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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 29.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 93

 

laa. Dieses umzusetzende Bauprojekt umfasst am Rande der Laaer-Berg-Straße fünf Baukörper, angrenzend an das dörflich geprägte Ortsbild von Oberlaa. Dort soll unter anderem ein Turm mit 35 m Höhe errichtet werden. Das Ganze war auch schon in der öffentlichen Auflage der Flächenwidmung und hat - no na ned! - sehr viele negative Stellungnahmen eingebracht. Es hat dann von Seiten der Bezirksvertretung auch eine entsprechende Stellungnahme gegeben, die allerdings relativ zahnlos war, nämlich dass man bitte den Bauträger ersuchen soll, die 35 m zu überdenken. Das ist relativ zahnlos, dementsprechend hat es auch von der Freiheitlichen Fraktion keine Zustimmung gegeben.

 

Dann gibt es das zweite große Projekt, das auch schon gewissermaßen auf Schiene ist beziehungsweise wofür es bereits entsprechende konkrete Planungen auch schon bezüglich der Baukörper gibt: Am Südeingang des Kurparks Oberlaa soll es rund 25 Baukörper geben, was in der Dimension beziehungsweise Ausführung ebenfalls dem dörflichen Charakter Oberlaas entgegensteht. Es geht um das sogenannte Projekt Kurbadstraße: Auch diesbezüglich hat es - wie ich meine, vollkommen zu Recht - Gegenwind aus der Bevölkerung gegeben.

 

Bei diesen beiden Projekten war insbesondere das letzte schlichtweg ein Anstoß dafür, dass eine Bürgerinitiative gegründet wurde, die es bis dato auf rund 11.000 Unterschriften gebracht hat: Um das ein bisschen einordnen zu können: 11.000 Unterschriften bedeuten, dass das im 10. Bezirk jeder Zehnte Wahlberechtigte ist.

 

Dann gibt es das dritte große Projekt, nämlich die Stadtentwicklung in Rothneusiedl, wo gewissermaßen eine zweite Seestadt auch im 10. Bezirk errichtet werden soll. Sozusagen draußen auf dem grünen Acker beziehungsweise auf der grünen Wiese soll ein entsprechendes Stadtentwicklungsgebiet errichtet werden.

 

Die Aufregung war groß, die Frau Stadträtin beziehungsweise Vizebürgermeisterin hat dann dieses Bürgerbeteiligungsverfahren initiiert, und die Erleichterung beziehungsweise Vorfreude war doch groß, dass schlussendlich Rot und Grün draufgekommen sind, die Bevölkerung hier mit einzubinden.

 

Die Ernüchterung ist allerdings relativ schnell gekommen. Frau Kollegin Kickert hat ja von dieser Veranstaltung in der Ankerbrotfabrik berichtet. Ob dort tatsächlich 250 Personen waren, lasse ich einmal dahingestellt. Die Veranstaltung war aber jedenfalls gut besucht, Wir waren ja auch selbst dort anwesend. Die Ernüchterung war aber sehr groß, denn Bürgerbeteiligung, wie es Rot-Grün und insbesondere die Grünen verstehen, deckt sich nicht zwingend nicht mit dem Verständnis, wie es die Bevölkerung sieht.

 

Die Bevölkerung ist dort hingekommen. Man hat sich gedacht, dass das so sein wird wie bei einer Bürgerversammlung, dass man sich zu Wort melden, sich äußern und seine Wünsche entsprechend artikulieren kann. Tatsache war aber, dass das nach einer kurzen Einmoderation durch die begleitende Agentur eine Selbstdarstellung der Frau Vizebürgermeisterin und des Bezirksvorstehers war.

 

Es gab auf dieser Veranstaltung letztlich viele traurige Gesichter, weil den Leuten im Endeffekt ohnehin schon fix und fertig ausgestaltete Pläne vorgelegt worden sind, auf denen rot markiert war, wohin die entsprechende Projekte kommen. Ansonsten hätte man noch irgendetwas hinschreiben oder irgendwo eine Stecknadel hineinstecken können, wenn man sich halt noch etwas wünscht.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war natürlich nicht das, was sich die Bevölkerung vorgestellt hat! Nach dieser Veranstaltung ist heuer im Frühjahr dann auch noch diese Zeitung hier eingetrudelt mit dem Titel „Willst du mein Favoriten sein?“ Das ist eine sogenannte Projektzeitung, in welcher das aufscheint, was auf dieser Veranstaltung mit ein paar Stecknadeln markiert worden war, was sich die Leute wo wünschen. Sehr präsent war natürlich der Grünraum, unter anderem auch in den Gebieten, wo in Zukunft Stadtentwicklung passieren soll. Und auf der Rückseite war ein entsprechendes Formular beziehungsweise eine Dialogkarte - wie das genannt wird - zum Ausschneiden, wo man ankreuzen kann, was einem wichtig ist und was man bitte ausschicken soll.

 

Vor der heutigen Rechnungsabschlussdiskussion habe ich mir das noch einmal angeschaut. Ich bin ins Netz gegangen, weil Frau Kickert ja so schön angekündigt hat, was es da nicht alles gibt. Sie hat gesagt, dass man ein E-Mail schreiben kann, dass es einen Internetauftritt, eine tolle Zeitung, Veranstaltungen und alles Mögliche, quasi zur Selbstbeweihräucherung, gibt. Ich schaue mir jetzt diese Seite an: Tatsächlich gibt es dort eine Auswertung dieser Dialogkarten, die hinten in der Zeitung waren: Dort steht, dass diese Zeitung an 18.000 Haushalte im 10. Bezirk ergangen ist. - Die Rückmeldung war allerdings sehr überschaubar.

 

Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass das nicht an der Bevölkerung allein liegt! Wenn nämlich 11.000 Personen die Petition unterzeichnen, dass man den Lebensraum und den dörflichen Charakter dort erhalten möchte, dann liegt es mit Sicherheit nicht an der mangelnden Selbstmotivation, sondern vielleicht einfach daran, wie das die Damen und Herren von Rot und Grün und insbesondere von den Grünen eben handhaben.

 

Was schätzen Sie, wie viele Antwortsendungen von diesen 18.000 Zeitungen zurückgekommen sind? 200? (Zwischenruf.) Wer bietet mehr oder weniger? (Zwischenruf.) - Es sind leider sage und schreibe nur 70 Dialogkarten zurückgekommen, was in etwa einem Prozentsatz von 0,38 entspricht. Nur zum Vergleich dazu: Eine ehrenamtliche Bürgerinitiative schafft es, 10 Prozent der gesamten Wiener Wohnbevölkerung zu begeistern. Sie mit Ihrem gesamten Magistratsapparat im Hintergrund und einer Agentur, die das ja auch entsprechend ausrichtet, schaffen es hingegen gerade einmal, 70 Antwortrücksendungen einzuholen!

 

Es gibt dann auch noch entsprechende Kennzahlen, was sich die Leute wo wünschen: Eine Person wünscht sich in Rothneusiedl Bebauung. Das ist halt nicht wirklich repräsentativ, sondern das ist, mit Verlaub, schwer desaströs!

 

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