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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 27.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 85

 

jeden Tag eine neue Maßnahme, die reinen Sozialabbau bedeutet, auf den Tisch bringt und auch beschließt, dann ist das etwas schwierig für Sie, das verstehe ich schon. (Ruf bei der FPÖ: So ein Blödsinn!) Jetzt kann man sagen, entweder das Thema mit der sozialen Heimatpartei ist ein G‘schichtl, oder der Koalitionspartner zieht Sie über den Tisch. So oder so, es geht mich eigentlich nichts an, ich möchte es Ihnen nur etwas erleichtern, sich mit uns nochmal anzuschauen, worum es eigentlich geht und was mit den Maßnahmen passieren wird, die Sie angekündigt haben. Wir arbeiten mit den Sachen, die angekündigt worden sind, deshalb verstehe ich auch nicht, warum immer gesagt wird, dass man erst einmal abwarten soll.

 

Was heißt ein Leben in Armut für Kinder? - Ein Leben in Armut für Kinder heißt, dass man in den Sommermonaten nicht mit der Familie auf Urlaub fahren kann, dass Schikurs oder Sportwoche, auch Ausflüge in der Schule nicht auf dem Programm stehen, dass vielleicht nicht möglich ist, sich jeden Tag eine Jause mitzunehmen, passende Kleidung oder auch die richtigen Schuhe zu haben. Armut heißt aber auch noch mehr als das, es heißt, in einer kleinen Wohnung zu wohnen, in der vielleicht nicht genug Platz ist, um gut lernen zu können, um seine Freunde und Freundinnen einladen zu können, um auch einmal Geburtstag zu feiern, wodurch man dann sozial exkludiert wird und vielleicht auch selbst nicht eingeladen wird. Finanzielle Einschränkungen und damit aufzuwachsen, heißt aber auch, dass es Auswirkungen auf die Gesundheit und das Groß- und Erwachsenwerden von Kindern und Jugendlichen hat.

 

Was ich soeben geschildert habe, betrifft jetzt schon viele Kinder und Jugendliche (GR Mag. Wolfgang Jung: Den Zustand haben Sie herbeigeführt!), und gerade denen nehmen Sie in Zukunft noch mehr weg. Ab dem 3. Kind erhält man dann umgerechnet nur mehr 1,50 EUR pro Tag, und für die ersten 2 Kinder eigentlich auch noch weniger als jetzt, außer AlleinerzieherInnen, haben Sie gesagt. Den Großteil der Kinder wird es aber trotzdem betreffen. Damit kann in Zukunft der Schikurs und wahrscheinlich auch ein Geburtstagskuchen noch weniger leicht finanziert werden. Damit sorgen Sie dafür, dass es zu mehr sozialer Isolation kommt, zu noch mehr Ausgrenzung und zu noch schwierigeren Lebensbedingungen für Kinder. Sie fördern Kinderarmut, und Kinderarmut nimmt Lebenschancen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wenn wir uns das vor Augen führen und wenn ich dann hören und zuvor auch schon lesen muss, dass das die neue Gerechtigkeit ist, dass Sie, Herr Kollege Wölbitsch, sich für jene, die wollen, aber nicht können, aber nicht für jene, die können, aber nicht wollen, einsetzen wollen, dann fehlen mir einfach die Worte. (GR Mag. Manfred Juraczka: Leider nicht!) Wir reden hier von armutsbetroffenen Kindern, die so auf die Welt kommen, die gar nichts dafür können, und denen wollen Sie auch noch etwas wegnehmen. Sie sind die Parteien, die sich Familienparteien nennen, die Parteien, die im Regierungsübereinkommen stehen haben, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen - das ist einfach nur unfassbar und fadenscheinig! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Da jetzt noch immer mit dem Familienbonus argumentiert worden ist - wir haben es vorhin schon gehört und ich mag jetzt auch gar nicht näher darauf eingehen -: Die Familien, bei denen eh schon Geld da ist, erhalten dann noch mehr Geld. Das zeigt einerseits, dass Ihnen offensichtlich nicht jedes Kind gleich viel wert ist, was ich höchst problematisch finde, andererseits kann man sich auch nicht darauf ausreden, dass Tausenden anderen Kindern Geld weggenommen wird. Das ist Umverteilung von unten nach oben. Man kann das neue Gerechtigkeit nennen, ich sage, armutsbetroffenen Kindern Geld wegzunehmen, ist immer zutiefst ungerecht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

In Wien haben wir ein gutes Modell der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, und nicht nur das, wir haben rundherum auch noch ganz viele andere Angebote, die gerade Kinder und Jugendliche bestmöglich unterstützen. Wir haben zum Beispiel Ermäßigungen für Essensbeiträge im Kindergarten, das Schulfruchtprogramm, den Warenkorb, Familienurlaube im Rahmen der Kinder- und Jugenderholung.

 

Warum erwähne ich das? Ich erwähne das, weil es auch darum geht, ganzheitliche Politik zu machen und auch rundherum zu schauen. Wenn Sie jetzt sagen, es geht um Qualifizierung, es geht um Integration, ja, dann gebe ich Ihnen sehr recht, dann heißt das aber auch, dass man nicht bei Qualifizierungsmaßnahmen kürzt, dass man nicht am Integrationsjahr kürzt, das ist nämlich ganzheitliche Politik und darauf können Sie sich auch nicht ausreden.

 

Wir fahren in Wien einen Kurs, bei dem es darum geht, armutsbetroffene Menschen zu unterstützen, mit der Mindestsicherung, aber auch mit vielen anderen Sachen rundherum, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Wir machen das, weil wir zutiefst davon überzeugt sind, dass Kinder und Jugendliche ein Recht darauf haben, in Sicherheit und ohne Existenzängste aufzuwachsen. Da ist uns jedes Kind gleich viel wert, und es ist wirklich traurig und furchtbar ärgerlich, dass das für die neue Bundesregierung nicht so ist. (Langanhaltender Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Amtsf. StR Hacker zu Wort gemeldet. - Sie haben das Wort.

 

11.30.42

Amtsf. StR Peter Hacker|: Es gibt doch einige Punkte, über die man, glaube ich, die Debatte mit Fakten unterlegt ein bisschen besser führen könnte.

 

Zum Vorwurf des Horrorszenarios: Sie haben vollkommen recht, in diesem Punkt haben wir keinen Widerspruch, die Szenarien sind ein tatsächlich ein Horror. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Höhe der Mindestsicherung in Wien ein, wie Sie es bezeichnet haben, Sozialmagnet ist, wenn Sie also tatsächlich ernsthaft meinen, die Höhe der Mindestsicherungsleistungen ist der Grund dafür, dass Menschen nach Wien kommen, so wie Sie es im sozialen Netz bezeichnen, dann empfehle ich Ihnen dringend, Ihre KollegInnen in den Bundesländern anzurufen und sich über die Höhe der jeweiligen

 

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