsprechend waren auch unsere Erwartungen, ehrlicherweise, wie Sie das Amt angetreten haben, und entsprechend dann auch unsere Erwartungen auch an die NEOS, an die angebliche Bildungspartei vor eineinhalb Jahren. Eineinhalb Jahre später müssen wir aber leider sagen, von Ihren vormals wirklich richtigen Problembeschreibungen, ehrlichen Worten und von den großen Forderungen ist nichts geblieben. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Seit eineinhalb Jahren warten wir auf das von Ihnen geforderte - ich zitiere noch einmal - „Aufwachen, um das Bildungssystem zu reformieren“. Und noch einmal das Zitat, dass das auch auf der Landesebene möglich ist. Es wäre nicht so, als ob hier so viel Falsches passiert, es ist einfach wirklich erschreckend, wie wir nach eineinhalb Jahren hier stehen und sagen müssen: Es passiert einfach wirklich viel, viel zu wenig bis nichts von all dem, was Sie vormals versprochen und gefordert haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

 

Ich möchte aber noch einmal mit den Problembeschreibungen beginnen, die ich ja wirklich eigentlich lesenswert fand, und den ehrlichen Worten. Auch die haben Sie völlig aufgegeben, Herr Stadtrat. Während Sie früher noch vom Bildungsnotstand oder von den Problemen gesprochen haben, haben Sie zuletzt kürzlich bei der 100-Jahre-Feier der Bildungsdirektion dann auf einmal davon gesprochen, dass Wien eine Vorzeigestadt ist. Eine Vorzeigebildungsstadt in Europa. Gut, die ganze Veranstaltung von 100 Jahre Bildungsdirektion hat mir die Machtversessenheit der SPÖ offenbart, weil es wurde auch Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky begrüßt, aber das war vielleicht nur ein Fauxpas. Ich verstehe, dass man als kleiner Koalitionspartner nicht alles umsetzen kann - ich glaube, da haben wir eigene Erfahrungen - und auch die Welt nicht niederreißen kann, aber man kann zumindest dabei bleiben, ehrliche Worte zu sagen, die Probleme zu beschreiben und das wirklich anzugehen. Ich glaube, das ist die Grundlage von Reformen, aber selbst das haben Sie in den letzten Wochen und Monaten aufgegeben. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Aber vielleicht noch kurz zu Ihren Forderungen und Vorhaben: Es wurden ja von den NEOS, die sich so gerne als Bildungspartei geriert haben, aber auch immer noch gerieren, immer versprochen: Es gibt einen Bildungsumbruch, wenn wir an die Macht kommen, es gibt eine Bildungsrevolution! - Man muss leider sagen, nichts von diesen großen und guten Vorhaben, das ganze System zu ändern oder systemisch an der Bildungsgerechtigkeit zu ändern, wurde auch nur angegangen, geschweige denn umgesetzt. Die einzige Sache, die mir aus den letzten eineinhalb Jahren bleibend in Erinnerung ist, ist Ihre Reform, Herr Stadtrat, der LehrerInnenplanstellen, die genau heute vor einem Jahr eine Demonstration bezweckt hat, dass Tausende auf die Straße gegangen sind und in der Hälfte der Volksschulen in Wien Stunden gekürzt wurden. Diese Reform ist die einzige, die bisher bleibend in Erinnerung geblieben ist, und das, muss ich dazusagen, ist leider der Fall. Alles andere wurde nicht einmal angegangen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Aber auch viele der angekündigten Verbesserungen aus dem Regierungsprogramm existieren bisher nur am Papier. Die Kindergartengruppen sind immer noch zu groß, gut das dauert lange, bis man das verändert, aber es gibt noch nicht einmal einen Stufenplan, um das zu ändern. Der Erwachsenen-Kind-Schlüssel wurde nicht reduziert, es gibt kein zusätzliches pädagogisches Personal, eher im Gegenteil. Die Kindergärten gehen immer noch auf die Straße und fordern das. Die im Regierungsprogramm versprochene Personalbedarfsprognose und Imagekampagne gibt es ebenso wenig wie das versprochene einheitliche Anmeldesystem.

 

Genauso ist es aber im Schulbereich: Von den versprochenen zehn zusätzlichen Ganztagesschulen, die jährlich dazukommen sollen, sind wir leider weit entfernt. Das Pilotprojekt Ethikunterricht gibt es nicht. Ehrlicherweise zugegeben, die Sekretariatskräfte gibt es, die wurden aufgestockt, das stimmt. Aber diese bezahlt auch zu 60 Prozent das AMS über ein Bundesregierungsprogramm und nicht von Ihnen.

 

Ein Punkt, der, glaube ich, wichtig ist und den ich auch in früheren Reden immer wieder gelobt habe, war das Wiener Bildungsversprechen, das ja die London-Challenge aus den 2000er Jahren als großes Vorbild hat. Da muss man zugeben, da gab es jetzt einmal eine Ausschreibung und auch die ersten Postenbesetzungen. Immerhin, nach eineinhalb Jahren. Ich glaube, wenn es in dem Tempo weitergeht, gibt es bis 2025 vielleicht sogar ein schönes Papier, das einen Plan präsentiert.

 

Herr Stadtrat, Sie haben also in den letzten Jahren sehr viel gefordert, sehr viel versprochen, falls die angebliche Bildungspartei einmal an die Macht kommt, viel geplant, aber bisher wenig bis wirklich nichts umgesetzt. Dabei werden die Probleme ja tatsächlich groß, wir hören es auch oft von Seiten der ÖVP - acht von zehn Kindern in der Mittelschule in Wien erreichen die Bildungsstandards nicht. Die Chancengerechtigkeit in Wien und in Österreich generell, muss man dazusagen, ist fast so gering wie fast nirgends in Europa. Auch die sozioökonomische Segregation und Leistungsdifferenz geht immer weiter auseinander.

 

Ich möchte daher zwei Anträge einbringen, die zumindest zwei Teilaspekte dessen lösen sollen. Zum einen wollen wir reformpädagogische Projekte in dieser Stadt sicherstellen. Das ist jetzt auch ohne den Bund möglich. Da geht es um 50 bis 70 LehrerInnen, die kann

 

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