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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 98

 

Es ist schon vieles gesagt, die Redezeit ist beschränkt, ich werde mich auf das Wesentlichste konzentrieren, auch wenn es viel zu replizieren gäbe bei den letzten Wortmeldungen. Es ist ja interessant, dass wir erstmals nicht nur ein Doppelbudget diskutieren, sondern auch ein Corona-Budget, leider Gottes mittlerweile zum zweiten Mal. Es ist wirklich, und es wurde schon von einigen Vorrednern nämlich quer durch die Oppositionsreihen angesprochen, schon bemerkenswert, dass man gerade in einer Zeit, wo die pandemische Entwicklung der nächsten Wochen genauso unvorhersehbar ist wie die wirtschaftliche Entwicklung, trotzdem auf ein Doppelbudget setzt, wo man sehr viel schon in gegossene Blöcke gießt und nicht mehr die Flexibilität hat, die gerade jetzt und gerade beim wirtschaftlichen Aufschwung, der nach der Bewältigung der Pandemie kommt, so dringend notwendig wäre.

 

Aber es ist ja nicht das erste Mal, dass uns bewusst wird, dass Beweglichkeit für die Stadtverwaltung der SPÖ-Wien ungefähr so ein Anliegen ist wie die Beweglichkeit eines Flugzeugträgers, nämlich keine große. Wir müssen das zur Kenntnis nehmen, trotzdem schmerzt es ein bisschen. Der Herr Stadtrat, er ist jetzt kurz rausgegangen, hat ja seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018 von uns durchaus immer auch Vorschusslorbeeren bekommen, weil er ein ehrliches Interesse, zumindest uns gegenüber, immer dahin gehend gezeigt hat, dass es auch dem Wirtschaftsstandort in dieser Stadt gut geht. Er ist ja ein Mann der Wirtschaft, wie er auch sehr gerne erst jüngst in einem Interview mit der Tageszeitung „Krone“ thematisiert, wenngleich nicht der Privatwirtschaft, so immerhin der Kommunalwirtschaft, aber sei‘s drum. Wir haben uns 2018 einen neuen Sepp Rieder gewünscht, ältere unter den Kollegen können sich vielleicht noch erinnern, ein sozialdemokratischer Finanzstadtrat, der bei allen Unterschieden und bei all seiner sozialdemokratischen Weltanschauung trotzdem wusste, dass er à la longue nicht mehr Geld ausgeben kann, als er einnimmt. Aber diese Entwicklung und die Hoffnung in diese Entwicklung haben sich nicht erfüllt. Und wenn ich mir das heutige Budget anschaue, dann muss ich wirklich sagen, es ist eher ein Fortschreiben des Weges der Renate Brauner.

 

Das will ich auch durchaus gut begründen. Wir haben, es ist mehrfach schon angesprochen worden, ein Defizit von gut 1,7 Milliarden EUR, und in Corona-Zeiten ist es nicht das Erste, was mir einfällt, Defizite zu kritisieren, gibt es im Bund auch, gibt es in vielen verschiedenen Bereichen und wahrscheinlich rund um den Erdball, weil man natürlich mit dieser Pandemie zu kämpfen hat und auch mit den wirtschaftlichen Schäden, die daraus entstehen. Nur, schauen wir uns das Wiener Defizit doch genauer an. Ist es wegen der sinkenden Ertragsanteile des Bundes, das Geld, das Wien ja auf Grund des Finanzausgleiches vom Bund überwiesen bekommt, ein Finanzausgleich, der aus Wiener Sicht übrigens sehr, sehr gut verhandelt wurde? Nein, das kann es wohl nicht sein, weil die Ertragsanteile für das 21er Budget schon bei 97 Prozent des Vor-Corona-Niveaus liegen und für 22 sogar über dem Vor-Corona-Niveau einen neuen Höchstwert erreichen. Also die Ertragsanteile können es nicht sein. Dann bleibt eigentlich nur, wenn man Corona als Ausrede gelten lassen möchte, die Corona-Hilfen. Und da hat der Kollege Ornig zuerst völlig richtig gesagt, dem Unternehmer, der Unternehmerin ist es völlig gleichgültig, woher die Hilfe kommt, vom Bund oder vom Land. Das Land hat es hier wirklich sehr gut verstanden, gemeinsam, diese beiden Regierungsfraktionen, eines zu tun, auf den Bund zu zeigen. So war es dann auch, dass in einem Zeitraum, in dem der Bund 8,2 Milliarden nur an Wiener Unternehmerinnen und Unternehmer, nur an Wiener Steuerzahlerinnen und Steuerzahler überwiesen hat, die Stadt 416 Millionen in einem Zeitraum von März 20 bis September 21 ausgezahlt hat. Gut, dass zumindest dieses Geld geflossen ist, aber auch damit sind 1,7 Milliarden jedenfalls nicht zu erklären. 500 Millionen Defizit durch Corona, ja, hätten wir sofort geschluckt. 1,7 Milliarden zeigen leider Gottes eher die Reformunwilligkeit und den geringen Mut, der in dieser Regierung steckt. Wien bleibt stabil.

 

Da hat Peter Hanke ausnahmsweise einmal recht, leider Gottes im negativen Sinn. Man geht keine strukturellen Reformen an. Man denkt lieber in alter sozialdemokratischer Manier daran, den Steuerzahler zu belasten, an der Steuer- und Gebührenschraube zu drehen. Man erhöht und erhöht und erhöht die Einnahmen und vergisst, die Ausgaben auf Zweckmäßigkeit und Effizienz zu durchleuchten. Und, meine Damen und Herren, es wurde hier so oft gesprochen, was denn nicht alles effizient und transparent gemacht wird jetzt in dieser neuen Regierungskonstellation. Leider ist nicht viel davon zu bemerken, obwohl man, und auch daran können sich die Älteren unter den Abgeordneten vielleicht noch ganz gut erinnern, schon im Jahr 2016 nach der letzten Wahl darangegangen ist, effizient sozusagen Potenziale zu heben. Da gab es, und das ist natürlich auch besonders interessant, wenn man ein Ding so nennt, den Wiener Strukturreform- und Ausgabenlenkungsausschuss, kurz WiStA. Das sollte antibürokratisch wirken, dieser Wiener Strukturreform- und Ausgabenlenkungsausschuss.

 

Und lustigerweise, ich muss auf meine Uhrzeit achten, aber es gab vor wenigen Tagen einen bemerkenswerten Fall, den Verwaltungsgerichtshofentscheid nämlich gegen einen Regress der Stadt Wien, eine Revision der Stadt Wien, die partout nicht wollte, dass die gesammelten Ideen in diesem Effizienz- und Transparenzunding namens Wiener Strukturreform- und Ausgabenlenkungsausschuss auch publik werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber einem Kläger recht gegeben und jetzt sind sie aufgelistet, die Ideen, die dieser Stadt Wien beim Thema Effizienzsteigerung ernsthaft kamen. Man muss dazu wissen, der Herr Magistratsdirektor durfte diesen Ausschuss leiten und die Stadträtinnen Brauner, Frauenberger und Vassilakou saßen da drinnen. Und was gab‘s dafür so Ideen? Vorschlag 11 zum Beispiel: Einstellung der Vorhangreinigung. Vorschlag 27: Einsparung durch Kürzung der Bezirksbudgets um 5 Prozent, als wären diese Bezirksbudgets eh nicht schon ganz enge Korsetts für die Bezirke, die kaum Geld für Spielräume haben. Vorschlag Nr. 32, auch interessant:

 

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