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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 11.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 101

 

Arbeitsmarkt sollen dabei attraktiviert werden, daher wollen wir hier auch neue Modelle bei den Zuverdienstgrenzen ausgestalten.

 

Unser ganzer Fokus bei der Armutsbekämpfung liegt bei den Kindern, den Alleinerzieherinnen und den Alleinerziehern, die es natürlich auch gibt. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt soll dabei attraktiver werden und Eltern, insbesondere Neu- und WiedereinsteigerInnen nach der Karenzzeit sollen nachhaltig dabei unterstützt werden, diesen Schritt zu schaffen. Daher werden wir hier spezielle Unterstützungsmaßnahmen kreieren und auch bei der Entlastung bei der Kinderbetreuung unterstützen.

 

Im Projekt Zukunftsgespräch Neu wollen wir speziell auf Mütter fokussieren, sie bereits vor einem Wiedereinstieg in das Berufsleben beraten und mit ihnen gemeinsam Perspektiven erarbeiten. Ein weiterer wichtiger Fokus der Fortschrittskoalition liegt natürlich auf den Jugendlichen, die in dieser Krise besonders mit den Auswirkungen zu kämpfen haben. Wir wollen daher ein neues Sozialzentrum für Unter-25-Jährige schaffen, wo wir spezielle Angebote zur Arbeitsintegration, aber auch Anreize zum Abschluss einer Berufsausbildung fördern möchten. Auch das Thema Financial Literacy, also die Finanzkompetenz soll ein fixer Bestandteil des Förderangebots für diese Gruppe sein. Das halte ich für sehr wichtig, wenn wir uns vor Augen halten, dass ein großer Teil der Menschen bei den Schuldenberatungen unter 30 ist, dass diese Gruppe durchschnittlich Schulden von 30.000 EUR aufgebaut hat und ein häufiger Grund für diese Überschuldung fehlende Finanzkompetenz und irrationales Konsumverhalten ist.

 

Die Fortschrittskoalition möchte im sozialpolitischen Bereich auch neue kreative Ansätze verfolgen, und ich bin daher sehr stolz darauf, dass wir beim Fonds Soziales Wien auch eine Plattform für Social Entrepreneurship und Innovation schaffen werden und ein erstes Projekt aus diesem Bereich bereits im nächsten Jahr auf den Weg bringen wollen.

 

Soziale Politik ist immer auch Querschnittsmaterie und daher sehr eng mit den Bereichen Arbeit, Bildung, Weiterentwicklung verknüpft, wo wir in den letzten beiden Tagen schon viel darüber diskutiert haben. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit möchte ich noch ein Pilotprojekt herausgreifen, das auch die Innovationskraft dieser Koalition unterstreicht: Wir werden uns auch im Sozialbereich und im Arbeitsmarktbereich mit Social Impact Bonds beschäftigen und auch hier Pilotprojekte auf den Weg bringen. Das zeigt, dass wir auch im Sozialbereich auf Innovation setzen und daher dem Anspruch einer Fortschrittskoalition gerecht werden. - Vielen Dank.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war sieben Minuten. Zu Wort gelangt Frau GRin Spielmann. Ihre Redezeit ist sieben Minuten.

 

18.44.20

GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Geschätzte KollegInnen!

 

Ich möchte jetzt den Art. 22 der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte vorlesen, da den viele nicht kennen, er aber trotzdem wichtig ist und gestern ja der Internationale Tag der Menschenrechte war: Jeder beziehungsweise jede hat als Mensch das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch staatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine beziehungsweise ihre Würde und die freie Entwicklung seiner beziehungsweise ihrer Persönlichkeit unentbehrlich ist.

 

Warum ist dieser Satz so wichtig? Er erinnert uns daran, dass alle Menschen ein Recht auf soziale Sicherheit haben. Er erinnert uns daran, dass die sozialen Rechte die Grundlage für ein Leben in Würde bilden. Soziale Sicherheit bedeutet nichts anderes als ein garantiertes Recht auf Schutz vor Armut, liebe Kolleginnen und Kollegen. Teil dieser sozialen Sicherheit ist unser soziales Sicherungsnetz, das global wie europäisch betrachtet einzigartig ist, von der Sozialversicherung, die es uns ermöglicht, jederzeit medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, bis hin zur Arbeitslosenversicherung, die eine finanzielle Unterstützung bietet, wenn man einmal arbeitslos wird. Aber auch dieses Sicherheitsnetz hat Lücken, und auch hier in Wien. Wien ist unbestritten eine soziale Stadt, in der Solidarität und Zusammenhalt groß geschrieben werden. In Wien gibt es ein 350-EUR-Ticket, die höchste Kindermindestsicherung in Österreich und leistbaren Wohnraum durch kommunalen Wohnbau. - Vielen Dank an die letzten zehn Jahre Rot-Grün, ich glaube, wir konnten hier einiges dazu beitragen.

 

Noch ein Wort zur Kindermindestsicherung beziehungsweise zur Mindestsicherung: Ja, Herr Seidl von der FPÖ, ich glaube, wir werden viele Diskussionen haben, denn wir Wiener GRÜNE wollen Armut bekämpfen und nicht Arme, das ist der zentrale Unterschied zwischen uns.

 

Eben auch in Wien haben wir diese Lücken der sozialen Sicherheitsnetze, auch in Wien haben nicht alle Menschen einen Zugang zu ihren sozialen Rechten. Nicht alle haben Anspruch auf Mindestsicherung, nicht alle haben Zugang zum Gesundheitssystem. Nicht alle haben in Wien ein Haus über dem Kopf, nicht alle können sich eine warme Mahlzeit leisten und nicht alle haben das Privileg, nicht betteln gehen zu müssen. Wir werden als Grüner Klub in den nächsten Jahren diese Lücken immer wieder benennen und auf sie hinweisen. Dieser Aufgabe werden wir uns mit ganzer Kraft widmen, denn eine Gesellschaft und eine Stadt und vor allem eine Stadt Wien sind nur so gerecht, wie sie mit den Ärmsten und den Ausgegrenzten umgehen.

 

Überall da, wo es um den Ausbau sozialer Rechte und Sicherheit geht, können Sie mit unserer Unterstützung rechnen. Überall dort, wo diese sozialen Rechte in Gefahr sind, werden wir den Finger in die Wunde legen. Denn gerade die Corona-Krise beschleunigt und verschärft bereits vorher existente soziale Ungleichheiten um ein Vielfaches. Um diese verschärfte Lage abzuwenden und soziale Sicherheit für alle in Wien sicherzustellen, wird es Maßnahmen und finanzielle Mittel im Sozialbereich geben müssen.

 

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