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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 110

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Hungerländer. Ich erteile es ihr. Bitte.

 

17.39.22

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich spreche zunächst in Vertretung von Frau Kollegin Schwarz, die leider nicht da sein kann, aber mir drei Anträge mitgegeben hat, die sie gerne eingebracht hätte. Der erste Antrag betrifft jenen Bereich, den Frau Kollegin Emmerling bereits ausführlich behandelt hat, nämlich die externen Angebote in Kindergärten. Auch wir wollen natürlich, dass das zum Wohle der Kinder wieder ermöglicht wird.

 

Der zweite Antrag betrifft Behördenschikanen bei der Errichtung eines Kindergartens. Hier geht es darum, dass es relativ komplex und kompliziert ist, einen Kindergarten einzurichten. Wir sind der Ansicht, dass die verschiedenen Magistratsabteilungen, die beteiligt sind, besser aufeinander abgestimmt gehören und dass das angegangen werden muss.

 

Der dritte Antrag ist ein sehr regionales Anliegen, und zwar wird ein neues Familienbad für Wien-Leopoldstadt gefordert, weil es in diesem Bezirk einfach noch keines gibt und hier eine Lücke besteht, die wir gerne geschlossen hätten. Wir ersuchen um Zustimmung.

 

Etwas mehr eingehen werde ich auf den Bereich Integration, wobei ich gestehen muss, dass ich jetzt nicht die Rede mit habe, die ich eigentlich geschrieben hatte. Die war relativ gut strukturiert, relativ stringent strukturiert, würde ich meinen. Ich hätte mit einer kleinen Replik auf die letzten fünf Jahre Integrationspolitik begonnen, worüber wir diskutiert haben, was unsere Anliegen waren, was Gesprächsthema war, und dann hätte ich ein Negativszenario skizziert, also was passiert, wenn es so weitergeht mit dieser Integrationspolitik, Beispiel Stuttgart, Beispiel Frankreich. Das darf uns nicht passieren.

 

Ja, und dann ist Wien-Favoriten passiert und damit war meine Rede leider über den Haufen geworfen, denn auf einmal hat diese vermeintliche Zukunft die Gegenwart eingeholt und auf einmal ist dieses Negativszenario der Ist-Zustand geworden: Straßenschlachten, ethnische Auseinandersetzungen, türkischer Nationalismus auf den Straßen Wiens. Wie man von Ihren Vertretern immer wieder gehört hat, ist das ja gar kein Integrationsproblem, ist das ja kein türkischer Nationalismus, sondern das ist Radikalisierung, das ist Rechtsextremismus oder gewaltbereite Jugendliche oder Männerbünde, das habe ich auch gehört. Es ist aber nie, es ist niemals - komme, was da wolle und was da passiere - ein Integrationsproblem für Rot und Grün. Dabei muss man deutlich sagen, Wien hat ein Integrationsproblem, und zwar ein ganz massives.

 

Wobei ich sagen muss, dass diese Angelegenheit doch einen gewissen Zynismus hat. Nicht nur, dass die Antifa im Ernst-Kirchweger-Haus sitzt und justament die Polizei ruft, gegen die sie sonst immer demonstriert, nein, auch die türkische Kulturgemeinde TKG hat sich von der Gewalt völlig korrekterweise distanziert, aber sie haben auch einen Beisatz gesagt, nämlich dass sie nicht verstehen, warum Demonstrationen von Kurden justament dort stattfinden, wo so viele Türken leben. Da muss ich an Ihren Stehsatz denken: Jeder, der in Wien lebt, ist Wiener. Also ganz offensichtlich, meine Damen und Herren, hat sich das noch nicht bis Wien-Favoriten durchgesprochen.

 

Wieder einmal sind die Einzigen, die etwas unternehmen und tätig werden, die Bundesregierung. Ich wäre fast versucht, vorzuschlagen, wir gehen diesmal folgendermaßen vor: Sie tun einfach gar nichts, Sie beschränken sich darauf, weiterhin passiv zu bleiben, weil die Realitätsverweigerung, die Sie bis jetzt an den Tag gelegt haben, hat schon genügend Schaden in unserer Stadt angerichtet.

 

Ich werde jetzt in meiner Rede dennoch eine kleine Replik anführen, und zwar in drei Punkte geteilt: Erstens, die Debatte um das Integrationskonzept, die wir regelmäßigst geführt haben, zweitens, den Themenblock Transparenz und drittens, den Themenblock politischer Islam, alles bereits bekannte Bereiche. Dann in einem zweiten Teil werde ich auf zwei Anträge kommen, die wir einbringen und die unseres Erachtens für die unmittelbare Zukunft besondere Anliegen sind.

 

Als Neue Volkspartei haben wir regelmäßig die Erarbeitung eines Integrationskonzeptes gefordert, und dann haben Sie gesagt: Na, es gibt ja bereits ein Integrationskonzept. Und wir haben gesagt: Aha, das ist aber nicht das, was wir uns unter Integrationskonzept vorstellen. Warum nicht? Weil es keine Balance zwischen Rechten und Pflichten gibt. Es gibt keine klare Zieldefinition, das heißt, wie definieren wir Integration, wann ist eine Person integriert.

 

Dieser Satz, den Sie, wie bereits gesagt, immer anführen - Jeder, der in Wien lebt, ist Wiener -, ist erstens illusorisch und er ist zweitens gefährlich, weil die dahinterliegende politische Agenda, nämlich dass das Ausländerwahlrecht gefährlich und absolut abzulehnen ist. (Zwischenrufe.) Es ist mir klar, dass wir … Ja, ich gehe danach darauf ein. Es ist gefährlich, weil wir wissen, dass viele Menschen noch nicht so integriert sind, dass sie unseren Werten entsprechend abstimmen würden, und zwar unseren demokratischen Werten entsprechend.

 

Es ist mir klar (Zwischenruf.) - demokratische Werte, Herr Kollege, ich habe ganz bewusst demokratische Werte gesagt -, es ist mir absolut bewusst, dass wir unterschiedliche Ansprüche an Integration stellen, das ist mir völlig klar. Wir definieren Integration eben auch kulturell, wir definieren Integration eben auch mit einer Wertedimension. Ich habe verstanden, dass die Stadtregierung das anders sieht. Hier bestehen eben Differenzen, und wir hoffen, dass diese Differenzen nach der Wahl nicht ausgehoben werden, aber dass die Politik in eine uns entgegenkommendere Richtung gestaltet wird.

 

Der zweite Punkt, der uns in Ihrer Integrationspolitik gefehlt hat, ist eben diese Balance zwischen Rechten und Pflichten. Das beginnt mit diesem ominösen „Start Wien“-Programm, das geht weiter über die Vereine, die ja alle Angebote sind und durchaus gut gemeint, aber es ist trotzdem das Motto: Wer will, der kann, und wer nicht

 

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