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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 101

 

gen im nächsten Jahr - und dann kriegst du kein Inserat mehr.

 

Diesen Antrag hat die Sozialdemokratie auf einer Landesversammlung - oder wie heißt das, Landesparteitag, glaube ich - besprochen, der kommt nämlich im Wesentlichen - auch leicht nachzulesen - von der Sektion 8. Die Sektion 8 hat auf ihrer Homepage eine sehr schöne Zusammenstellung, wie viel öffentliches Geld für Inserate ausgegeben wird, wo es ausgegeben wird, wer die größten öffentlichen Auftraggeber sind. Wenn man es im Fernsehen zeigt, müssten wir eine schönere Tabelle haben, aber vielleicht sieht man irgendetwas, was da oben bunt ist und was darunter weniger bunt ist. Das obere Bunte ist die Stadt Wien, und was man nicht sehen kann, sind die anderen acht Bundesländer, nur damit man ein Gefühl kriegt. Das eine ist so viel, und das andere bei den acht Bundesländern sieht man nicht. Dann steht noch drunter, wer der Zweite ist. Der Zweite ist das Land Oberösterreich, das hat nicht einmal ein Sechstel. Weiter hinten sind dann Salzburg und Kärnten, et cetera. Dann steht noch drinnen, wie Wien Energie & Co alle noch Geld schalten, und, und, und.

 

Das kann man alles wunderbar nachlesen, die Sozialdemokratie weiß das also alles. Es gibt genügend Leute, die der Meinung sind, dass man das so machen könnte. Es ist ein bisschen ähnlich, ich fühle mich wie beim Glücksspiel. Es hat lange gedauert, alle davon zu überzeugen. Irgendwann hat es eine Versammlung der Sozialdemokratie gegeben, die es dann ähnlich gesehen hat.

 

Der Antrag heute verlangt noch nicht einmal eine Kürzung für nächstes Jahr. Angesichts dessen, dass die Medien alle auch ökonomisch darniederliegen und jedes Inserat auch eine Hilfe ist, um überhaupt noch eine Medienvielfalt zu ermöglichen, lasse ich das dieses Mal aus. Ich finde immer noch, es ist zu viel, aber es stimmt, momentan ist das halt von mir aus eine indirekte Medienförderung und ermöglicht, dass nicht einer nach dem anderen zusperren muss. Das ist geschenkt.

 

Nicht geschenkt ist, wenn es eine Berichterstattung gibt, zu der, glaube ich, die Hälfte hier herinnen auf Twitter und Facebook schreibt, ich finde das unmöglich, was oe.24 & Co machen, und dann setzt die Stadt Wien nicht einmal eine Maßnahme wie Spar oder Billa, die das auch nur eine Woche aufrechterhalten haben. Ich kann mir auch vorstellen, was hinter den Kulissen passiert ist, warum sie es nicht länger aufrechterhalten haben, aber das darf man wahrscheinlich nicht ausformulieren.

 

Wie Inserate eventuell Berichterstattung beeinflussen, hat ja der Herr Nationalratspräsident sehr offenherzig eh gerade beim Fellner-TV gesagt. Es war ziemlich eindeutig zu hören, eigentlich hat er gesagt, Inserate hinüber, Berichterstattung retour. Das wundert jetzt niemand in einer freien Marktwirtschaft. Wenn man etwas zahlt, will man dafür eine Leistung haben. Das ist nicht meine Formulierung gewesen, es war von Herrn Sobotka.

 

Deswegen bringen wir hier einen Antrag ein, den vermutlich die Mehrheit persönlich in einer geheimen Abstimmung total super finden würde und der wieder an irgendetwas scheitern könnte. Dieser Antrag bedeutet noch nicht einmal, dass jemand für ein Verhalten gestraft wird, das in der Vergangenheit liegt. Im Antrag heißt es nur, ab 2022, jemand der heuer drei Mal verurteilt wurde und nächstes Jahr wieder drei Mal verurteilt wird. Da könnte man sich auch bemühen: Ach so, das ist blöd, dann kriege ich kein Inserat mehr von der Stadt Wien. Der soll dann nichts mehr bekommen. Das ist noch nicht einmal so eine Bedrohung, dass man sagt, na ja, es ist ein bisschen schwierig, mittendrin eine Regel einzuführen, und ich kann mich nicht wehren.

 

Ausschließlich diejenigen Medien, die hergehen und sagen, das ist mir alles wurscht, das ist mir wurscht, ob ich vom Presserat verurteilt werde, das ist mir egal, was alle sagen, ich mache es wieder und wieder und wieder. Und alle wissen, was rund um den 2. November abgelaufen ist. Der kriegt dann nichts. Das ist diese „Three strikes in two years“-Regel, das beantragen wir.

 

In weiteren Jahren, wenn es hoffentlich irgendwann auch den Medien und der restlichen Wirtschaft besser geht, würde ich trotzdem gerne überlegen, ob tatsächlich nicht nur die Mehrheit in der Koalition, sondern plötzlich alle in der Koalition der Meinung sind. Es ist das höchste Inseratenbudget nicht nur der Republik, ich glaube, es ist echt in Europa das höchste in einer Stadt. Da habe ich leider keinen fixfertigen Vergleich, die 15 Hauptstädte, die ich verglichen habe, liegen drunter, aber ich bin noch nicht fertig mit dem Durchrechnen. Ich nehme an, dass wir vom höchsten Werbebudget von irgendeiner Stadt in ganz Europa reden, sagen wir, signifikant über 100.000 Menschen. Wenn wir mit 100.000 fertig sind, können wir weiter hinunterrechnen.

 

Der Antrag lautet, den Ehrenkodex des Österreichischen Presserats als Bedingung für Inseratenschaltungen zu nehmen. Wer das nicht will, sagt, ist wurscht, soll weiterhin produzieren, wie er will, es gibt keine Regeln. Wir sind nicht einmal so heikel wie Hervis, Ikea, Spar und Billa. Uns ist es wurscht, er darf Bericht erstatten, wie er will, oe.24 darf machen, was sie wollen, sie bekommen weiterhin von dem viel zu großen Kuchen der Stadt Wien ihren Anteil. Es gibt nichts, was das ändern kann. Das kann man auch machen.

 

Ich sehe das anders, ich halte die Berichterstattung in manchen Medien manchmal zweifelhaft. Es sollen nicht politische Parteien beurteilen, aber wenn der Presserat sagt, das geht so nicht, der hält den Ehrenkodex nicht ein, dann kann man, glaube ich, in der Politik dem folgen und das Minimale tun. Und was ein paar Firmen locker zusammengebracht haben, muss doch auch die öffentliche Hand schaffen.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Stürzenbecher. Sobald Herr GR Ellensohn mit der Desinfektion und mit dem Plaudern fertig ist, erteile ich es Ihnen.

 

14.46.24

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Zur Argumentation Wien und die Bundesländer möchte ich nur auf eines hinweisen: Nahezu alle großen Medienunternehmen und Medienhäuser sind in Wien.

 

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