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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 24.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 130 von 147

 

Deswegen bringen wir nachfolgenden Beschlussantrag von Baron, Kops und mir ein: Der Wiener Gemeinderat fordert den Bürgermeister der Stadt Wien sowie die Amtsführende Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und Bürgerbeteiligung dazu auf, den Anwohnern, die das Parkpickerl bezahlt haben und die Anrainer dieser „Coolen Straßen“ sind, die entsprechende Gebühr für das Parkpickerl für ein Jahr zurückzuerstatten. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.

 

Geschätzte Verantwortliche der Wiener Stadtregierung! Erledigen Sie erst einmal die Hausaufgaben, wie die vielen Bäume zu pflanzen, und dann schauen Sie sich diese komischen Projekte weiter an. Danke schön.

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dipl.-Ing. Olischar. Ich erteile ihr das Wort.

 

23.34.10

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Frau Berichterstatterin! Liebe Stadträtinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Mit dem Leitbild Grünraum bin ich alles andere als glücklich. Es ist gefühlt das tausendste Papier, das wir hier im Gemeinderat beschließen. Um ganz ehrlich zu sein, mittlerweile habe ich wirklich den Überblick verloren. Ich habe mir tatsächlich vor einiger Zeit die Mühe gemacht, die Fachkonzepte, Masterpläne, Werkstättenberichte, die seit 2015 veröffentlicht wurden, aufzulisten. Aber ich kann Ihnen sagen, nach kürzester Zeit ist so eine Liste nicht mehr aktuell. By the way, es ist nicht einmal übersichtlich auf der Homepage der Stadt Wien zu finden. Man muss sich dort sehr mühsam durch den Dschungel klicken, um das zu finden, was man sucht.

 

Nichtsdestotrotz war eine Zahl, die mich bei dieser Auflistung schockiert hat, die Seitenzahl, denn mehr als 3.500 Seiten Papier wurden hier mit Stand vor zirka einem Jahr verfasst. Das zeigt für mich, was für ein unglaublicher Aufwand dahintersteckt, und zwar für alle, die das Fachkonzept schreiben, und ein noch viel größerer für die, die es lesen und anwenden müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch, bei aller Wertschätzung der Mitarbeiter, die sich auch hier ins Zeug legen und diese Konzepte schreiben, glaube ich, da geht es eher um den Auftrag von politischer Seite. Aber ich habe schon oft versucht, herauszufinden, wer konkret der Adressat dieser Fachkonzepte sein soll. Die utopische Antwort, die man immer hört, ist: Na, alle.

 

Für diese doch bescheidene Zielgruppe ist das Format aus meiner Sicht alles andere als geeignet. Abgesehen davon, dass der Umfang so eines Konzeptes, Leitbilds, et cetera in der Regel sehr üppig ausfällt - im Durchschnitt 100 Seiten pro Fachkonzept und Bericht -, ist es mit der Übersicht, welche Leitbilder, Konzepte, et cetera jetzt wie und wann zur Anwendung kommen, bald vorbei. Am besten man breitet sich alle Konzepte parallel nebeneinander auf einen Tisch und versucht, sich so zurechtzufinden. Ich glaube, in der Volkshalle könnte man dafür eine geeignete Tafel einrichten.

 

Was aber wirklich problematisch ist, sehr geehrte Damen und Herren, gerade im Schwerpunktthema Grünraum, um das es hier auch heute geht, ist: Es gibt tatsächlich regelrecht einen Dschungel, und zwar an Papier. Oft existieren gerade zu einem Themengebiet wie das heutige viele verschiedene Papiere oder Papiere, deren Inhalte unmittelbar aufeinander Einfluss haben, was oft aber gar nicht abgebildet ist.

 

Ich habe mir beispielsweise den AgSTEP, das Fachkonzept Grünraum und das neue Leitbild hergenommen und die Übersichtspläne miteinander verglichen. In dem Fall AgSTEP und Leitbild Grünraum definieren beide unterschiedliche Flächen, jeweils in ihrem Fachgebiet, welche Entwicklungen dort vorgesehen werden. Ich finde den AgSTEP extrem wichtig, weil er festlegen soll, welche landwirtschaftlichen Flächen langfristig gesichert werden sollen und müssen. Dass sich landwirtschaftliche Flächen im Kontext mit der Stadtentwicklung immer in einem sehr großen Spannungsfeld befinden, ist klar, und dass Grünflächen auch eine besondere Rolle einnehmen, ist auch klar, und vor allem dann heikel, wenn Grünland potenziell zu Bauland wird.

 

Es ist das eine, sich zu Grünflächen zu bekennen, aber es ist das andere, wenn man Gleiches mit unterschiedlichem Maße misst. Konkret ist es heikel, wenn landwirtschaftliche Flächen mit zweierlei Maß gemessen werden, und das werden sie in diesem Leitbild, noch dazu, wenn es sich um angrenzende Flächen handelt. Ein Beispiel: Es ist tatsächlich so im 22. Bezirk - Kollege Taucher kennt es vielleicht vor Ort -, angrenzende landwirtschaftliche Flächen werden unterschiedlich bewertet, einmal als Flächen, die laut neuem Leitbild immer grün sind, wo nicht weitergebaut werden kann, und einmal als Reserve, in der Bauland durch den Gemeinderat umgewidmet werden kann.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, das geht so nicht, denn Sie öffnen damit Tür und Tor für Spekulation und setzen die Landwirtschaft massiv unter Druck. Auch die Wiener Landwirtschaftskammer - wenn Sie sich die Stellungnahme zu Herzen genommen hätten, dann wüssten Sie das - hat diese Vorgehensweise entschieden abgelehnt.

 

Was Sie tun, ist kein Bekenntnis zur Wiener Landwirtschaft. Wir fordern, dass landwirtschaftliche Flächen nachhaltig gesichert werden und das auch in den Plänen berücksichtigt wird, sehr geehrte Damen und Herren. Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat, welche unterschiedlichen Fachabteilungen, welche Ressorts auch in die Erstellung dieser Konzepte mit einbezogen sind, aber ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, dass wir hier fachübergreifend und themenübergreifend ordentlich zusammenarbeiten und nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht.

 

Unglaubwürdig werden Ihre Pläne auch, wenn man das, was Sie sagen, mit dem vergleicht, was Sie tun. Sie behaupten, es braucht die grüne Lunge, es braucht mehr Grün, bestehende Grünflächen müssen geschützt werden, unter anderen der Biosphärenpark. Gleichzeitig werden Grünflächen in Dichte verbaut, vor allem in den Außenbezirken.

 

Nur weil Grünraum in ist und jetzt eine schöne Überschrift ist, heißt das nicht, dass man es irgendwie ma

 

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