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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 30.03.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 94

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bringen daher auch einige Anträge zu diesen Bereichen ein, und ich darf Sie um Zustimmung ersuchen.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Gorlitzer. Ich erteile es ihm.

 

16.42.26

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Rechnungsabschluss des Krankenhauses Nord liegt jetzt endlich vor, und erwartungsgemäß liegen die Kosten um viele, viele Millionen über dem Wert, der ursprünglich geplant war. Genau genommen sind es 437 Millionen EUR, die zu viel ausgegeben wurden. Erklärt wird das vom Herrn Stadtrat oder von der Generaldirektion durch Preissteigerungen von 20 Prozent. - Es ist normal, dass eine Preissteigerung von 20 Prozent bei Großbaustellen stattfindet. Das ist richtig. Wenn man im Hinblick darauf aber rechnet, dann sind es nur 165 Millionen, um die in diesem Zusammenhang überzogen werden sollte. Das heißt, es gab eine zusätzliche Kostenüberschreitung um viele 100 Millionen EUR.

 

Die Frage stellt sich: Wer ist eigentlich dafür politisch verantwortlich? Ist es Herr StR Hacker, der seit 2018 Stadtrat ist? Ist es StRin Frauenberger, die von der eigenen Partei aus der Funktion gejagt wurde? Ist es Frau StRin Wehsely? - Jetzt wird es schon interessanter! Diese ist jetzt Top-Verdienerin bei Siemens und kommt bei Ausschreibungen immer wieder in rechtliche Konflikte. Oder ist es Frau StRin Brauner, die mit einem sinnlosen Büro für Daseinsvorsorge, wie der Stadtrechnungshof berichtet hat, mit über 100.000 EUR entlohnt beziehungsweise belohnt worden ist.

 

Meine Damen und Herren! Wir haben bis heute keinen Hinweis darauf, wer hier politisch verantwortlich ist. Die Wiener Stadtregierung hat keine politische Verantwortung übernommen und zeigt auch nicht auf, wer dafür verantwortlich ist. Ich meine allerdings, dass wir Wiener Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Recht darauf haben, zu wissen, wer diese vielen 100 Millionen EUR verschwendet hat!

 

Dabei ist ja schon in der Planung einiges schiefgelaufen. Neben den schon erwähnten Zäunen und Energieringen ist zum Beispiel vergessen worden, eine Anstaltsapotheke einzuplanen. Ein Krankenhaus ohne Apotheke gibt es normalerweise nicht. Man kann nämlich dem Patienten schwer sagen: Passen Sie auf! Gehen Sie zum Floridsdorfer Spitz und holen Sie sich Ihre Medikamente selber! - Das geht nicht. Somit ist die Anstaltsapotheke auf Regiekosten errichtet worden, und jeder, der einmal gebaut hat, weiß, dass die Regiekosten die höchsten Kosten sind, die anlaufen können.

 

Oder ein anderes Beispiel: Es wurde vergessen, eine Abteilung für Neurologie einzurichten. Diese gibt es jetzt zwar, sie wurde in das Krankenhaus reingequetscht, aber sie wurde vom Öbig vorgeschrieben, weil es eine andere Abteilung gibt, in der mit hirnversorgenden Arterien herumoperiert wird. - Da muss ich fragen: Können die Verantwortlichen nicht lesen?

 

Oder ein nächstes Beispiel: Es gibt keine Dialyseeinheit, die von den Benutzern immer wieder gefordert wurde. So kommt es jetzt dazu, dass Leute, die zur Nierenwäsche oder zur Dialyse gebracht werden müssen, oftmals pro Woche kilometerweit hin und her gefahren werden müssen.

 

Es gibt aber nicht nur organisatorische Mängel, sondern auch bauliche Mängel in dem sogenannten modernsten Spital Europas. Ich darf nur aus dem „Kurier“-Artikel zitieren, der das auf dem Punkt bringt: „Dieses Spital ist teuer, aber nicht auf dem Stand anderer Spitäler.“ - Zum Beispiel haben wir ein sehr veraltetes EDV-System, was zur Folge hat, dass wir viel wertvolle Arbeitszeit darauf aufwenden, dass die alten Computer endlich hochfahren. Damit kommt es zu weniger Zeit für den Patienten, zu weniger Zeit für Gespräche und zu längeren Wartezeiten, zum Beispiel in der Ambulanz. Die Kommunikation erfolgt in diesem Spital über sogenannte DECT-Handys. Das ist eine Technologie, die mehr als 20 Jahre alt ist. Damit kann man höchstens telefonieren. Das sind riesige Telefone. Ältere von uns werden sich an die D-Netz-Telefone erinnern, das waren solche riesigen Wascher. Damit kann man nur telefonieren. Eine SMS oder Sprachnachricht zu versenden, ist über diese DECT-Handys gar nicht möglich. Und das im Zeitalter der Smartphones, da jeder von uns mit einem oder zwei Smartphones in der Tasche herumläuft.

 

Im Zusammenhang mit einem weiteren technischen Problem haben wir eigentlich Glück gehabt. Für dieses Spital hätte es ein spezielles Wasserkühlsystem geben müssen, und nur durch Glück und Zufall ist man draufgekommen, dass, wenn man so etwas errichtet, Schwermetalle und Toxine in das Grundwasser von ganz Floridsdorf geschwemmt werden. Das hatte zur Folge, dass im Moment zum Beispiel die Patientenzimmer gar nicht gekühlt werden. Diese sind zwar wunderschön, haben große Glasflächen, heizen sich aber im Sommer ordentlich auf.

 

Der Herr Generaldirektor spricht sehr gerne von Vollbetrieb. Das ist ja lieb, aber Vollbetrieb ist anders. Ich gebe zu bedenken, dass ungefähr ein Drittel der OP-Säle dauerhaft nicht benutzt wird und dass einzelne Stationen oder auch einzelne Intensivbetten wegen Personalmangels nicht benutzt werden können. Es gibt von Beginn an keine adäquate Personalbedarfsplanung, und all das kann man nicht mit der Corona-Pandemie erklären. Die Corona-Pandemie hat die Lage des Personals in diesem Spital noch verschärft, aber sie ist nicht die Ursache für diese Probleme, obwohl das oft von den zuständigen Stellen als Ausrede benutzt wird.

 

In diesem modernsten Spital Europas fehlt es auch an anderen Dingen. Zum Beispiel fallen, wie auch einem „Krone“-Bericht zu entnehmen ist, immer wieder Monitore aus, und es ist bei Herzoperationen nicht so wahnsinnig lustig, wenn man keine Information über die Vitalzeichen eines Patienten hat. Es gibt unzureichende OP-Kleidung bis hin zu OP-Hauben, die nur in Billigstversion zur Verfügung gestellt werden, und das bei Betriebskosten von 370 Millionen EUR pro Jahr.

 

Wenn man von Vollbetrieb spricht, meine Damen und Herren, streut man der Wiener Bevölkerung Sand in die Augen. Wenn man von Vollbetrieb spricht, ist das eine Unwahrheit, und wenn man diese Unwahrheit öfter wie

 

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