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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 27.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 85

 

Was wir auch wissen, ist, dass vor allem oder auch besonders - was mir natürlich besonders leid tut und ich glaube Ihnen auch, wenn Sie darüber nachdenken - Kinder davon betroffen sind.

 

Wir haben gestern auch eine Diskussion zur Mindestsicherung gehabt. Ich habe auch schon gesagt, dass wir nichts Gutes erwarten können und dass wir uns genauso dagegen stellen werden, wenn es um Kürzungen geht und wenn es um Deckelungen geht. Wir haben aber auch gesagt, dass wir es prinzipiell begrüßen, wenn wir eine bundeseinheitliche Lösung haben, mit einer Residenzpflicht, wenn wir ein starkes Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt haben für diejenigen, die es gut schaffen können. Wir haben auch gesagt, dass es mehr Sachleistungen geben könnte. Und ich glaube, da ist vor allem das Vorarlberger Modell eines, mit dem wir uns gut anfreunden können, von dem wir immer gesagt haben, das wäre auch unser präferiertes Modell. Da können in Vorarlberg die GRÜNEN mit, aber da kann auch die ÖVP in Vorarlberg mit und da verstehe ich nicht, warum man hier jetzt wieder neue Wege einschlägt, die wirklich für Verschlechterungen sorgen. Das Vorarlberger Modell setzt auf die Integrationsvereinbarung mit klar definierten Zielen, mehr Sachleistungen statt Geldleistungen, und ermöglicht mit den flexiblen Zuverdienstmöglichkeiten auch den leichten beruflichen Wiedereinstieg.

 

Aber es geht um ein Spiel von Ressentiments und da treibt man gerne die Ausländerfeindlichkeit an die Spitze, denn das ist ja eigentlich der Beweggrund: Die, die in unser Sozialsystem einwandern, nehmen unseren Leuten alles weg, das ist die oberste Prämisse und das ist Ihre Botschaft. Dass mit der verringerten Mindestsicherung jedoch auch jene betroffen sind, in deren Namen Sie angeblich handeln, da stolpern Sie über Ihren eigenen Populismus. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Für eine reine Show-Politik halte ich auch diese Fünfjahresfrist für EU-Ausländer, wie Sie es nennen - es sind EU-Bürgerinnen und -Bürger -, bevor sie die volle Mindestsicherung erhalten, denn offensichtlich haben Sie vergessen, dass diese sich sowieso nicht länger als drei Monate in Österreich aufhalten dürfen, wenn sie nicht hier arbeiten oder studieren beziehungsweise jemand ihre Lebensunterhaltskosten bestreitet. Aber da zeigen Sie Ihre antieuropäische Haltung.

 

Und das zeigen Sie auch - und das ist ein Aspekt, den ich hier auch noch ansprechen möchte, der wahrscheinlich jetzt nicht so zum Tragen kommt - bei der Ausbezahlung der Familienbeihilfe. Da verprellt man ganz bewusst und offensichtlich alle proeuropäischen Kräfte und riskiert ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU. Und das finde ich unverantwortlich (VBgm Dominik Nepp, MA: Die heilige EU!) gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, denn durch dieses Vorhaben wird das Beihilfensystem auch nicht gerechter. Nein, es wird in Wahrheit ungerechter und es ist sogar unionsrechtswidrig, denn das EU-Recht regelt ganz klar: ArbeitnehmerInnen aus EU-Staaten dürfen nicht anders behandelt werden und Familienleistungen kommen immer von dem Staat, in dem ein EU-Bürger/eine EU-Bürgerin arbeitet und in welchem Steuern bezahlt werden. Kürzt man das jetzt nur für EU-Ausländer, so wie Sie sagen, dann ist es eine offensichtliche Diskriminierung und widerspricht einer der vier Grundfreiheiten, auf die die Europäische Union aufbaut.

 

Was Sie davon halten und was Sie von der Arbeitnehmerfreizügigkeit halten, demonstrieren Sie uns hier ganz offensichtlich. (StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Da geht es um Arbeitslose!) - Ja, Sie beweisen uns hier ganz eindrucksvoll Ihre antieuropäische Agenda und wenn ich an die nahende EU- Ratspräsidentschaft denke, deren Vorsitz wir haben, dann finde ich das keine guten Vorzeichen. Ihre nationalkonservativen Freunde werden Ihnen zuklatschen, Ihnen in aller Öffentlichkeit gratulieren, wunderbar, ich gratuliere Ihnen auch, gut gemacht. Aber so macht man unseres Erachtens keine nachhaltige und maßvolle Politik. (Beifall bei den NEOS.) Sie zündeln hier ganz bewusst, wollen das europäische Friedensprojekt schwächen (VBgm Dominik Nepp, MA: Meine Güte!), und Sie riskieren damit den europäischen Frieden und unsere errungene Freiheit in der Europäischen Union. (VBgm Dominik Nepp, MA: Das ist skurril!) Und da werden wir uns ganz geschlossen dagegen stellen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich noch fürs Protokoll mitteilen, dass Frau GRin Schubert für den ganzen Tag krankgemeldet ist und Herr Kollege Gara sich von 11 bis 14 Uhr beruflich entschuldigt hat.

 

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr StR Dr. Wölbitsch. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.51.16

StR Dr. Markus Wölbitsch, MIM|: Ich bin manchmal ein bisschen verstört, wenn die NEOS zu sozialen Fragen in unserer Stadt sprechen, und mich wundert es auch nicht, dass Sie in der Wahrnehmung der österreichischen Bevölkerung mittlerweile neben der SPÖ zu liegen kommen. Aber das sind zum Glück Dinge, über die muss ich mir keine Gedanken machen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Gemeinderat! Geschätzte Kollegen der SPÖ! Angesichts der letzten Tage, bitte bleiben Sie bei der Wahrheit! Hören Sie auf mit dieser polemischen Panikmache, Sie werfen anderen Parteien in diesem Haus immer wieder Polemik vor, Sie sind aber um keinen Deut besser, wenn es Ihnen gerade passt.

 

Tatsache ist, Wien hat 56 Prozent aller Mindestsicherungsbezieher in Österreich, Wien ist der Sozialmagnet dieses Landes und Wien hat damit auch akuten Handlungsbedarf. Die Stadt Wien hat bei der Vergabe der Mindestsicherung schlecht kontrolliert und zu freimütig vergeben, das hat ja auch der Rechnungshof entsprechend festgestellt.

 

Und nun zu Ihren Vorwürfen: Tatsache ist, Pensionisten und Menschen mit Behinderung sind von der Teilhabepflicht am Arbeitsmarkt ausgenommen und bekommen somit auch im neuen System die volle Mindestsicherung. Tatsache ist, nachdem sich die neue Mindestsicherung wie schon bisher am Ausgleichszulagenrichtsatz orientiert, stehen Pensionisten nicht schlechter da als vorher. Tatsache ist, von Ihnen angesprochen, mit dem Famili

 

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