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Gemeinderat, 13. Sitzung vom 22.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 118

 

Warum soll also Afghanistan der zentrale Punkt der österreichischen Flüchtlingspolitik sein, wie uns Herr Bürgermeister durch seine Forderung mitteilen wollte? Wieso sollen wir weitere Flüchtlinge von dort aufnehmen, oder gibt es nicht andere wichtigere Sicherheits-, Migrations- und Integrationsprobleme in Europa, Österreich und vor allem auch in Wien?

 

Bevor wir darüber sprechen können, was im Fall von Afghanistan sinnvoll ist, müssen wir einmal die Gesamtlage in Europa betrachten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Italien und Spanien pochen seit 2020 rund 100.000 Flüchtlinge an die Tore Europas, und die Zahl ist steigend. Während auch durch die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, wie EU-Außengrenzschutz und Hilfe vor Ort, die Flüchtlingszahlen in Griechenland drastisch sinken, steigen sie an anderer Stelle dramatisch an.

 

Die Flüchtlingszahlen zeigen, dass Afrika das große Thema für Europa ist und generell unkontrollierte Flüchtlingsströme die soziale Sicherheit und den Wohlstand sowie unsere Freiheit bedrohen. Grenzkontrollen und Reisebeschränkungen sind heute wieder Realität. Wenn die europäischen Bürger das Gefühl bekommen, dass die europäische Politik keine klare Haltung einnimmt, werden die europäischen Freiheiten nicht mehr unterstützt werden. Alleine 30 Millionen Afrikaner in der Sahelzone sind ausreisewillig und suchen ihre Zukunft in Europa. 70 Prozent davon sind männliche Jugendliche.

 

Die Antwort des Wiener Bürgermeisters auf diese Szenarien, wir nehmen weitere Tausende Flüchtlinge auf, macht deshalb etwas fassungslos. Denn wo ziehen Sie angesichts dieser Zahlen die Grenze? Das ist reiner Populismus zum Schaden des sozialen Friedens in Wien. Die Frage stellt sich: Warum soll sich Wien überhaupt an dieser Sache beteiligen - meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Vorrednerin hat es angesprochen -, wenn Wien bereits massiv belastet ist und die Frage der Sicherheitslage auch uns betrifft?

 

Die Statistik der Asylanträge sagt, dass Österreich 2021 bereits 18.000 Asylanträge zu bewältigen hat, Deutschland im Vergleich zur Einwohnerzahl nur etwa halb so viele. Auch in Italien und Frankreich ist die Zahl ähnlich. Das heißt, Österreich und auch Wien sind bereits massiv belastet, sowohl im Sozialsystem als auch im Verwaltungsapparat. Dass Wien nicht mitkommt, beweist das Chaos bei der Magistratsabteilung 35, welches die SPÖ als Regierungspartei zu verantworten hat, meine sehr verehrten Damen und Herren.

 

Wenn wir heute am Vormittag gehört haben, dass das auf Grund bundesgesetzlicher Regelungen passiert ist, hoffe ich doch, dass die Mitglieder des Bundesrates die Wiener Stadtregierung informiert haben, dass am 1.9.2020 das Gesetz für Verfolgte des NS-Regimes in Kraft getreten ist und seit einem Jahr in Kraft ist. Das heute heranzuziehen, um zu sagen, in der MA 35 haben wir leider zu wenig Personal und keine vernünftige Technologie, ist also eine vollkommene Negierung der eigenen politischen Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

 

Deshalb sprechen wir als ÖVP von Hilfe vor Ort. Diese sollten wir gemeinsam lösen. Außenminister Schallenberg hat in der „Pressestunde“ am Sonntag davon gesprochen, dass mit Verwunderung bei den Golfstaaten und in den Regionen rund um Afghanistan gesehen wird, dass man in Europa hauptsächlich über Migration und nicht über die Sicherheitsfrage diskutiert. Ich bin deshalb froh, dass unsere Bundesregierung genau hier richtige Maßnahmen setzt. 13 Staaten werden derzeit durch das österreichische Bundesheer im Rahmen von UN-Missionen betreut, um Sicherheit vor Ort herzustellen, ganz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, welche in erster Linie Maßnahmen zur Sicherheit vor Ort und nächst dem Herkunftsland verlangt. Ziel ist es, zu verhindern, dass sich Menschen überhaupt auf den Weg machen, wie es unser Bundeskanzler Sebastian Kurz immer wieder betont.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb Hilfe vor Ort statt Fluchtkorridore und Aufnahmediskussionen, wie auch von der zuständigen EU-Kommissarin Johansson, wiederum einer Sozialdemokratin, verlangt. Das ist der vollkommen falsche Ansatz und wurde von unserer Regierung bereits massiv zurückgewiesen.

 

Es ist auch der falsche Ansatz für Wien und die Wiener Bevölkerung, denn: Was kann man bei der Hilfe vor Ort tun? - Da hat unser Innenminister bereits Handlungen gesetzt: Unterstützung in Griechenland, Lettland durch Polizeikräfte und Schulungen, zusätzliche humanitäre Unterstützung und Hilfslieferungen an Griechenland und UNHCR. Und die Hilfe vor Ort funktioniert, denn die Flüchtlingszahlen in Griechenland sind von 13.000 2020 auf 4.000 2021 gefallen.

 

Deshalb ist es wichtig, in Afghanistan humanitäre Hilfe vor Ort zu leisten. Wie kann diese Unterstützung ausschauen? - Zum Beispiel in der Art und Weise, wie unsere Bundesregierung sie sieht. 20 Millionen EUR Hilfe vor Ort, aufgeteilt auf Rotes Kreuz und UNHCR, auch die UN-Frauenorganisation, 11 Millionen in den vergangenen Jahren. Damit können Ortskräfte vor Ort den Einsatz entscheiden, können hunderttausende Menschen retten. 10 Millionen EUR bedeuten 100.000 Menschen gerettet vom UNHCR, 200.000 Menschen beim World Food Program.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind wirkliche Hilfsaktionen, die den Menschen vor Ort entsprechend helfen, und keine Flüchtlingsdiskussionen, wie wir mehr Menschen nach Wien holen. Wien hätte somit auch Möglichkeiten statt Lippenbekenntnisse. Unser Antrag als ÖVP weist hier den Weg, denn Wien hat, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, im österreichischen Ländervergleich einiges an Luft nach oben. Wir sind an fünfter Stelle bei den EZA-Geldern.

 

Was sind die Herausforderungen für Wien, über die wir reden sollten? - Integration und Sicherheit von jenen, die schon hier sind, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Österreich beherbergt heute schon 43.000 Afghaninnen und Afghanen, 20.000 davon in Wien. Das ist die zweitgrößte Gruppe Europa-weit nach Schweden und die viertgrößte weltweit, wenn man Pakistan und Iran dazuzählt.

 

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