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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 22.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 126

 

winnmaximierung verteufeln und Ihre große Liebe zum Gemeinwohl und zur kommunalen Daseinsvorsorge entdeckt haben (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nein, nein … - GR Mag. Manfred Juraczka: Da haben Sie mich tunlichst missverstanden!), aber gut so.

 

Zurück zur Wien Energie: Ja, es ist tatsächlich völlig unverständlich, und ich war ehrlich gesagt fassungslos, als ich das erste Mal von dieser 92-prozentigen Preissteigerung bei der Wien Energie gehört habe. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Dann verstehen Sie nichts von den Energiemärkten!) Und ich habe es nicht im Ausschuss, ich habe es auch nicht im Stadtsenat gehört (GR Maximilian Krauss, MA: Sie haben sich nicht gedacht, dass einer noch mehr hört als vier!), nein, ich habe es in der „Kronen Zeitung“ lesen müssen, und ich frage mich in diesem Zusammenhang ganz ernsthaft, wozu all diese Gremien, diese scheinbaren Kontrollmechanismen eigentlich da sind, wenn in einer so weitreichenden Entscheidung so intransparent (GR Maximilian Krauss, MA: Die letzten zehn Jahre hat euch das gut gefallen!) und ohne jede Diskussion so eine Preissteigerung vorgenommen wird. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Unternehmen der Wiener Daseinsvorsorge, und das haben wir heute schon sehr oft gehört - schön, dass über die Wiener Daseinsvorsorge so oft gesprochen wird -, sind tatsächlich besondere Unternehmen, und die Stadt Wien war meiner Meinung nach immer zu Recht auf diese Unternehmen der Daseinsvorsorge stolz, weil die kommunalen Betriebe in Wien eben nicht privatisiert wurden. Wir haben europaweit ja gesehen - dafür gibt es tatsächlich unzählige Beispiele -, was passiert, wenn kommunale Dienstleistungen privatisiert werden, wozu das führt und wohin das führt, nämlich zu schlechterer Qualität, zu Preisexplosionen und auch zu einer Verwahrlosung von Infrastruktur. Genau das hat Wien damals nicht gemacht, und meiner Meinung nach zu Recht. Wien hat die kommunalen Betriebe nicht verkauft, nicht ausgelagert und hat dafür gesorgt, dass Wien weiterhin die Gestaltungshoheit über die elementaren Elemente der Daseinsvorsorge und damit der Grundversorgung der Menschen in dieser Stadt behält, um diese - und das ist der wesentliche Punkt - nicht nur zu behalten, sondern um sie tatsächlich zu gestalten und auch regulieren zu können. Denn es ist ja der Wesenskern der Daseinsvorsorge, gemeinwohlorientierte Leistungen im Interesse der Allgemeinheit zu erbringen, und genau deshalb gibt es ja auch diese spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen.

 

Und was sehen wir jetzt? - Jetzt reagieren dieses Unternehmen der Daseinsvorsorge, die Wien Energie, und seine Eigentümer tatsächlich wie ein Konzern, der Gewinne nicht vergemeinschaftet, sondern Gewinne zurückhält.

 

Und - weil wir auch gehört haben, dass die Dividende zurückgehalten wird - was genau passiert mit der Dividende? Warum wird das nicht transparent gemacht, was mit diesen Dividenden eigentlich passiert? Wenn Sie schon sagen, der wesentliche Unterschied ist, dass die Gewinne eben reinvestiert werden, zurückgehalten werden, nicht ausgeschüttet werden: Was passiert dann mit diesen Dividenden? Wofür werden sie verwendet? Und warum werden sie nicht für Maßnahmen gegen die Teuerung und für die Menschen in Wien verwendet? (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was wir jetzt nämlich tatsächlich brauchen, ist eben ein Unternehmen, das die Gewinne an die weitergibt, die dieses Unternehmen in Wirklichkeit besitzen, für die dieses Unternehmen in Wirklichkeit da ist - und das ist die Wiener Bevölkerung. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Unabhängig von der Energieeffizienz?) Die eigentlichen Shareholder, Stakeholder der Wien Energie, das ist die Wiener Bevölkerung, das sind die Wienerinnen und Wiener. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Wurscht, wie viel Energie sie brauchen?) Und wo soll die Politik denn steuern und regulieren, wenn nicht genau bei diesen Unternehmen? Es ist daher geradezu absurd, sich hinzustellen und bei diesen Unternehmen lediglich mit Markt- und Preislogik allein zu argumentieren. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Nein, aber Sie verstehen die Energie nicht!)

 

Es geht nämlich darum, den Markt zu gestalten. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Machen Sie es auf Bundesebene, bitte!) Sehr oft wurden diese Unternehmen der Daseinsvorsorge auch so dargestellt, als wären sie Unternehmen, die lediglich Marktversagen reparieren, und ich glaube, auch das ist ein völlig verkürztes Verständnis von der Rolle von öffentlichen Unternehmen. Es geht nämlich nicht darum, Marktversagen einfach nur auszugleichen, sondern darum, Markt zu gestalten, und zwar im besten Sinne einer Orientierung am Gemeinwohl und immer auch verbunden mit der Frage, wer überhaupt die Daseinsvorsorge bestimmen darf. Wer darf darüber entscheiden, wer entscheidet, wer bestimmt? Und das ist die ureigenste Aufgabe der Politik und der Eigentümer. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Meiner Meinung nach zeigt das Beispiel der Wien Energie sehr, sehr gut, dass es offensichtlich neue Regulatorien braucht, um die kommunalen Betriebe vor solchen Fehlentwicklungen zu schützen. Denn die Frage ist: Wer hat das gerade entschieden? Wie konnte es gerade jetzt, wo die Teuerungen auf allen Ebenen, in allen Lebensbereichen ganz viele Menschen massiv betreffen und unter Druck setzen, dazu kommen? - Ich glaube, es ist intransparent, wie leider so vieles in der aktuellen Politik der Wiener SPÖ. Man weiß eigentlich nicht so genau, welche Interessen tatsächlich bedient werden.

 

Was kommt als Nächstes? Das wollen wir hier im Gemeinderat wissen. Was passiert mit den Dividenden? Der Bürgermeister hat vorhin vom Kreislauf der Dividenden gesprochen. Das ist sehr euphemistisch. Um was für einen Kreislauf geht es da? Wofür werden die Dividenden tatsächlich verwendet? Und wir fragen noch einmal: Warum werden sie nicht für konkrete Maßnahmen gegen die Teuerung verwendet?

 

Wir fordern daher den Bürgermeister und auch den Herrn Stadtrat, die beide leider nicht mehr da sind, auf, bei zukünftigen Preissteigerungen, die über die Indexierung, über eine gewisse Indexierung hinausgehen, diese auch im Ausschuss, dem Gemeinderat vorzulegen, sie

 

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