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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 101

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke. Bitte nicht vergessen zu desinfizieren. - Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Sobald desinfiziert ist, erteile ich es ihr. Bitte sehr, Frau Kollegin.

 

19.48.59

GRin Ingrid Korosec (ÖVP)|: Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

 

Der Rechnungshof ist für uns eine sehr, sehr wichtige Stelle und gerade für Oppositionspolitiker so wichtig, weil uns sehr viel bestätigt wird, was wir kritisieren, was von den Regierungsparteien natürlich nicht gerne gesehen wird, aber dann durch den Rechnungshof bestätigt wird. Also ganz, ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin, für die großartige Arbeit, und ich bitte dich, auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren Dank zu sagen.

 

Wir sprechen heute über die Pflege in Österreich, mit Betonung auf Österreich. Das ist nicht jetzt nur Wien, sondern wirklich Österreich. Ich kann alles, was Frau Kollegen Huemer hier im Detail den Pflegebereich betreffend gesagt hat, 100-prozentig unterstreichen.

 

Wir diskutieren heute wieder einmal den sogenannten letzten Rechnungshofbericht vor einer Reform, wenn sie denn kommt. Man hat das Gefühl, es sind schon tausende. Ich habe es nachgezählt, tatsächlich beschäftigte sich der Rechnungshof in den letzten 15 Jahren - Sie werden es nicht glauben - 65 Mal mit der Pflege, ohne nennenswerte Konsequenzen in den wirklich wichtigen Punkten, auf die es ankommt, was für die Menschen positiv wäre.

 

Pflege ist weiterhin Glückssache in Österreich, oder besser gesagt, die Frage des Wohnortes. Ich finde es unbegreiflich, dass in einem Land mit einheitlichem Steuersystem das steuerfinanzierte Pflegesystem ein einziger Fleckerlteppich ist. Der Rechnungshof spricht mit vornehmer Zurückhaltung, muss ich sagen, von gemischten Zuständigkeiten, wenn die Kosten für einen Heimplatz, für eine Heimhilfe oder Essen auf Rädern sich nicht nur zwischen den Bundesländern, sondern sogar von Gemeinde zu Gemeinde gewaltig unterscheiden. Mindestens genauso kritisch sehe ich es, dass die gesetzlich verpflichtende Pflegedienstleistungsstatistik, die die Länder beschicken müssen, völlig unbrauchbare Daten liefert. Das sage nicht ich, sondern das sagen der Rechnungshof und auch das WIFO. Wörtlich heißt es im vorliegenden Bericht: Es fehlte eine österreichweite vollständige Statistik zu dem Gesamtaufwand für Pflege sowie zur Herkunft und Verwendung der Mittel. - Teils liegt es daran, weil die Länder selbst nicht die nötigen Daten zusammenbringen, teils liegt es aber auch daran, dass die Länder kein Interesse daran haben, sich in die Karten schauen zu lassen. Oder wie erklären Sie es sich - Herr Meidlinger hat ja über Pflege und über die vielen Finanzierungsströme gesprochen -, dass auch in Wien idente Leistungen jedes Jahr anders in die Datenbank eingespeist werden? Damit werden nicht nur Vergleiche unmöglich, sondern auch realistische Prognosen des mittel- und langfristigen Bedarfs.

 

Worüber sprechen wir? - Wir sprechen immerhin von 5 Milliarden EUR im Jahr, die der Bund, die Länder und die Gemeinden für die Pflege und Betreuung älterer Menschen in die Hand nehmen. Geld, das in höchst unterschiedlicher Form bei den Menschen ankommt oder eben nicht ankommt. Und dass es in diesem Bereich ausschließlich um Menschen gehen muss, und nicht um politische Befindlichkeiten, davon gehe ich einmal aus.

 

Dass sich da neun Bundesländer nicht auf eine einheitliche Vorgangsweise einigen können, ist schändlich und fahrlässig. Wir wissen alle, dass Pflege angesichts der demographischen Entwicklung eines der ganz großen Themen der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein wird und sein muss. 2021 soll es ja die große Reform geben, ich hoffe, wir sind alle mit dabei, und ich glaube, wir alle haben großes Interesse daran, dass es da zu guten Lösungen kommt. Spielen die Länder da aber nicht wirklich mit, sehe ich schwarz, denn dann kommt statt einer Reform ein Flickwerk, das zu retten versucht, was nicht zu retten ist.

 

Daher fordere ich die rot-pinke Stadtregierung nachdrücklich auf, ihren Beitrag zu leisten, dass sich die Lebenssituation, meine sehr geehrten Damen und Herren, betreuungsbedürftiger Menschen, aber auch ihrer Familien - und denken Sie an die vielen pflegenden Angehörigen - und aller Beschäftigten - auch da haben wir großen Handlungsbedarf - verbessert.

 

Weiter wie bisher, das ist sicher keine Option.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker. Bitte, Frau Präsidentin.

 

19.55.51

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Erlauben Sie mir, dass ich jetzt zum Abschluss dieser Debatte ein paar Worte von Seiten des Rechnungshofes sage. Es freut mich besonders, dass sich der neugewählte Wiener Gemeinderat gleich in der ersten Sitzung zur Geschäftsbehandlung mit Berichten des Rechnungshofes befasst. Ich sehe das auch als Wertschätzung gegenüber der Tätigkeit der öffentlichen Finanzkontrolle und werde in diesem Sinne auch die vielen Wortmeldungen und den Dank, den Sie an mich gerichtet haben, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes weiterleiten. Danke jedenfalls für die gute Kooperation.

 

Ich möchte auch sagen, dass mir aufgefallen ist - und ich möchte es auch positiv hervorheben, es wurde auch jetzt wieder angesprochen -, dass scheinbar das Thema Transparenz und Kontrolle in dieser Periode einen besonderen Stellenwert erhalten und noch stärker betont werden soll. Das unterstütze ich als Rechnungshofpräsidentin, es geht ja um die Kontrollrechte des Gemeinderates, um die Rechte des Stadtrechnungshofs etwa im Bereich der Parteifinanzen, habe ich gelesen, und auch auf Bundesebene steht die Debatte auf der Agenda. So gesehen hoffe ich, dass es da möglicherweise zu einer breiten Allianz im neuen Jahr kommt.

 

Ich wünsche Ihnen allen, Regierung und Opposition, viel Erfolg für die neue Gesetzgebungsperiode. Sie alle wissen zur Genüge, dass wir in der gegenwärtigen Situation mit noch nie dagewesenen Herausforderungen konfrontiert sind. Von dieser Krise sind alle gesellschaftli

 

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