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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 27.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 85

 

bei der SPÖ.) Ich weiß, dass hier sehr viele Fußballfans sind!

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik (unterbrechend): Frau Kollegin! Ich darf Sie kurz unterbrechen.

 

Meine Damen und Herren des Gemeinderates! Wenn Sie Fußball schauen wollen, dann bitte nicht in diesem Saal! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Frau Gemeinderätin! Fahren Sie bitte fort.

 

GRin Mag. Barbara Huemer (fortsetzend): Danke schön.

 

Dort machen ungefähr 30 Mädchen täglich ihre Hausaufgaben, sie bekommen Unterstützung, und es werden auch Workshops geboten, beispielsweise Selbstverteidigungskurse. Und wenn es ernsthafte Probleme gibt, dann gibt es auch Einzelberatung in der Mädchenberatungsstelle „peppamint“.

 

Ich schildere Ihnen das, um ein Bild zu geben, was sich dort alles abspielt, nämlich alles Mögliche, was unter Mädels heutzutage eben üblich ist. Das Handy ist auch immer mit dabei, und das Thema Cyber-Sicherheit für die Mädchen im Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien spielt selbstverständlich auch dort eine große Rolle, und es wird darüber diskutiert und gesprochen.

 

Dabei geht es auch um Fragen, was Mädchen - und nicht nur ganz junge Mädchen, sondern bis 20-Jährige, also erwachsene junge Frauen - tun, wenn Sie beispielsweise eine Nachricht mit folgendem Text bekommen: „Ficke dich gerne in deinen fetten Arsch, damit dir einer abgeht, du kleine dreckige Bitch!“ - Was tut man dann? Was soll jungen Frauen geraten werden, in einem solchen Fall zu tun, wenn sie privat eine solche Nachricht bekommen?

 

Ich glaube, dieser Text ist mittlerweile vielen bekannt. Er ist durch die Öffentlichkeit gegangen. - Faktum ist: Wenn ich eine solche Nachricht privat bekomme oder wenn Sie eine solche Nachricht privat bekommen, dann kann man praktisch nichts tun! Strafrechtlich ist ein solcher obszöner Text - und das geht ja oft noch viel weiter - nicht verfolgbar. Dagegen gibt es nichts! Gegen sexuelle Diskriminierung, gegen Demütigung, gegen Beschimpfungen, die man als private Nachrichten bekommt, kann Mann/Frau nichts tun.

 

Diesbezüglich ist, wie gesagt, strafrechtlich nichts zu tun. Auf dem privatrechtlichen Weg gibt es die Möglichkeit, den Tatbestand der Ehrenbeleidigung geltend zu machen. Das hat aber einen großen Haken: Das Faktum der Ehrenbeleidigung muss von anderen bezeugt werden, es muss also jemand dabei gewesen sein. Wenn man eine private SMS bekommt, dann ist aber niemand dabei, und daher ist es diesfalls ganz schwer, eine Ehrenbeleidigung nach dem Strafgesetz einzuklagen. Außerdem muss man natürlich die Prozesskosten privat tragen, und diese Hürde nimmt keine Frau und nimmt auch kein Mann.

 

Das Thema Belästigung im Netz ist ausufernd. Das gibt es nicht nur im Internet oder auf Facebook, wo alle mitlesen können, wenn es Hassattacken und sexuelle Belästigung gibt, sondern das geschieht auch ganz privat.

 

Was kann man dagegen tun? Nichts zu tun, ist nämlich keine Alternative. In diesem Zusammenhang ist in der Tat auch der Gesetzgeber gefordert, die Frauen zu unterstützen, denn ich glaube, es ist in niemandes Interesse, dass derartige Belästigungen unbehelligt vonstattengehen können. Tatsache ist aber: Real passiert das tagtäglich unzähligen Frauen und Mädchen, und sie können nichts dagegen tun. Man kann nichts tun!

 

Jetzt hat die Beratungsstelle #GegenHassimNetz einen ganz einfachen Vorschlag, und ich meine, dieser ist es wert, aufgegriffen zu werden. Diesbezüglich gibt es von der Seiten der SPÖ, ich hoffe, auch bei den NEOS, große Unterstützung, als vorgeschlagen wird, dass man das ändern könnte, indem der Paragraph im Strafgesetz, der die Ehrenbeleidigung betrifft, so angepasst wird, wie es derzeit in Deutschland schon der Fall ist, nämlich dass man dieses Mindestpublizitätserfordernis streicht, dass eine Ehrenbeleidigung mehrere Leute bezeugen müssen.

 

Ich finde, es ist ein durchaus sinnvoller Vorgang, dass hier die Hürden gesenkt werden. Dieser sollte durchaus umgesetzt werden. - Das ist der eine Punkt. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das kann aber nicht im Gemeinderat beschlossen werden!) Nein! Das können wir natürlich nicht hier in Wien machen. Der Antrag, den ich dazu dann einbringen werde, richtet sich aber ohnedies an die Bundesregierung!

 

Frau Staatssekretärin Karoline Edtstadler hat schon angemeldet, dass sie sich in der Taskforce, die sich mit Cyber-Belästigung beschäftigt, auch dafür einsetzen will. Diese Taskforce hat primär die Ausrichtung, Kinder vor Cyber-Gewalt zu schützen, aber Staatssekretärin Edtstadler hat gesagt, dass sie sich auch des Themas Cyber-Belästigung gegen Frauen annehmen wird. Trotzdem meine ich, dass es nicht schaden kann, wenn auch wir von Seiten des Wiener Gemeinderates ganz klar sagen, dass wir es für sinnvoll halten, dass das entsprechend im Strafgesetz geändert wird und dass wir diesbezüglich auch unseren Willen kundtun.

 

Ich möchte jetzt auch eine andere Möglichkeit hier noch kurz erwähnen: Österreich hat 2013 die sogenannte Istanbul-Konvention unterschrieben. Das ist ein Konvolut an Bestimmungen oder Zusagen des Europarats, wie man gegen Gewalt gegen Frauen auch auf nationalstaatlicher Ebene vorzugehen gedenkt. Darin gibt es einen Art. 40, in dem festgehalten ist, dass man auch Sanktionen bei sexueller Belästigung vorsieht. Diesbezüglich ist Österreich leider Gottes nach wie vor noch ein bisschen hinten nach. Daher würden wir uns auch mehr Aktivität auf Bundesebene wünschen, um gegen Gewalt an Frauen vorgehen zu können, ob sie nun real, also „face-to-face“, oder im virtuellen Raum passiert. Daher bringe ich folgenden Beschluss- und Resolutionsantrag ein:

 

„Der Wiener Gemeinderat fordert die Bundesregierung auf, Initiativen zu setzen, dass zum besseren Schutz von Betroffenen von Hass im Netz eine Revision des Tatbestandes der Ehrenbeleidigung - § 115 f des Strafgesetzbuches - vorgenommen wird. Das geschützte Rechtsgut der Norm sollte die jedermann berechtigter

 

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