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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 137

 

Sie sprechen hier an dieser Stelle, aber auch in den Medien gerne und ausschweifend von der dichten und klimafreundlichen Stadt auf kleinem Fuß. Und diese wollen Sie mit der Autobahn sicherstellen. Dass das grotesk und falsch ist, das wissen alle ExpertInnen, und zwar nicht nur die ExpertInnen, die wir hören, sondern auch Ihre eigenen ExpertInnen. Das steht hier: Die Autobahn fördert nämlich eine Zersiedelung, weil sie viel Platz braucht. Sie fördert die Abwanderung, und zwar auch die Abwanderung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen. Sie befeuert ganz einfach den Flächenfraß. Auch Ihre eigenen Expertinnen und Experten wissen das. Sie schreiben, dass diese Autobahnen zu einem Speckgürtel aus Einkaufszentren führen würden, die öffentlich nicht zu erschließen sind. Sie würden den Anteil des Autoverkehrs steigern und die Abwanderung weiter fördern.

 

Anfang der 70er Jahre wusste es einer Ihrer Vorgänger schon besser, nämlich Felix Slavik. Ich glaube, der ist nicht so beliebt in der SPÖ, und er wurde dann aus anderen Gründen auch schnell abgesetzt. Er wird in der „Arbeiter-Zeitung“ zitiert, dass er Stadtautobahnen ablehne, auch wenn der Bund sie zahlt. Wichtiger als die finanzielle Seite sei nämlich die Tatsache, dass derartige Stadtautobahnen die Urbanität einer Stadt wie Wien zerstören. - Es wird also das zerstört, was Sie zu fördern vorgeben, nämlich Urbanität, eine dichte Stadt mit kleinem Fußabdruck. Das hat einer Ihrer Vorvorgänger bereits vor 50 Jahren erkannt. Das heißt, Ihre Politik ist nicht einmal eine Verkehrspolitik der 70er, sondern gar der 60er Jahre, vor Slavik. Gratulation!

 

Jetzt muss ich mich ein bisschen kürzer fassen, aber ich musste auf so viele Falschmeldungen eingehen. Dass Sie Propaganda machen und faktenwidrig in den öffentlichen Medien informieren, das haben wir hier schon öfters dargestellt. Und weil Sie mit Ihrer eigenen Propaganda offensichtlich auch in der eigenen Partei, auch bei den eigenen Jugendorganisationen nicht durchkommen, gehen Sie jetzt auf die Überbringer dieser Nachrichten los und sagen, dass das Fake News sind. Sie drohen mit Urheberrechtsklagen, weil es realitätsgetreue Visualisierungen der Stadtautobahn gibt. Sie schließen Whistleblower-Seiten. Sie drohen AktivistInnen, die zukunftsfähige Politik einfordern. Sie drohen kritischen Wissenschaftlerinnen, die Ihre Fake News widerlegen. Sie drohen NGOs, die Klima- und Naturschutz einfordern. Sie drohen gemeinnützigen Unternehmen, die die Wahrheit über diese Projekte verbreiten, und KünstlerInnen, die den Widerspruch zwischen Ihren Sonntagsreden und der realen Politik in Wien hier und heute humorvoll auf die Schippe nehmen. Außerdem schrecken Sie auch nicht vor Minderjährigen und vor sogenannten mentalen UnterstützerInnen zurück. Was ist denn das Vergehen dieser mentalen UnterstützerInnen, wenn sie nachweislich noch nie einen Fuß auf einen dieser besetzten Orte gesetzt haben? Ist das dieses Gedankenverbrechen?

 

Ja, natürlich: Da geht es definitiv um die freie Meinungsäußerung. Ich glaube, die Nachricht, die Sie aussenden wollen, ist evident. Sie wollen sagen: Wer in Wien gegen Ludwig‘s Betonpolitik auftritt, dem wird eine betoniert. Diese Nachricht sollte ankommen, und sie ist angekommen: Es gibt Jugendliche, die Angst haben, dass sie mit Millionenklagen eingedeckt werden. Es gibt Jugendliche, die sich fragen, ob sie jetzt überhaupt noch zu einer Klima-Demo gehen dürfen oder ob sie dann von der Stadt Wien verklagt werden. - Ja. Das ist ein Problem.

 

Jetzt komme ich kurz zu Kollegen Deutsch, der heute nicht mehr hier ist. Er hat sich unlängst zu diesem Vorgehen, nämlich zu SLAPP-Klagen, geäußert. Und er hat etwas gesagt, wobei ich das Zitat leicht verfremdet habe: Die Alarmglocken schrillen. Wer es wagt, auch nur leise Kritik zu formulieren, wird attackiert, diskreditiert und mit Klagsdrohungen mundtot gemacht. - Deutsch ist über diese doppelte Niedertracht entsetzt. Die SPÖ verklagt das Volk. Diese SPÖ-Taktik der SLAPP-Klagen gegen UserInnen sozialer Medien dient einzig der Einschüchterung, ist zutiefst undemokratisch und muss von der SPÖ beendet werden, so Deutsch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Für viele ist diese Klagsdrohung nicht nur ärgerlich, sondern existenzgefährdend. Deutsch ist entsetzt. Trotz massiver Kritik werden diese Klagsdrohungen offenbar nicht zurückgezogen. Diese Entwicklung sei brandgefährlich. Und so weiter, und so fort. Ich habe einfach dort, wo ÖVP steht, SPÖ eingesetzt. Daran werden Sie erkennen, dass Sie Ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden.

 

Was wäre jetzt zu tun? - Das ist vollkommen klar. Erster Schritt: Die Evaluierung anerkennen, anstatt Klimaschutzprojekte einklagen. Vertrauensbildende Maßnahmen setzen, denn nach dieser Ihrer Rede würde ich auch nicht mit Ihnen reden wollen, Herr Bürgermeister! Klagsdrohungen zurückziehen, entschuldigen, Weihnachtsfrieden ausrufen. Dann das Gesprächsangebot der Klimabewegung an und ernst nehmen und gemeinsam klimafreundliche Alternativen für Mobilität und Stadtentwicklung vorantreiben.

 

Ihr stellvertretender Klubobmann im Nationalrat hat das gesagt: „Österreich könnte Vorreiter sein gegen diesen Missbrauch der Justiz zur Einschüchterung.“ - Ich hoffe, Herr Bürgermeister, Sie kommen am Ende doch noch zu Sinnen und wollen nicht, dass die Stadt Wien Vorreiter wird, nämlich Vorreiter im Sinne von undemokratischen Einschüchterungen in Österreich!

 

Zuletzt bringe ich noch drei Anträge ein. - Der erste Antrag besagt: Wien braucht einen Klimajugendrat. Der zweite Antrag betrifft die Aufnahme von Gesprächen mit KlimaaktivistInnen zur Deeskalation und Vertrauensbildung durch Verantwortliche der Stadt Wien. Im dritten Antrag geht es um eine Ausrufung des Weihnachtsfriedens in den Baustellen der Stadtstraße. - Danke.

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau GRin Mag. Abrahamczik. Sie sind am Wort, Frau Gemeinderätin.

 

19.29.04

GRin Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Stadtregierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kolle

 

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