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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 149

 

Die Frage ist, wem sich eine Stadtregierung vor allem verantwortlich fühlt. Wir schauen vor allem auf jenes Einkommensdrittel, für das jegliche Form einer Eigentumswohnung außerhalb jeden Spielraums ist. (GR Dr. Wolfgang Ulm: Dann ist auch eine Mietwohnung außer Reichweite!) Für Leute wie uns zwei, sage ich einmal, die wir diesen Dialog führen, die sich vielleicht eine Eigentumswohnung leisten können, ist die Frage, ob nicht das Angebot des freien Marktes hier ausreichend vorhanden ist. Der zentrale Unterschied, wenn ich Genossenschaften anschaue, ist nämlich, dass der billigste Wohnbestand, den wir in Wien haben, die abgeschriebenen und neu wieder auf den Markt oder zur Verfügung kommenden Genossenschafts- und Gemeindewohnungen sind, die teilweise mit Nettomieten von 3 oder 4 EUR dafür sorgen, dass im Verhältnis zu allen anderen Städten Wien einen guten Wohnungsbestand hat.

 

Viele von uns sind in deutschen Städten eingeladen, um dort zu diskutieren, die dort den verheerenden nicht wiedergutzumachenden Fehler gemacht haben, ihren kommunalen oder genossenschaftlichen Wohnungsbestand zu verkaufen, nämlich genau zu so Eigentumswohnung, wie Sie sie fordern, und jetzt vor der Situation stehen, dass ihnen die Wohnungspreise vollkommen explodieren und es für Normalverbraucher nicht mehr möglich ist, in der Stadt eine Wohnung zu bekommen.

 

Aber einigen wir uns darauf: Es gibt sozusagen in der Politik - machen wir es simpel - eine linke und eine rechte Wohnungspolitik. Beides ist legitim, und überraschenderweise ist der Zugang einer rot-grünen Regierung eher ein linker Zugang, im Sinne von sich den Einkommensschwächeren verpflichtet zu fühlen. Und Sie fühlen sich - und das ist hochanständig und nicht zu kritisieren - einem anderen Klientel zuständig. Das wird letztendlich langfristig der Wähler und die Wählerin entscheiden, was wichtiger ist, die Förderung von Eigentumswohnungen oder die Förderung von Miet- und Genossenschaftswohnungen für das unterste Einkommenssegment. (GR Dr. Wolfgang Ulm: Im Neubau kosten beide gleich viel!) - Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Wenn nicht wenige Eigentumswohnungen weitervermietet werden, unterliegen die keinen Mietzinsbegrenzungen.

 

Schauen Sie sich einmal an, was Vorsorgewohnungen kosten. Leute, die Eigentumswohnungen haben - es sei ihnen vergönnt -, über Erben oder über andere, und teilweise astronomische Mieten verlangen, während eine Genossenschaft verpflichtet ist, zu sehr geringen Kosten weiterzugeben. Und weil wir diesen Weg, den Sie verlangen, eben nicht gegangen sind, hat Wien einen Wohnungsbestand von vielen Hunderttausenden Wohnungen, die jedes Jahr neu auf den Markt kommen, Teile davon, die frei werden und die eben nicht Vorsorgemietpreise haben, sondern mietzinsbegrenzt sind. Wenn Sie ganz deutlich hören wollen, was uns unterscheidet: Ich halte das für eine zivilisatorische Errungenschaft der Sonderklasse, dass wir diese Mietzinsbegrenzungen haben, und je höher dieser Anteil ist, desto besser ist es aus unserer rot-grünen Sicht. Es gibt eine andere Sicht, 2020 wird der Souverän entscheiden, in welche Richtung die Wohnungspolitik in Wien geht. Das ist der eine Punkt.

 

Sowohl Herr Gara als auch Sie haben in einem Punkt in der Beobachtung recht, das sind die steigenden Baukosten. Das hat eine Vielzahl von Ursachen. Eine ist sozusagen insofern dem Erfolg geschuldet, als die Wohnungsneuproduktion in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Ich habe mir jetzt nur die Baubewilligungen angeschaut, die sich nahezu vervierfacht haben, nur für den mehrgeschoßigen Wohnbau in den letzten fünf Jahren. Und je mehr nachgefragt wird, desto mehr steigen die Preise. Meine düstere Prophezeiung ist, dass sie nicht mehr zurückgehen werden, auch weil sie lange relativ konstant gewesen sind. Deswegen wurde auch - ich weiß nicht, von wem der beiden - richtig ein Weg gewählt, dass man sozusagen bei der Neubauverordnung die Schraube aufgemacht hat und gesagt hat, passt auf, wir lassen den Deckel mit der Miete. Darf ich nur diese Zahl wiederholen: Die Nettomiete bei einer wohnbaugeförderten Wohnung ist unter 5 EUR. Suchen Sie am freien Markt irgendeine Wohnung, die unter 5 EUR da ist. Das ist der Deckel, der bleibt, und jetzt liegt es an der Kreativität und auch an der finanziellen Potenz der Wohnbauträger, über Fristen, über Refinanzierungen - da hilft das Zinsniveau -, über Wohnbauförderung, über sehr viele andere Dinge die steigenden Baukosten zu kompensieren.

 

Es gibt einen Schlüssel, und ich habe schon wiederholt gesagt, da wird sich in dieser Periode diese Regierung etwas einfallen lassen müssen - das sind die explodierenden Grundstückskosten. Ich wiederhole nur insofern meine Rede vor, glaube ich, einem dreiviertel Jahr in der aktuellen Stunde, als dass ich sie aktualisiere, dass wir viele Fälle haben, auch im 21. und 22. Bezirk, auch schon im 23. Bezirk, wo die Grundstückskosten pro Quadratmeter so hoch wie die gesamten Errichtungskosten sind, sodass wir jeglichen sozialen Wohnbau - jetzt sage ich, in die Haare schmieren, mit meiner Frisur - vergessen können. Sie haben, glaube ich, beide richtig gesagt, dass wir das soziale Element ausbauen müssen, und da müssen halt Grundstückskosten von 2-, 3-, ich sage schon, 350 EUR, aber sicherlich nicht von 7-, 8-, 900 EUR/m² da sein. Grund und Boden sind nur begrenzt vermehrbar.

 

Wir sind sozusagen Erfolgsopfer - unter Anführungszeichen - des großen Erfolgs, dass Wien attraktiv ist, dass sehr viele Menschen nach Wien kommen wollen, immer nach Wien gekommen sind, aus den Bundesländern, aus der EU, wie auch immer, dass wir stolz darauf sind, dass die Stadt auch davon lebt. Aber hier müssen wir Schritte setzen, und ich denke, in den nächsten zwei Jahren werden wir die Aufgabe haben, das zu machen.

 

Wo Kollege Gara, ich will es nur ganz kurz sagen, völlig recht hat, ist, dass die Klima- und Energiefrage eine zentrale ist. Spätestens wenn die Bauordnung in die öffentliche Begutachtung geht, wird sie allen zugänglich sein, selbstverständlich auch den Oppositionsparteien, und dann ist auch noch die Möglichkeit, die eine oder andere Idee einzuarbeiten. Hier sind wir, glaube ich, in den Gesprächen sehr weit gekommen, mit der Beamten

 

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