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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.05.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 97

 

auch wirklich für die Zukunft erhalten bleibt. Unsere Verantwortung ist es, für die nächste Generation unsere Bräuche, unsere Kultur und auch die Lebensart zu erhalten - das steht ganz außer Frage.

 

Wenn aber jetzt die Stadt Wien wieder immens hohe Summen für einzelne Vereine bewilligen soll, muss man sich das schon genauer anschauen und die Frage stellen, ob das hier ausgegebene Geld wirklich ein Beitrag zu Kunst, Musik, Kultur, Brauchtum ist oder ob die Stadtregierung da vielleicht ganz andere Motive verfolgt.

 

Beim WUK soll es wieder um eine Erhöhung um zig Tausend Euro Steuergeld gehen, und die Förderung für den Trägerverein soll ab 2022 um satte 23 Prozent erhöht werden, von 1,37 Millionen auf 1,8 Millionen EUR - und das, obwohl schon 22,4 Millionen EUR für die Sanierung gebraucht werden.

 

Da fragt man sich schon, ob das jetzt noch zielgerecht, zielführend ist, gerechtfertigt ist, vertretbar ist. Ich muss dazusagen, wir haben jetzt nicht prinzipiell etwas gegen das WUK, aber man muss schon schauen, ob diese Förderungen, diese Subventionen dann auch angemessen und gerechtfertigt sind.

 

Auch bei der Kunst im öffentlichen Raum GmbH geht es ja um eine zu 100 Prozent stadteigene Gesellschaft, und auch dort soll das Körberlgeld aufgestockt werden. Da soll es für dieses Jahr um 1,1 Millionen EUR gehen. Jetzt sollen wir 300.000 EUR zustimmen und dann im Herbst noch einmal 800.000 EUR. Wenn ich mir diese Gesellschaft näher anschaue, dann erkenne ich da nicht wirklich den großen Einsatz für Kunst und Kultur für die Stadt. Da sehe ich Kooperationen mit Wiener Wohnen, da sehe ich Kooperationen mit den Wiener Linien zum Ausbau - man könnte also fast glauben, dass es vielleicht auch da um PR-Budget für Projekte geht, die für die Stadtregierung misshandelt werden.

 

Jetzt möchte ich noch einmal betonen: Als neue Volkspartei ist es uns wichtig, dass das WUK unterstützt wird, dass aber eben auch die Häuser zur Sanierung unterstützt werden, dass auch für den U2- und den U5-Ausbau Geld investiert wird und zur Verfügung gestellt wird. Das Problem sehen wir aber dort, wo dieses Geld, das wir jetzt für die Übersubventionierung von Einzelnen ausgeben, nämlich fehlt.

 

Das bringt mich jetzt zu einem Thema, wo die Stadt Wien die Entwicklung der letzten Jahre im Kulturbereich wirklich konsequent verschlafen hat. Es geht um unsere öffentlichen Musikschulen. Schaut man auf die Website des Wiener Tourismusverbandes, dann sieht man dort wirklich in großen, fetten Lettern: „Willkommen in der Welthauptstadt der Musik!“ - Und ja, das stimmt, wir können wirklich und wir müssen auch stolz sein auf unsere große Vergangenheit. Und ja, Wien als Kaiserstadt hat deswegen ganz viele Menschen angezogen, die begeistert sind - das steht fest, daran gibt es auch keinen Zweifel und daran ist nicht zu rütteln -, und von diesem Ruf profitieren wir bitte auch heute noch. Er geht zurück auf diese berühmten Komponisten aus dem Zeitalter des Barocks, aber jetzt fragen sich wirklich viele: Was machen wir, damit wir diesen Ruf nicht wieder verlieren oder damit das so bleibt? Wie steht es um diese Welthauptstadt der Musik und der Kultur? Wie steht es heute um unser kulturelles Erbe und vor allem auch - auch das ist ganz wichtig - um den Nachwuchs, damit das auch so bleibt? Wer kümmert sich darum?

 

Hier haben wir als Politiker wirklich unsere Aufgabe, und hier gibt es einen klaren und dringenden Handlungsbedarf. Die zentralste Aufgabe dabei ist, dass wir die Menschen, die jungen Menschen, unsere Kinder dabei unterstützen müssen, sich zu entfalten, und ihnen die richtigen Rahmenbedingungen geben müssen. Wir müssen die Talente auch fördern, damit die Welthauptstadt auch Welthauptstadt bleibt!

 

Ganz wichtig ist - das möchte ich jetzt auch nicht vergessen -, dass es ja Gott sei Dank auch etwas Positives zu erwähnen gibt: Wir haben ja Gott sei Dank 12.000 Musikschulplätze. Es werden auch Investitionen in den Stadtentwicklungsgebieten und den Filialstandorten dort getätigt. Die Stadt bemüht sich bei den bestehenden Standorten auch um deren Sanierung. Glasklar ist aber: Wir müssen ein bisschen mehr tun als das, damit wir wieder zu der Größe zurückkommen, die wir aus unserer Vergangenheit bekommen haben, und wir müssen unsere jungen Talente fördern. Das haben sie sich verdient!

 

Jetzt zeigen die Zahlen, die wir angefragt haben, sehr deutlich, dass wir im Bereich der öffentlichen Musikschulen chronisch unterfinanziert sind. Einige Bezirke haben leider gar keine öffentlichen Musikschulen. Hier hat man massiv abgebaut und muss weiter investieren. Wir haben in den letzten zehn Jahren ein Drittel weniger Erstaufnahmen. 2010/2011 waren es 3.800, jetzt sind es nur mehr 2.500, also viel zu wenige. Vorher konnte man drei Viertel der Leute aufnehmen, jetzt nur mehr ein Drittel. Das sind also alles unfassbar traurige Zahlen. Das Platzangebot ist heute auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der digitalen Aufzeichnung. Mit dieser Einstellung, die die Stadt Wien in puncto Musikschulplätze an den Tag legt, wird es halt leider nur mehr Privilegierten möglich sein, das Musizieren zu erlernen, ein Instrument zu erlernen. Dabei wissen wir ja - das ist wissenschaftlich erwiesen -, dass Musizieren auch die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen fördert.

 

Jetzt ist Wien diese Welthauptstadt der Musik, wie es der Wiener Tourismusverband schreibt, und das Angebot an Musikschulplätzen ist leider wirklich viel zu niedrig. Dass das Angebot jetzt wieder auf ein vernünftiges Maß ausgebaut wird, ist am Ende des Tages auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, denn es kann nicht sein, dass hier nur Besserverdiener einen privaten Musikunterricht in Anspruch nehmen können und Kinder, die vielleicht aus Familien kommen, wo sich die Eltern das nicht leisten können, keinen Platz bekommen. Das Angebot muss für alle Menschen, die musizieren können, gleich sein. Musizieren ist ein schönes Hobby. Man sagt ja, jeder Mensch ist musikalisch, und das muss auch unterstützt und gefördert werden. Jeder muss die Chance haben, ein Instrument erlernen zu dürfen.

 

Wir dürfen uns hier wirklich nicht ewig auf die großen Komponisten der Geschichte wie Haydn, Schubert, Strauss & Co verlassen, sondern wir müssen jetzt wirklich endlich auf unseren Nachwuchs achten.

 

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