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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 110

 

er sollte häufiger kommen und er sollte häufiger erwähnt werden. Frau Hungerländer kritisiert ihn nur. So sind die Unterschiede. Aber das muss man halt auch immer sehen. Was ich aber nicht verstanden habe, und das würde mich wirklich sehr interessieren, ist, dass Sie gesagt haben: Wenn Rot-Grün die Opfergruppen hofiert - und mich würde interessieren, welche Opfergruppen … (Zwischenruf.) - Aha, dann habe ich es falsch verstanden, dann nehme ich das zurück. Ich habe das nämlich nicht verstanden, aber das liegt vielleicht auch ein bisschen an ... Sie sagen also nicht, dass er hofiert werden soll, vermeintlich hofiert werden soll. (Zwischenruf.) - Okay, dann verstehe ich es.

 

Das Dritte ist, ich wollte wissen, ob Frau Hungerländer, wenn sie vom städteplanerischen Ansatz spricht, es lieber hätte, dass Stadtviertel sich teilen. Möchte sie vielleicht das dann so, wie das in den letzten hunderten Jahren in anderen Städten war im Gegensatz zu Wien? Wien hat immer eine sehr vernünftige Stadtplanung und Stadtorientierung in diesem Sinne gehabt, weswegen wir keine Ghettos in Wien haben. Wir haben keine „China Towns“ und wir haben keine sonstigen Towns, wie sie in vielen anderen Städten in anderen Staaten dieser Welt sind. Wenn man das möchte, okay, dann verstehe ich es, aber ich kann das nicht nachvollziehen und ich möchte das auch nicht.

 

Mich würde sehr interessieren, wie Frau Hungerländer Werte messen möchte, denn sie möchte, dass der ÖIF als Vorbild genommen wird. Ich habe mir aber sehr genau angeschaut, was der ÖIF jetzt während der Corona-Krise als Vorbild gemacht hat. Er hat einen Text ausgeschickt, der unwahr war. Er hat seinen Klientinnen und Klienten zum Beispiel gesagt, sie dürfen während der Corona-Krise nicht ins Freie gehen. Das muss man sich einmal genauer anschauen und den ÖIF einmal darauf ansprechen. (Zwischenruf.) - Nein, hat er nicht. - Sie können sich nachher dann noch einmal melden, jetzt rede ich.

 

Ich möchte auch noch etwas ganz Wesentliches sagen: Sie sprechen immer von Integration, von Menschen, die hier herkommen und denken überhaupt nicht nach, was denen geschieht, es ist ihnen auch egal. Sie haben auch nicht Hemayat als Organisation unterstützt, die genau diese Menschen dann versorgt, wenn sie in ihrem Trauma hier herkommen. Ich glaube, Flucht hier her zu schaffen, bedeutet, Mut zu haben, Kraft zu haben und unsere Solidarität zu bekommen. Solidarität zu bekommen, heißt auch, sich für eine Chancengleichheit und eine Gleichberechtigung anzustellen und darauf zu schauen, dass Stärken und Chancen gewahrt werden, gefördert werden und die Möglichkeit der Partizipation entsteht.

 

Wenn ich noch einen Bereich gut schaffen möchte, dann ist es, wenn Sie von Mehrsprachigkeit reden - ich habe es noch nie von Ihnen gehört, Herr Blind -, dass Mehrsprachigkeit etwas Positives ist. Ich kenne aber tausende Menschen, die stolz sind, wenn sie mehrere Sprachen sprechen und deren berufliche Chancen zig Mal höher sind und die mehr Möglichkeiten gehabt haben als andere, die nur eine Sprache sprechen. Wenn Sie jetzt sogar davon ausgehen, dass es in den Informationsblättern der Stadt nur mehr eine Sprache geben soll, Entschuldigung, dann sind wir aber weit voneinander entfernt, was Informationsweitergabe ist. Es geht bei Informationsweitergabe nicht darum, Deutsch lernen zu müssen, es geht in der Informationsweitergabe darum, dass Informationen gegeben werden.

 

Wenn Sie finden, das Mehrsprachigkeit keine positive Ressource ist, dann sind wir wirklich ganz deutlich voneinander entfernt und dann schicken Sie halt die EnglischlehrerInnen weg, dann schicken Sie halt die FranzösischlehrerInnen weg, dann kritisieren Sie das halt im Bildungssystem, es tut mir leid. Ich hoffe, Sie haben es selbst genossen, dass Sie Englisch lernen konnten. Ich finde, hier sollte man wirklich einmal deutlich machen, wie wichtig Mehrsprachigkeit ist und welche Chance es ist, mehrsprachig gebildet zu sein.

 

Deswegen gibt es Mehrsprachigkeit und deswegen sehe ich das so. Projekte, die zur Mehrsprachigkeit von der MA 17 2017 ins Leben gerufen wurden, zeigen, wie wichtig das ist, sie werden ja auch in Kooperation mit der Bildungsdirektion, mit der Stadt Wien, mit den Kindergärten, den Büchereien durchgeführt. Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die das deutlich anerkennen, nämlich in der Mehrsprachigkeit und in der Muttersprachlichkeit oder Erstsprachlichkeit, wie wir sagen. Die LesepartnerInnen zum Beispiel, die lesen ehrenamtlich und regelmäßig, mindestens ein Mal in der Woche mit Kindern in deren Muttersprache. Dies erfolgt dann in zeitlichen und räumlichen organisatorischen Rahmenbedingungen der Volksschulen, der Kindergärten und der Horte, denn nur wenn ich die Erstsprach gut beherrsche, werde ich auch jede weitere Sprache gut beherrschen, dementsprechend ist es wichtig, dass man mehrere Sprachen hat. Ich rede noch gar nicht davon, wie wichtig dann entsprechende Austausche sind, wie wichtig es ist, dass wir hier reden.

 

Zum Schluss - Herr Kollege Wiederkehr hat es mir vorher quasi schon weggenommen - zum Einwanderungsbereich: Wenn wir nicht versuchen, deutlich höhere Einwanderung zu schaffen, wenn wir nicht versuchen, mehrere Möglichkeiten zu schaffen - zum Wahlrecht wird jetzt zeitgleich zu meiner Rede von SOS-Mitmensch eine Diskussion dazu im Internet geführt, genau jetzt, nämlich seit drei Minuten -, dann sollte man sich entspannt anschauen, dass wir genau da weiter tun und genau da ansetzen, um wirklich allen die Möglichkeit zu geben, mitzubestimmen und mitzuklären.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau StRin Schweiger-Stenzel. Sie haben das Wort.

 

19.03.22

StRin Ursula Schweiger-Stenzel|: Danke schön für die Säuberung des Rederostrums. Es bringt mich dazu, zu erinnern, dass wir diese Debatte in Nach-Corona-Zeiten oder, Gott behüte, Vor-Corona-Zeiten führen und dass gerade Corona die schulische Situation in Wien und die Bildungssituation und die Arbeitsplatzsituation in Wien dramatisch verschlechtert hat, die Bildungsschere zwischen sogenannten bildungsfernen und bildungsnahen Schichten droht noch mehr zu erweitern, als sie es

 

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