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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 22.04.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 33

 

(Beginn um 11.56 Uhr.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf die 8. Sitzung des Wiener Gemeinderates eröffnen.

 

11.56.39Entschuldigt sind ganztägig: GRin Mag. Aslan, GR Dipl.-Ing. Dr. Gara, GR Mag. Kowarik, GRin Matiasek, GRin Dipl.-Ing. Olischar, GRin Dipl.-Ing. Otero García und GR Valentin. Ebenso gibt es kurzfristige Entschuldigungen.

 

11.57.11Vom ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Gemeinderates zum Thema „Postenschacher und Freunderlwirtschaft sowie maßgeschneiderte Ausschreibungen und Immobiliendeals - das ‚System Wiener SPÖ‘ innerhalb der Stadt Wien!“ eingebracht.

 

Der Herr Bürgermeister hat in Entsprechung des § 21 Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung im Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien zu dieser Sitzung eingeladen.

 

Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Gemeinderates auf Verlagen keine Geschäftsstücke verhandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben.

 

11.58.00Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien drei und des Klubs der Freiheitlichen eine schriftliche Anfrage eingelangt sind.

 

11.58.30Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens.

 

Ich eröffne die Debatte. Zur Begründung hat sich Frau GRin Korosec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr, wobei ich bemerke, dass ihre Gesamtredezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte, Frau Gemeinderätin.

 

11.58.51

GRin Ingrid Korosec (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer zu Hause!

 

Jene von Ihnen - ich muss schauen, ob ich jemand sehe -, die wie ich Mitglied der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord waren, fühlen sich wahrscheinlich, so wie ich, in den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ versetzt. Unklare, vielmehr unsaubere Auftragsvergaben standen dort in jeder Sitzung auf der Tagesordnung, und undurchsichtige Auftragsvergaben beschäftigen uns auch heute, schon wieder, in einem Sondergemeinderat.

 

Meine Damen und Herren! Die Lernwilligkeit der Stadtregierung ist verblüffend gering, man könnte fast sagen: beleidigend gering.

 

Kurz die Fakten: Der Gesundheitsverbund schreibt 5 Computertomographen für die Klinik Donaustadt aus, Wert: 8,5 Millionen EUR. Der Text der Ausschreibung ist - sagen wir es freundlich - sehr tendenziös. Gefordert wird ein technisches Detail, das mit der Praxistauglichkeit der Geräte und der Qualität der Bildgebung absolut nichts zu tun hat. Es gibt nur einen Anbieter, der diese Forderung erfüllen kann. Zufällig, rein zufällig arbeitet die ehemalige Gesundheitsstadträtin für genau dieses Unternehmen - und damit das Kind einen Namen hat: Sonja Wehsely und Siemens Healthcare Diagnostics. Der andere potenzielle Bieter, nämlich Canon Medical Systems, lässt sich das nicht gefallen und erhebt Einspruch bei Gericht. Und das ist nicht selbstverständlich, das kommt sogar sehr selten vor, und da muss ich schon sagen: Ausdrückliche Anerkennung für diese Courage - eine Courage und ein Mut, die sich ausgezahlt haben, denn: Das Landesverwaltungsgericht Wien hat dem Einspruch recht gegeben und die komplette Ausschreibung - nicht nur einen Teil, sondern die komplette Ausschreibung - für diesen Auftrag für nichtig erklärt und aufgehoben. Der Anwalt von Canon spricht im „profil“ von einer „deutlichen Watsche für die Stadt Wien und den Wiener Gesundheitsverbund“. Das kann man nur unterstreichen. Ich bezeichne diesen Vorgang vor allem als Armutszeugnis für die Wiener Regierungspolitik.

 

Denn: Hier wird ein System entlarvt, das in Wien nicht die Ausnahme ist, sondern häufig vorkommt. Der Ausschreibungstext des Gesundheitsverbundes wurde de facto in wesentlichen Teilen - wirklich in wesentlichen Teilen - passgenau an die Eigenschaften der Geräte der Firma Siemens angepasst, und teilweise wurden sogar wortwörtliche Auszüge und Begriffe der Datenblätter des Siemens CT-Systems übernommen und nicht einmal erklärt. Also eine unglaubliche Dreistigkeit!

 

Meine Damen und Herren! Die personelle Nähe des Siemens-Konzerns zur Wiener SPÖ macht keine gute Optik. Ich denke da an Politikerinnen, nämlich Frau StRin Brigitte Ederer, die im Jahr 2000 zu Siemens gekommen ist, oder jetzt Sonja Wehsely - wobei ich schon sagen muss, es ist nicht unüblich und ich verstehe das auch von Unternehmen, dass sich große Konzerne ehemalige Politiker oder Politikerinnen ins Management holen. Das „profil“ nennt es „die Geschichte einer jahrzehntelangen Freundschaft“. - Ja, Freunde darf man haben, da bin ich sehr dafür, aber ihnen öffentliche Gelder zuschanzen, das darf man nicht.

 

Genau diesen Eindruck, meine Damen und Herren, bekommt man aber bei dem aktuellen Fall: Das ist eine maßgeschneiderte Ausschreibung! Das wirft Fragen auf. Oder ist es nur dumm gelaufen?

 

Der zweite Anlass: eine Direktvergabe. Da schreibt man nicht einmal mehr aus, da macht man eine Direktvergabe von Ultraschallgeräten für Schwangere, weil man sagt, diese Überlegenheit bei der Firma General Electric ist so zu begründen, dass eine Ausschreibung gar nicht notwendig ist.

 

Meine Damen und Herren! Die Stadt Wien verstößt mit dieser maßgeschneiderten Ausschreibung und mit dieser Direktvergabe nicht nur gegen die Grundsätze des Vergaberechts, wie Transparenz, Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung, sondern untergräbt den ethischen Grundsatz der angemessenen und bestmöglichen Versorgung der Wiener Bevölkerung sowie deren Vertrauen in das Gesundheitssystem. Daher ist Handeln angesagt.

 

Der Herr Stadtrat, der natürlich nicht da ist - es wäre aber gut, wenn er da wäre -, hat gemeint, für den Beschaffungsvorgang ist er nicht zuständig, das ist operatives Geschäft des Managements des Gesundheitsver

 

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