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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 29.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 93

 

immer wieder spannend. Schaut man sich an, was allein heute für Zahlen genannt wurden, dann kann man diese ganze Diskussion eigentlich leider Gottes nicht ernst nehmen, denn da passt irgendwie alles nicht zusammen.

 

Der Herr Finanzstadtrat hat gesagt, dass das erfolgreichste Projekt oder eines der sehr erfolgreichen Projekte die Homeoffice-Förderung war, durch die unglaubliche 2.900 KMUs gefördert wurden. Wissen Sie, wie viele KMUs es in Wien gibt? - Über 130.000, das entspricht genau einer Quote von 0,02 Prozent aller KMUs in Wien, denen mit dieser Förderung geholfen wurde, und das ist Ihr großer Stolz.

 

Die nächste Zahl, die ich nennen muss, die auch hier genannt wurde, ist ebenso spannend: Neben der KMU-Förderung haben Sie heute die Taxiförderung und die Gastro-Gutscheine erwähnt, und bei der Taxiförderung haben Sie gesagt, es wurden 280.000 Fahrten über die Bühne gebracht. Rechnen wir ein bisschen: Es wurden 1,5 Millionen EUR überwiesen. Wir wissen, 10 Prozent von dieser Förderung von 15 Millionen EUR sind nur angenommen worden, 1,5 Millionen EUR sind ausgeschüttet worden. Jeder Taxivermittler kriegt pro Fahrt in Wien 4 EUR - wir rechnen 280.000 Fahrten mal 4, das ergibt 1,120 Millionen EUR. Das heißt, von diesen 1,5 Millionen EUR, die eigentlich als Wirtschaftsförderung in die Taxibranche hätten gehen sollen, sind heiße 380.000 EUR übrig geblieben - das ist beschämend, meine Damen und Herren.

 

Die letzte Zahl, bevor ich zu meiner Rede komme - auf diese Zahlen muss ich einfach eingehen -, betrifft die Gastro-Gutscheine: Ein Drittel der Wirte hat das bis jetzt erst eingelöst, obwohl sie mittlerweile tatsächlich sehr lange Zeit hatten, sich zu registrieren, und ihre Registrierung extrem unbürokratisch ist. Sie haben gesagt, es wurden 68.000 Gutscheine in der ersten Woche eingelöst und 880.000 EUR ausgezahlt. Wenn ich jetzt hergehe und sehr konservativ die 68.000 Gutscheine mal 25 rechne, also die kleinere Gutscheinmenge, dann komme ich auf 2,45 Millionen EUR. 2,45 Millionen EUR, und Sie sagen, 880.000 EUR wurden ausbezahlt. Wo ist denn der Rest? - Wir reden hier schon jetzt über Thematiken, bei denen entweder das Geld nicht gleich oder nicht schnell genug ausbezahlt wird oder wir jetzt schon hinterherhinken, obwohl die Aktion gerade erst angefangen hat. Oder die Zahlen, die Sie uns nennen, sind schlicht und ergreifend nicht wirklich seriös, sage ich einmal.

 

Zudem möchte ich, bevor ich jetzt zu meiner Rede komme, sagen - denn ich habe jetzt bald lobende Worte für den Herrn Finanz- und Wirtschaftsstadtrat -, ich finde es tatsächlich respektlos, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen hier mit Abwesenheit glänzen. Ich zähle 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und oben noch 4 weitere, das heißt, 11 Personen von einer 45-Mann-Fraktion sind bei der Rechnungsabschlussdebatte anwesend. Das ist tatsächlich ein, wie ich finde, sehr ignoranter Zugang zur Demokratie, meine Damen und Herren, und Respektlosigkeit Ihrem eigenen Stadtrat gegenüber.

 

Werter Herr Stadtrat! Ich gratuliere Ihnen, Sie haben es tatsächlich geschafft, in diesem Haus, seit ich hier bin und auch seit den letzten zehn Jahren, das erste Mal ein Nulldefizit beziehungsweise sogar ein leichtes Plus im Rechnungsabschluss vorzulegen. Das hat Ihre Vorgängerin trotz vieler, vieler, vieler Ankündigungen leider Gottes nie geschafft, und man muss sich tatsächlich fragen, warum man eigentlich so lange gewartet hat, um da vielleicht eine Personalentscheidung zu treffen. Jetzt wissen wir, es gibt einen neuen Bürgermeister, der auch ein neues Team präsentiert hat, und ich muss sagen, in Ihrer Person war es offensichtlich eine gute Entscheidung. Vielleicht ist es an den Personen gelegen, das finde ich zwar jetzt eigentlich ein bisschen billig, aber es macht schon den Anschein, oder es ist vielleicht doch, wie ich glaube, tatsächlich eine Entscheidung der Sozialdemokratie selbst, nämlich an Dingen, die in eine extrem falsche Richtung gehen, wahnsinnig lange festzuhalten.

 

Zufällig ganz kurz vor der nächsten Wahl haben wir das erste Nulldefizit und das erste leicht positive Budget, wobei man ja sagen muss, dass das relativ wenig mit Ihnen zu tun hat, Herr Stadtrat, oder eigentlich relativ wenig damit zu tun hat, wie Sie wirtschaften. Wir wissen, 2017 bis 2019 hatten wir ein gutes bis hervorragendes Wirtschaftswachstum, wir haben allein 2019 4,3 Prozent weniger Arbeitslose gemeldet gehabt, und man hätte eigentlich in diesen Jahren viele, viele Chancen gehabt, sich auf diese wahnsinnig schlechten Zeiten, auf die wir jetzt blicken müssen, vorzubereiten. Die 9 Millionen EUR, die jetzt übrig geblieben sind, werden natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein bei den Zahlen, mit denen wir jetzt diese Wirtschaftskrise und die unglaublichen Herausforderungen bewältigen müssen. Sie haben 930 Millionen EUR im letzten Jahr eingenommen, das ist allein um 457 Millionen EUR mehr, und man hat, wenn man jetzt die Neuverschuldung von 188 Millionen EUR wegnimmt, durchaus ein sehr gutes Ergebnis erreicht. Warum sind dann nur 9 Millionen EUR übrig geblieben? - Das frage ich mich tatsächlich, und vor allem: Wo ist der Rest? - Wir haben es nicht gefunden, und da tun wir uns leider sehr schwer, vor allem ist das ja eine Momentaufnahme. Ich bin aber auch sehr dankbar, dass diese Momentaufnahme nicht mit „Danke, Hanke!“ abgefeiert wird, denn so sehr wir uns jetzt leider mit der Vergangenheit beschäftigen müssen, so ist der wichtigere Teil die Zukunft. Wir haben unfassbare Herausforderungen, wir haben wesentlich stärkere Herausforderungen als bei der letzten Wirtschaftskrise 2008, und ich freue mich sehr, dass zum Beispiel der Sportstadtrat schon gesagt hat, dass das Konjunkturpaket der NEOS oder Teile davon, nämlich die Idee, jetzt herzugehen und sofort Investitionen zu tätigen, ein guter Ansatz ist. Sie haben heute auch schon - ach so, er ist nicht mehr da -, und er hat heute auch schon gesagt, dass das durchaus eine wichtige Intention wäre, hier schneller vorzugehen. Darauf freue ich mich schon.

 

Ich würde aber auch gerne Geld ausgeben, das wir uns in den letzten Jahren vielleicht angehäuft haben, und das ist nicht gelungen, das ist leider Gottes nicht gelungen. Sie haben leider auch unsere zahlreichen Anträge für eine Schuldenbremse abgelehnt, die ja genau das bedeutet. Schuldenbremse bedeutet, dass man in den

 

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