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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 25.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 99

 

Bereich der Männer stattfinden. Und deswegen ziehen wir an einem Strang.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Auer-Stüger. Ich erteile es ihm.

 

12.00.15

GR Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

„Don’t be that guy!“ - so lautet eine aktuelle Kampagne der Polizei in Schottland. In den dazugehörigen Videos richten sich Männer an Männer. Diese Männer in den Videos thematisieren die Gewalt an Frauen, und sie fordern die zusehenden Männer auf: Sei du nicht dieser Typ!

 

Warum braucht es das? - Wenn wir heute über Gewalt an Frauen reden, müssen wir auch darüber reden, wer diese Gewalt ausübt, und das sind Männer. Wir müssen uns auch fragen, weshalb Männer glauben, das tun zu können.

 

Gewalt beginnt bei verbaler Belästigung, geht über psychischen Druck und endet leider viel zu oft bei körperlicher Gewalt, und dann leider auch beim Mord. Wir haben die Zahlen heute schon öfters gehört: 20 Prozent aller österreichischen Frauen ab 15 Jahren waren schon von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen, ein Drittel der Frauen wurde sogar einmal in ihrem Leben sexuell belästigt. In Wien hatten wir im letzten Jahr über 6.400 angezeigte Delikte zu Gewalt in der Privatsphäre, und da müssen wir auch noch über die Dunkelziffer reden, also jene Fälle, die nicht zur Anzeige kommen. Diese Zahlen sind erschreckend hoch, und sie machen das Ausmaß der Gewaltbereitschaft unter Männern deutlich.

 

Wir müssen die Männer auf individueller Ebene adressieren, wir müssen Angebote machen und gleichzeitig klare und unmissverständliche Grenzen aufzeigen. Bei Gewalt, psychisch oder physisch, müssen wir laut Stopp sagen. Aber als Politiker - und ich richte mich in diesem Fall an die Männer unter uns - ist es unsere Verantwortung, über die Strukturen in unserer Gesellschaft zu sprechen, die Männer gewalttätig werden lassen.

 

Ich bin sehr froh, dass die zuständige Stadträtin Kathrin Gaál im vorliegenden Budgetentwurf, den wir nächste Woche diskutieren und beschließen werden, den Ausbau der Angebote der Männerberatung vorgesehen hat. Mit der Erweiterung des Antigewalttrainings wird dieses Angebot nun auch für Männer ermöglicht, die ohne gerichtliche Verpflichtung eine Veränderung ihres Aggressions- und Gewaltverhaltens anstreben. Wir setzen früher an. Vordergründiges Ziel ist die unmittelbare und langfristige Beendigung aller Formen von physischer und psychischer Gewalt. Eines ist bei diesen Angeboten aber klar: Es hängt ausschließlich von der Entscheidung der Männer ab, ob dem eigenen Verhalten Grenzen gesetzt werden.

 

Gewalt ist jedoch nicht auf das männliche Individuum beschränkt. Gewalt ist Teil unserer Gesellschaft, und darüber müssen wir reden. Unser politisches Ziel ist generell eine gewaltfreie Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der selbstbestimmtes Leben in Freiheit und solidarisches Verhalten aller möglich sind. Diesem Ziel widersprechen patriarchalische Strukturen nicht nur, sondern sie sind genau das Gegenteil davon. Jedoch wachsen wir in diesen patriarchalen Strukturen auf, Frauen sind ihnen tagtäglich ausgesetzt. Und wenn wir uns diese Strukturen nicht bewusst machen, sie nicht aufzeigen und entschieden aktiv an deren Veränderung arbeiten, dann wird es diese Strukturen auch weiterhin geben, und dann wird es auch die mit ihnen verbundene Gewalt weiterhin geben.

 

Das heißt, es ist die Verantwortung von uns Männern, etwas dagegen zu unternehmen. Das beginnt zum Beispiel bei der Erziehung unserer Söhne. Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit ist nicht das Hobby der Schwester oder der Mutter, es ist auch unsere Verantwortung als Männer, sie zu verwirklichen.

 

Alexander Haydn von der Männerberatung wurde heute auf „orf.at“ mit dem Satz zitiert: „Was ein Kind ist und wird, haben wir als Gesellschaft aus ihm gemacht.“ - Falsche Rollenbilder und Rollenklischees führen bei heranwachsenden Burschen und Männern zu gefährlichen Vorstellungen ihrer eigenen Männlichkeit. Das müssen wir verhindern, und das ist auch ein positiver Beitrag für die männlichen Heranwachsenden. Es befreit sie von überkommenen und veralteten Geschlechtszuschreibungen.

 

Aber auch über das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern müssen wir sprechen. Wir kennen diese Gefälle in Bildungssystemen, in der Arbeitswelt, in der Politik, in der privaten Lebensführung. Ansonsten müssten wir nicht über Equal Pay Day, Equal Pension Day oder notwendige Quoten reden. Dieses Gefälle besteht in der ungerechten Verteilung von Einkommen, in ungleich verteilten Mitspracherechten. Und das müssen wir gemeinsam verhindern - wir Männer, wir WienerInnen, wir alle, die in einer gewaltfreien Gesellschaft leben wollen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Aktuelle Stunde ist beendet.

 

12.06.00 Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien sechs, des Grünen Klubs im Rathaus fünf, des Klubs der Wiener Freiheitlichen acht schriftliche Anfragen eingelangt sind.

 

Vor Sitzungsbeginn sind von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien fünf Anträge und des Klubs der Wiener Freiheitlichen ein Antrag eingelangt. Den Fraktionen wurden die Anträge schriftlich bekannt gegeben, die Zuweisungen erfolgen wie beantragt.

 

12.07.00 Die Anträge des Stadtsenats zu den Postnummern 1, 2, 5, 6, 15, 20, 21, 23, 25, 26, 31 bis 34 und 38 bis 41 gelten gemäß § 26 der Wiener Stadtverfassung als bekannt gegeben. Bis zu Beginn dieser Sitzung hat kein Mitglied des Gemeinderates zu diesen Geschäftsstücken die Verhandlung verlangt. Ich erkläre daher gemäß § 26 der Wiener Stadtverfassung diese als angenommen und stelle fest, dass die im Sinne des § 25 der Wiener Stadt

 

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