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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 27.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 73

 

nungsmarkt reden, denn dieser hat sich, bedingt durch Corona, die letzten Jahre ziemlich verschlechtert. Die erste eigene Wohnung zu kriegen, stellt für viele junge Menschen ein Zeichen zum Erwachsensein dar. Es ist der erste Schritt, den man tätigt, wenn man erwachsen sein möchte. Aber sie stellt eine finanzielle Hürde auch dar. Denn bei der Anmietung einer Mietwohnung kommen zusätzlich zu den Übersiedlungs- und Einrichtungskosten die erste Monatsmiete dazu sowie Kosten für die Kaution. Die Maklerprovision habe ich hier bewusst nicht erwähnt, weil diese ab nächstem Jahr in Österreich Geschichte sein wird. Wer anschafft, muss auch zahlen, das ist das neue Motto, weil es nicht länger sein kann, dass MieterInnen, die nie einen Makler beauftragt haben, ihn am Ende des Tages auch zahlen müssen. Seit den 90er Jahren haben unendliche Bundesregierungen angekündigt und versprochen, diese unfaire Provision abzuschaffen. Es braucht also wirklich die GRÜNEN in der Bundesregierung, damit so eine Forderung endlich in die Realität umgesetzt werden konnte und nicht nur geredet wurde, sondern auch umgesetzt wird.

 

Stellen wir uns die Frage, meine Damen und Herren, warum junge Menschen durchschnittlich erst mit 27 Jahren von zu Hause ausziehen und in die erste eigene Wohnung einziehen. Die Antwort liegt ganz klar auf dem Tisch, es sind die enormen Kosten, die junge Menschen dazu treiben. Viele von ihnen ziehen gar nicht einmal von zu Hause aus, weil die Kosten auf dem Privatwohnungsmarkt extrem hoch sind, denn bis zu 90 EUR kann eine 50 m2-Wohnung in Wien kosten. Und da rede ich nicht von den Innenstadtbezirken oder von den Luxusvierteln, sondern von den Außen- und Flächenbezirken. Die Chance, eine günstige Gemeindewohnung zu bekommen, ist unwahrscheinlicher denn je geworden, weil die Kriterien so hoch wie nie sind. Beim Ablehnen eines Angebotes einer Wiener Gemeindewohnung wird man bis zu drei Jahre gesperrt. Die letzte Studierenden-Sozialerhebung zeigte deutlich auf, wie schwer es junge Menschen auf dem Wohnungsmarkt haben, die zusätzlich noch in Ausbildung sind. Aus der Studie geht nämlich hervor, dass der Anteil an Einzelhaushalten auf Grund der Preise in den letzten 10 Jahren von 21 auf 16 Prozent gesunken ist, sprich, Studierende können sich Einzelwohnungen nicht mehr leisten. Ähnlich sieht die Situation bei den Kosten für Wohnheime aus. Diese sind in den letzten 10 Jahren um 50 Prozent gestiegen. Laut Studie ist der Grund dafür der zunehmende Ausbau der Wohnheime von gewerblichen Anbietern und nicht, wie bisher, von gemeinnützigen.

 

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass wir in einer Millionenstadt wie Wien leben und mit solchen Problemen kämpfen müssen, aber nichts dagegen tun, um Menschen auf dem Weg in die erste eigene Wohnung zu fördern und sie auch zu begleiten. Wir haben bereits letztes Jahr einen Antrag dazu gestellt gehabt, einen Antrag zum Wohnungskautionsfonds in Wien, der sich am Grazer Erfolgsmodell orientiert. Denn in Graz wurde dieser 2010 eingeführt und erst jetzt durch die rot-rot-grüne Stadtregierung auch noch aufgestockt. Im Grunde geht es darum, die Stadt Wien gibt Ansuchenden, also borgt an Ansuchende Geld aus, das sie für die Bezahlung der Kaution verwenden, sozusagen ein zinsenloses Darlehen, das sie dann am Ende des Tages nach einer bestimmten Zeit wieder zurückzahlen müssen. Städte wie Linz und Salzburg haben das Modell erkannt und die Vorteile und haben auch ähnliche Modelle etabliert. Auch das Land Salzburg hat 2017 einen Fonds gegründet, der jährlich mit einer halben Million Euro dotiert ist. Auch auf der Bundesebene ist das Thema präsent. Die Bundes-SPÖ hat, und das hab‘ ich auch letztes Jahr erwähnt, als ich den ähnlichen Antrag gestellt habe, 2017 und 2019 in ihren Wahlprogrammen zur Nationalratswahl auch stehen und hat es lautstark auch gefordert, einen Wohnungskautionsfonds zu etablieren. Durch einen Wohnungskautionsfonds Wiener Art würden nicht nur junge Menschen, sondern eine breite Bevölkerungsschicht profitieren. MieterInnen mit befristeten Mietverträgen, die bei jedem Umzug erneut Kaution zahlen müssen, Studierende, die neben ihren Studien jobben und sich die Kosten nicht leisten können, Alleinerziehende, insbesondere hier Frauen, die finanziell benachteiligt sind, Familien, die Jungfamilien in Wien, die auf engstem Raum wohnen und in eine größere Wohnung umziehen wollen und jedes Mal immer wieder die Kaution zahlen müssen. Sie sehen, meine Damen und Herren, die Liste ist lang. Ich muss sagen, das Argument vom letzten Jahr, das mir genannt wurde, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen. Es hieß zirka so: Wien ist gut, es gibt eh Gemeindebauten in Wien und dort zahlt man keine Provision und keine Kaution. Ja, das ist richtig. Aber es gibt auch Menschen da draußen, die in keiner Gemeindewohnung leben und die keinen Zugang zu einem Gemeindebau haben. Zum Beispiel die Leute, die hergezogen sind, die nur auf den Privatwohnungsmarkt angewiesen sind. Es wird so dargestellt, als ob 99 Prozent der WienerInnen im Gemeindebau leben würden und das Problem nur Minderheiten betreffen würde. Es betrifft eine breite Schicht von Menschen. Besonders jetzt während der Teuerungen und dem Krieg ist das Bekämpfen des Problems umso notweniger geworden.

 

Ein weiteres Thema, das ich in diesem Kontext auch ansprechen möchte, meine Damen und Herren, ist die Situation von Studierenden am Wohnungsmarkt. Wir haben in Wien bis ins Jahr 2019 ein Wohn-Ticket dafür gehabt, das plötzlich irgendwann verschwunden ist, Wir wollten auf Grund dessen auch eine Anfrage an die zuständige Stadträtin stellen und fragen: Wo ist dieses Wohn-Ticket geblieben, weil es eines für Jung-WienerInnen gibt, eines für Jung-UnternehmerInnen und eines auch für Lehrlinge, aber keines für Studierende? Im Laufe unserer Recherche sind wir draufgekommen, dass erst vor Kurzem wieder durch eine Sonderaktion das Studierenden-Wohn-Ticket eingeführt wurde. Was uns dabei aufgefallen ist: Die Kriterien haben sich leicht verbessert, aber was wir kritisieren, ist, dass Ansuchende zwei Jahre warten müssen, um dieses Ticket überhaupt zu beantragen beziehungsweise ihren Hauptwohnsitz in Wien haben müssen, um einen Anspruch auf eine Gemeindewohnung zu stellen. Wenn wir bedenken,

 

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