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Gemeinderat, 23. Sitzung vom 24.05.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 85 von 111

 

Im März 2021 wusste die Kindergartenleitung Bescheid. Der Verdacht ging durch die ganze MA 10, durch die MA 11, es ist die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden, und über 13 Monate hindurch kommt niemand von all denen auf die Idee, dass er die Eltern im Kindergarten darüber informiert. 13 Monate lang!

 

Und dann fliegt - ich habe es in einer Zeitung gelesen, ich weiß nicht, ob das stimmt, das wäre dann noch dramatischer - bei einem von den Eltern organisierten Info-Abend alles auf. Dann liest man in der Zeitung, und ich zitiere: „MA 10-Chefin Cochlar weist Vertuschungsvorwürfe zurück. Wir nehmen das wirklich ernst.“ Also bei allen Betroffenen und auch in der Bevölkerung und bei mir selber entsteht wirklich zu Recht, glaube ich, der Eindruck, dass all diese Vorwürfe erst zu dem Zeitpunkt ernst genommen worden sind, als es öffentlich geworden ist, als es halt irgendwann unangenehm war.

 

Dass hier von Fall zu Fall entschieden wird, und ehrlicherweise irgendwie ein bisschen auf Gutdünken, ob man Eltern informiert oder nicht, das führt ganz zwangsläufig dazu, dass Eltern oft nicht informiert werden. Das hat Kollege Stadler vorher richtig auf den Punkt gebracht: Wenn sogar schon vor 13 Monaten empfohlen worden ist, dass man die Eltern informiert, und man auch tatsächlich ernsthaft anzweifelt, dass hier überhaupt etwas passiert ist, dann muss ich sagen, das ist der wahre Skandal an dem Ganzen. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)

 

Es gab jetzt vor wenigen Tagen ein Schreiben an die Eltern, auch das habe ich einer Zeitung entnommen und ich mag auch das zitieren: „‚Es wurde euch im Kindergarten gesagt, dass er krank war oder Corona hatte und deswegen nicht mehr da ist. Das hat nicht gestimmt.‘“

 

Es wurde also in diesem Fall sogar gegenüber den Betroffenen aktiv gelogen. Das ist ja wirklich der schlimmste Vertrauensverlust, den eine Stadt irgendwie bei den Betroffenen, bei den Eltern auslösen kann. Und das geht noch weiter. Ich höre jetzt nämlich von ganz anderen Eltern, deren Kinder nicht in dem Kindergarten sind, wenn ihrem Kind etwas passiert wäre, dann wüssten sie es vielleicht gar nicht, weil die Stadt hätte es ihnen ja eh nicht gesagt. Das ist es, worum es hier heute bei der Dringlichen Anfrage geht.

 

Tatsächlich herrscht Erklärungsbedarf. Im konkreten Fall braucht es schnellstmögliche Aufklärung, aber es braucht darüber hinaus einen Schutzmechanismus, mit dem man sicherstellt, dass Eltern klarerweise informiert werden müssen, wenn es so einen Verdachtsfall gibt. Uns allen muss klar sein, gerade bei Kindesmissbrauch ist natürlich akut Gefahr in Verzug, deswegen braucht es einen Mechanismus, dass Eltern auch zwangsläufig informiert werden, dass man nicht einfach wegschaut. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ja, aus unserer Sicht ist es schon ein paar Mal gefallen, das sehen die GRÜNEN so, das sieht die FPÖ so, unser Klubobmann Markus Wölbitsch hat es vorher gesagt, da gab es natürlich ein massives Fehlverhalten in der MA 10-Leitung. Bis die Vorwürfe aufgeklärt sind, kann es aus unserer Sicht nur ein Schritt sein, dass die Leitung suspendiert wird, bis das restlos aufgeklärt wird, anderenfalls kann eine Aufklärung nicht richtig stattfinden.

 

Für uns ist es aber auch klar, es gibt auch eine politische Verantwortung für das Ganze. Herr Stadtrat, ich möchte Ihnen gar nicht absprechen, dass Sie sich ehrlich bemühen, denn ich glaube auch tatsächlich, dass, seitdem Sie das wissen, wirklich das ehrliche Bemühen herrscht, die Eltern tatsächlich aufzuklären und auch dafür Sorge zu tragen, dass es in Zukunft besser funktioniert. Es geht aber tatsächlich auch darum, ob Sie dazu fähig sind, imstande sind, hier aufzuräumen und das auch wirklich langfristig verbessern können. Ich habe einen „Kurier“-Artikel mitgebracht, und ich mag ihn jetzt nicht ganz vorlesen, die Debatte ist schon mit vielen Artikeln vollgefüllt worden, aber den Schluss von Josef Gebhard aus dem Kurier möchte ich dann doch zitieren: „Jetzt muss Wiederkehr zeigen, wie ernst er Transparenz tatsächlich nimmt und für lückenlose Aufklärung samt personellen Konsequenzen sorgen. Ansonsten wird er sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen müssen, bereits völlig vom roten Machtapparat inhaliert worden zu sein.“

 

Nach eineinhalb Jahren kann man eine erste Bilanz ziehen. Im Wahlkampf haben die NEOS viel im Bildungsbereich versprochen, viel im Transparenzbereich versprochen. Ehrlicherweise muss man nach diesen eineinhalb Jahren sagen, ganz im Gegenteil, es hat sich sehr wenig verändert. Es ist eher so, dass jetzt die Muster nach wie vor im Magistrat so weiterbestehen, wie sie vorher waren, entweder werden Skandale vertuscht, das erleben wir jetzt gerade wieder, oder die Verantwortung wird abgeschoben.

 

Ich habe das häufig gemacht, deswegen jetzt sehr kurz im Kindergartenbereich: Wenn das städtische Kindergartenpersonal auf die Straße geht, bessere Arbeitsbedingungen einfordert, ist die Antwort der Stadt, der Bund soll mehr tun - und das beim städtischen Kindergartenpersonal, bei dem man selber Arbeitgeber ist. Lehrer werden von zahlreichen Schulen gestrichen, da gibt es einen riesigen Aufschrei in der Bevölkerung von den betroffenen Schulen, von den Direktionen, von den Lehrerinnen und Lehrern. Was ist die Antwort? - Na ja, der Bund soll uns halt mehr Mittel geben, obwohl da natürlich die Stadt in der Verantwortung ist, denn jedes Bundesland wird nach gleichen Bedingungen behandelt, bekommt die gleichen Ressourcen und pro Kopf die gleichen Mittel.

 

Eins zu eins bei den Ganztagsschulen: Es geht um einen Antrag, der sieben Monate davor von den NEOS gestellt worden ist und gegen den die NEOS später stimmen, ich habe das schon oft hier vorne thematisiert. Vereine, bei denen die NEOS vorher U-Kommissionen gefordert haben, werden dann eins zu eins in gleicher Höhe weitergefördert. Also zum Antritt hat Christoph Wiederkehr gesagt, Bildungspolitik sei ein Marathon und kein Sprint. Nach den ersten eineinhalb Jahren muss man aber ehrlicherweise sagen: Herr Stadtrat, man hat das Gefühl, Sie sind noch gar nicht so richtig losgelaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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