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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 24.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 147

 

ist! Wenn das auf Bundesebene im Ibiza-Untersuchungsausschuss passieren würde, dann wäre Rambazamba zu Recht. Hier stellen Sie sich raus und sagen: Ach, es gab ja keine Zeugen mehr. Natürlich gab es welche! Sie wollten einfach nicht, dass die Untersuchungskommission weiterarbeitet und wollten diese vor der Wien-Wahl auch begraben.

 

Wir wurden behindert, indem wir Unterlagen nicht bekommen haben, und nicht irgendwelche, sondern wir haben Förderanträge nicht bekommen. Wir als Untersuchungskommission haben feststellen müssen, ob die Förderungen rechtmäßig abgelaufen sind oder ob es Missstände gab. Aber es hat uns in vielen Bereichen die Grundlage dafür gefehlt, nämlich die Förderansuchen. Für Sie, Frau Stadträtin, weil Sie natürlich nicht immer dabei waren, sondern nur als Zeugin, bei Modern Society zum Beispiel, ein ÖVP-Verein, den wir untersuchen wollten und haben, da haben uns die Förderansuchen gefehlt. Wie kann man einen Verein beurteilen, wenn man keine Förderansuchen hat? Da wurden wir an der Kontrollarbeit bewusst gehindert.

 

Wir wurden weiter an der Kontrollarbeit gehindert, indem wir geschwärzte Akten bekommen haben, und nicht ein bisschen geschwärzte Akten, sondern massiv geschwärzte Akten. Und wer hat die Akten geschwärzt? Die Stellen, die wir eigentlich untersuchen wollen. Es wird einmal ein systemisches Problem, wenn diejenigen, die untersucht werden, beurteilen, was man hergibt und was man nicht hergibt. Da bin ich wieder bei der Fabel. Die, die es nicht haben wollen, die werden es nicht zugeben. Das ist ein grundsätzliches Problem. Geschwärzt waren zum Beispiel die Künstler, die vom Wiener Kulturservice Förderungen empfangen haben, wo nicht herausgegeben wurde, an wen überhaupt die Fördergelder gegangen sind. Ich finde, wir haben einen Anspruch darauf als Abgeordnete hier im Gemeinderat, aber auch alle Wienerinnen und Wiener haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wer, welche Organisationen mit dem Steuergeld der Wienerinnen und Wiener auch gefördert werden. Das ist ein Anspruch an Informationsfreiheit und Transparenz, der ein Mindeststandard sein müsste.

 

Wir wurden weiter an der Arbeit gehindert, indem wir Vereine nicht überprüfen konnten. Toni Mahdalik hat schon erwähnt, der Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung, ein Biotop der roten Freunderlwirtschaft, wo wir auch in der Vergangenheit schon zahlreiche Missstände und Privilegien aufgezeigt haben, dieser Verein konnte nicht einmal überprüft werden. Aber wir wollten über diesen Verein hinaus auch noch Vereine überprüfen, die parteinahe sind. Wir wollten auch Landesparteiakademien überprüfen, weil diese parteinahe sind, den Parteien zugehörig sind, Vereine sind, die aber von sonst niemandem überprüft werden dürfen. Darum war es für uns ein Anliegen, hier ein gesamtheitliches Bild zu bekommen. Leider wurde uns das nicht ermöglicht, und deshalb konnte auch hier die Aufklärungsarbeit nicht zur vollsten Zufriedenheit erledigt werden.

 

Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Erkenntnisse. Ich fasse kurz zusammen:

 

Erstens: Parteinahe Vereine sind systemisch bevorzugt in dieser Stadt. Wenn man wen kennt, hat man Vorteile. Parteifeste werden bevorzugt. Da ist es nicht einmal notwendig, überhaupt einen Bedarf anzugeben, sondern man bekommt pauschal das Geld. Das ist unfair all den Initiativen gegenüber, die keine Förderungen bekommen in dieser Stadt, und davon gibt es viele. Davon gibt es viele gute, die Geld brauchen, aber nichts bekommen. Denen gegenüber ist es unfair, dass die, die jemanden kennen, das Geld automatisch bekommen.

 

Zweitens: Wir sehen einen Fördersumpf, wo die eine Magistratsabteilung nicht weiß, was die andere macht, wo es Doppelförderungen gibt, wo es keine Richtlinien gab - vollkommen unverständlich, wie kann man Förderungen vergeben ohne Richtlinien? Welche Aspekte außer Netzwerk und Parteinähe zählen da? Das wurde behoben. Aber was nicht behoben wurde, ist die Information, wie man Förderungen beantragen kann. Bei der MA 5 zum Beispiel, noch immer eine Blackbox. Dort werden Förderungen vergeben, die nirgends anders reinpassen. Aber die Information, wie man Förderungen bekommt, die ist nicht transparent, die ist nicht aufsehbar. Das ist ein Fördersumpf, der dringend auch trockengelegt werden muss!

 

Drittens: Wir sind ein mangelnder Kontroller auch innerhalb des Magistrats. Wir haben in der Untersuchungskommission gesehen, dass Missstände nicht entdeckt wurden, weil Magistratsabteilungen geprüft haben, sondern Missstände sind rausgekommen, weil der Rechnungshof, Stadtrechnungshof geprüft haben oder weil Oppositionsparteien etwas herausgefunden haben.

 

Mein Anspruch an gute Verwaltung wäre auch, dass Missstände innerhalb des Magistrats auch auffallen und dafür bräuchte es auch eine bessere Kontrolle auch von Fördernehmern.

 

Viertens: Wir haben gesehen, dass die Rechte vom Gemeinderat und vom Gemeinderatsausschuss massiv beschnitten werden. Auch wenn es formal so ist, dass die Förderungen im Gemeinderatsausschuss beschlossen werden, ist es die tatsächliche politische Praxis, dass von den Magistratsabteilungen schon im Vorfeld gefiltert und die Vorentscheidung getroffen wird und dann dem Stadtrat, der Stadträtin vorgelegt wird. Wir im Ausschuss haben nicht einmal die Möglichkeit, einzusehen, welche Förderanträge abgelehnt wurden. Wie kann man da davon sprechen, dass der Gemeinderatsausschuss wirklich entscheidet, wenn man nicht einmal die Informationen bekommt, wie viele Förderanträge es gab oder wie viele Förderanträge abgelehnt wurden? Um da wirklich von Mitsprache und Entscheidungsgewalt zu sprechen, bräuchte man komplette Unterlagen auch von denen, die abgelehnt wurden. Und man bräuchte auch besser aufbereitete Förderansuchen, weil die Förderansuchen, die wir zum Teil mit einer halben Seite bekommen, sind inakzeptabel.

 

Mein Nachredner Thomas Weber wird noch auf ein paar Verbesserungspunkte zu sprechen kommen. Ich möchte zwei herausgreifen, nämlich erstens, der Rechtsschutz in der Untersuchungskommission ist mas

 

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