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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 114

 

ersten drei Fragen der JournalistInnen waren: Wie gehen sich diese Ziele der CO2-Reduktion mit dem Wunsch nach einer 4 Milliarden EUR teuren Lobau-Autobahn aus? Wie soll das mit einer fast eine halbe Milliarde - 500 Millionen - Euro teuren Stadtautobahn funktionieren? Und können Sie bitte die geplante Reduktion von CO2 auch mit Ziffern, Zahlen und Fakten unterlegen? - Die Frage konnte er nicht beantworten. Möglicherweise kam sie überraschend bei einer eigenen Pressekonferenz über die eigenen Klimaziele. Wir haben jetzt diese Dringliche Anfrage zwei Tage vorher eingebracht und hoffen, dass wir jetzt in Erfahrung bringen können, was Ihre Ziele sind und wie Sie 2040 auf netto null kommen wollen.

 

Ein Mal mehr zeigt sich mit diesem Papier - wie gesagt, das Papier ist ganz okay -: Wien hat wirklich exzellente Beamtinnen und Beamte und exzellente externe Expertinnen und Experten - und die wissen, wie man diese formulierten Ziele erreichen kann -, was bisher jedoch fehlt, vor allem im Bereich der Mobilität, ist das politische Leadership, um diese Ziele von der Märchenwelt in die Realität zu bringen. Eine Klimastrategie, die für den größten und immer noch wachsenden Teil - wie gesagt, beim Verkehr haben wir immer noch wachsende Emissionen - nicht die nötigen Maßnahmen festlegt, um die Ziele zu erreichen, ist leider Gottes nicht mehr als Greenwashing, eine Show für die Medien ohne die nötige Ernsthaftigkeit.

 

Denn: Worum geht es im Kern? - Sie wollen von Ihrer eigenen Untätigkeit ablenken, und Sie wollen davon ablenken, dass Sie immer noch an Projekten aus dem letzten Jahrtausend, die die Klimazerstörung vorantreiben, festhalten wollen. Die Absage des 4 Milliarden EUR teuren Lobau-Tunnels durch die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat offensichtlich den roten Teil der Stadtregierung in einen Ausnahmezustand versetzt. Sie sind offensichtlich hochgradig nervös geworden, haben mit Klagsdrohungen gegen die Klimaschutzministerin um sich geschmissen, und offensichtlich in einem Schock haben Sie nicht nur Klagsbriefe, also Klagsandrohungen gegen die Klimaschutzministerin angekündigt, sondern auch einen SPÖ-Anwalt engagiert, der sogar 13-jährige Mädchen damit eingedeckt hat. In Chat-Gruppen wurden daraufhin Gewaltaufrufe gegen die KlimaaktivistInnen formuliert, ein Holzturm im Camp fiel einem Brandanschlag zum Opfer, und nur durch Glück konnten alle acht Jugendlichen den Flammen unverletzt entkommen. Und während die Polizei von einem Brandanschlag ausgeht und ermittelt, redet die Wiener Stadtregierung im Gemeinderat von einem „mutmaßlichen“ Brandanschlag auf ein Holzhaus.

 

Was ist also Ihr Tun? - Jugendliche mit Klagen mundtot zu machen, WissenschafterInnen ihre Expertise abzusprechen und dafür Märchenbücher zu erstellen, denen dann keine Taten folgen. So wird Wien seinen Beitrag zur Klimakrise leider Gottes verfehlen.

 

Ein Thema, von dem ich eigentlich gehofft hatte, dass wir es heute nicht mehr haben werden: Die SLAPP-Klagsdrohungen - Drohungen gegen Unbeteiligte, Drohungen gegen Parteien im UVP-Verfahren, Drohungen gegen KünstlerInnen, gegen WissenschafterInnen und NGOs, gegen sogenannte mentale UnterstützerInnen. Diese sind größtenteils weiterhin aufrecht. Werden Sie zurückgezogen und wird es jetzt endlich Gespräche über eine Redimensionierung der Stadtstraße - das wäre das Mindeste - geben? Das wurden Sie auch von einem ORF-Redakteur gefragt. Zwei Tage später zeigte sich erneut: Die Sozialdemokratie hat sich in ihrer Autobahnpolitik völlig einbetoniert. In einem Ultimatumgespräch am Wochenende haben sich die Stadtverantwortlichen keinen Millimeter in Richtung Klimaschutz bewegt - nach einer mehrmonatigen öffentlichen Debatte keinen Millimeter Richtung Klimaschutz bewegt. Es gibt keine Alternativenprüfung, es gibt keine Redimensionierung, es gibt keinen Klima-Check, und es gibt nicht einen Millimeter an Entgegenkommen bei der Rücknahme der Klagsdrohungen. Gesprächsbereitschaft, wie wir sie verstehen, sieht anders aus.

 

Politik auf Augenhöhe sieht anders aus. Und Klimapolitik, die die eigenen Klimaziele ernst nimmt, sieht anders aus.

 

Anstatt also, dass Sie die Absage des Lobau-Tunnels als Chance sehen, zukunftsträchtige Lösungen voranzutreiben, wird der Öffi-Ausbau in der Donaustadt weiterhin verzögert, werden erneut Klagen zur Durchsetzung des Klimakillers Lobau-Autobahn angekündigt. Das ist einfach ein Schlag ins Gesicht junger und zukünftiger Generationen. Es wäre jetzt wirklich höchste Zeit, das Gespräch zu suchen und auf Gemeinsamkeiten aufzubauen. Das sind junge Menschen, die das Gleiche erreichen wollen, das Sie in diesem Märchenbuch proklamieren. Die wollen, dass wir die Klimaziele erreichen, die wollen, dass Wien klimaneutral wird. Setzen Sie sich an einen Tisch, suchen Sie gemeinsam Lösungen und geben Sie Ihre Justamentstandpunkte auf!

 

Wo bleibt der Klima-Check für Großprojekte in Wien? Wieso kann das die Bundesregierung, und Wien steckt den Kopf in den Sand? Warum zählen wissenschaftliche Erkenntnisse in der Klimafrage - der entscheidenden ökologischen und sozialen Frage dieses Jahrhunderts - für die Wiener Stadtregierung nicht? Wieso nehmen Sie diese nicht ernst?

 

Sie haben auch gesagt: Wir wollen nicht wie die anderen apokalyptische Prognosen abgeben, manchmal würde man ja glauben, wir stünden kurz vor dem Weltuntergang. - Also eine Relativierung der Dringlichkeit des Klimaschutzes. Ihr Parteifreund Frans Timmermans, stellvertretender Kommissionspräsident und zuständig für den Klimaschutz der EU, formuliert das so: Auf unseren Schultern lastet eine große Verantwortung, denn wenn wir jetzt nicht handeln - und ich meine: sofort -, dann werden unsere Kinder es uns nie verzeihen, weil die Dinge außer Kontrolle geraten.

 

Was heißt „außer Kontrolle geraten“? - Dass wir in einen Bereich kommen, in dem nicht einmal die WissenschafterInnen prognostizieren können, wie sich das Klima verändert, in welche Richtung, und wie dramatisch die Folgen sein werden. Tun wir also alles dafür, um in diesem noch einigermaßen kontrollierbaren Bereich zu

 

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