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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 149

 

die Zukunft der Jugend, und es ist notwendig, sich diesem Friedensprojekt der Europäischen Union, und nicht nur dem Zukunftsprojekt Europäische Union, sondern dem Großraum Europa inklusive des Europarates zuzuwenden. Warum? - Der Europarat steht für Menschenrechte, das ist die noble Kultur des Kontinents. Und in einer Zeit, in der diese Menschenrechte global immer mehr gefährdet werden, immer mehr angefeindet werden, scheint es notwendig zu sein - und da ist Wien als Menschenrechtsstadt ein leuchtendes Beispiel -, sich auf Menschenrechte zu fokussieren und diese gegebenenfalls zu verteidigen gegen alle, die versuchen, Menschenrechte auszuhöhlen. Denn wenn wir das nicht tun, tut es niemand, und dann gehen sie verloren, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

In dem Zusammenhang, weil gesagt worden ist, mit Mikrofon ist man lauter, etwas Grundsätzliches: Lauter heißt nicht richtiger (GR Mag. Wolfgang Jung: Das hat keiner behauptet!), es heißt eben nur lauter. - Dieser Eindruck wurde erweckt, Herr Kollege Jung, und ich weise ihn nicht zurück, sondern ich sage ganz einfach, das ist falsch. Ich bin für den Austausch von Argumenten, und das ist auch eine Kulturtradition, die wir in Österreich und in Europa haben, und ich bin besorgt, ernsthaft besorgt, dass in unserer Umgebung diese Kultur zunehmend verloren geht und autoritären Tendenzen weicht. Demokratie ist fragil, Demokratie braucht Zeit, Demokratie braucht Kraft, und Demokratie braucht Mitgefühl. Demokratie braucht nicht Lautsein und Draufhauen (GR Mag. Wolfgang Jung: Aber über die Themen haben wir nie geredet im Ausschuss! Nie!) - ja, eh -, das ist nicht das, was wir wollen.

 

Dem Kollegen Neumayer bin ich sehr dankbar dafür, dass er darauf hingewiesen hat, wie unser Standing zum Thema Digitalität in Europa ist. Ich war am Wochenende auf einen Kongress in Berlin eingeladen, und ich darf Ihnen mitteilen - und das ist eine Leistung der Stadt Wien, für die ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich bedanken möchte -, dass Wien um seinen Standard der Digitalisierung, gerade auch der digitalen Verwaltung, sehr beneidet wird - worauf ich stolz bin -, auch in der Bundesrepublik Deutschland, und das zeigt mir schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das ist auch Europa: Dass man voneinander lernen kann - und in diesem Fall kann man von der Stadt Wien lernen -, wie man etwas woanders gut macht. Ich bin auch dem Vorsitzenden des Gemeinderats dankbar für seine Initiativen in dieser Frage, und das ist auch etwas, was uns wirtschaftlich etwas bringen kann.

 

In diesem Zusammenhang, weil die Frage angesprochen wurde: Wollen wir mehr oder weniger Europa? - Das ist eine abstrakte Frage, und die Antwort lautet: Wollen wir, dass der Bundeskanzler von Österreich mit dem Vorsteher des 12. Bezirks von Shanghai zukünftig auf Augenhöhe verhandelt? - Denn das sind ungefähr die Dimensionen. Österreich ist ja ein kleines Land auf einem kleinen Kontinent, und wenn es nicht gelingt, die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu bündeln - und das kann im Wesentlichen nur über die Europäische Union gelingen -, dann wird es für uns schwierig, auch wirtschaftspolitisch schwierig werden. Was mich völlig fassungslos macht, ist, dass nicht erkannt wird, dass die Europäische Union ja auch ein Projekt zum gemeinsamen Nutzen in wirtschaftspolitischer Hinsicht ist. Jeder, der heute probiert - und das stimmt mich besorgt -, die Union zu zerschlagen, schadet den Bürgern der Union, den eigenen und den anderen.

 

Das beste Beispiel dafür ist die Diskussion um den Brexit. Wir haben nächste Woche Ausschuss der Regionen. Die Vorinformationen sind, dass das Vereinigte Königreich keine Anstalten macht - weil sie sich intern nicht einig sind -, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Das heißt, es läuft auf einen Hard Brexit hinaus. Und ein Hard Brexit ist jedenfalls für die Bürger des Vereinigten Königreichs, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger der Republik Irland und in letzter Konsequenz auch für uns ein Problem.

 

Das bedeutet nämlich, dass, wenn wir keine Zoll- und sonstigen Vereinbarungen haben, österreichische Waren ins Vereinigte Königreich und umgekehrt nicht unbehindert fließen können.

 

In dem Zusammenhang, meine Damen und Herren: Ich finde es merkwürdig, wenn immer über die Freiheiten der Union diskutiert wird, denn zwei Freiheiten werden eingeschränkt: die Freiheit der Reise und die Freiheit der Arbeit. Die Freiheit des Kapitals und die Freiheit der Dienstleistung hingegen sind bekanntlich nie ein Problem. Und das ist - und jetzt möchte ich es doch einmal probieren - für eine soziale Heimatpartei merkwürdig, Kollege Jung. Denn eigentlich müssten wir ja die Arbeit schützen und die Reise schützen - und nicht umgekehrt -, und das vermisse ich schon sehr. (GR Mag. Wolfgang Jung: Wir sind sehr dafür, die Reisenden zu schützen!)

 

Und in dem Zusammenhang - weil ich da auch der Kollegin Tanja Wehsely dankbar bin für die gemeinsamen Aktivitäten in der Union -: Da geht es schon auch um Steuern und Einnahmen! Wir verlieren pro Jahr ungefähr 1.000 Milliarden EUR durch Steuerbegünstigungen für Konzerne. Und unsere Bemühung als Stadt Wien ist dahin gehend, dass wir in Zukunft nicht stolz darauf sind oder uns freuen, dass der Herr Zuckerberg spendet, sondern wir hätten gerne, dass er seine Steuern zahlt. Das wäre schon fein. Das ist unser Bemühen und das ist das, was wir als Stadt Wien machen können. Ich überschätze Wien nicht - wir sind eine nicht sehr große Stadt im europäischen Konzert -, aber ich unterschätze Wien auch nicht, denn wir haben ein gutes Standing und wir bringen dort viel zuwege. Jeder, der einmal an internationalen Veranstaltungen teilgenommen hat - und das betrifft ja nicht nur die Regierung, das betrifft auch die Opposition -, weiß, wie wohlgelitten wir sind und wie sehr auf unsere Stimme gehört wird.

 

Und das betrifft - wenn man ihm noch so viel nachwerfen will, zu Unrecht und eigentlich empörenderweise - den ausgeschiedenen Herrn Bürgermeister. Herr Dr. Häupl ist ein Faktor in Europa, und wir waren gut beraten, ihn als Bürgermeister zu haben. Und ich bin mir 100-prozentig sicher, dass der nächste Bürgermeister diesen erfolgreichen Weg fortsetzen wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. Abgesehen davon, dass wir auch

 

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