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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 149

 

eher wie ein steinerner Gast. Aber immerhin, sie hat dieses Thema heute angesprochen und insofern zu Recht angesprochen, als sich die Europäische Union zur Zeit in einer schwierigen Phase befindet. Es wird eine schwere Präsidentschaft für Österreich, die Probleme häufen sich: Es fällt der Brexit an, es fallen die neuen Zahlungen für Griechenland an, es fällt die erstarkende Fluchtwelle an und auch die Problematik in der Bundesrepublik Deutschland, die nicht ohne Auswirkungen auf Europa bleiben wird - wer glaubt, das leugnen zu können, lügt sich selbst in die Tasche.

 

Es kracht in dieser Union an allen Ecken und Enden. (Zwischenruf von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.) - Ja, das tut es, Herr Kollege, das stimmt. Vor allem die durch die Massenzuwanderung ausgelösten Probleme machen deutlich, dass es so, mit der gegenwärtigen Struktur der Union, nicht weitergehen kann. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sondern?)

 

Dabei stehen sich zwei verschiedene Lösungsmodelle fast, könnte man sagen, diametral gegenüber. Das eine ist: mehr Union, noch mehr Vergemeinschaftung, und die zweite Variante ist eben die, die eine verstärkte Subsidiarität zumindest in Teilbereichen (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: In welchen Bereichen?) und die Rückkehr zu nationalen oder auch bilateralen Lösungen verlangt. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: In welchen Bereichen? Konkret bitte: Welche Bereiche?) - Was meinen Sie mit „welche“? (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Welche Bereiche …) - Das ist sehr, sehr viel, Frau Kollegin. Wir sehen es ja am Beispiel des Grenzschutzes: Wenn der Grenzschutz in der Union nicht funktioniert, dann muss ich ihn, zumindest solange er nicht funktioniert, auf der nationalen Ebene lösen. (Beifall bei der FPÖ. - GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Also wieder: Grenzen schließen …) Auch wenn Sie dann immer wieder fordern - Sie weniger, denn Ihre Fraktion ist zu klein (GR Kurt Wagner: Na, na, na!), aber wenn immer wieder Forderungen gestellt werden, man möge das doch in Europa lösen: Ja, das wäre gut, aber solange es nicht geht - und es zeigt sich durch Jahre hindurch, seit 2015, dass es nicht geht -, gilt es, auf nationaler Ebene zu handeln. Und wer in der Zwischenzeit nicht handelt, handelt verantwortungslos - und das tut diese Regierung nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Viele und immer mehr Bürger in Europa - nicht nur in Österreich, nicht nur in Deutschland, in Ungarn, in den Visegrád-Staaten oder anderen Ländern - haben es satt, dauernd beschwindelt und beschwichtigt zu werden. Wenn Sie jetzt sagen, das stimmt nicht, dann erinnern Sie sich doch an Herrn Kollegen Juncker, der gesagt hat: „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ - Jetzt ist es sehr ernst. Die Frage ist: Was wollen sie uns jetzt vorlügen? Es war aber nicht nur Kollege Juncker im Europaparlament, sondern es war auch Schäuble, der gesagt hat, „wir bescheißen“ die Bürger „gelegentlich“. Im Europaparlament! Diese Herren haben ja nicht einmal mehr den Genierer, das zu leugnen - und dann wundert man sich in Brüssel, wenn die Bürger diese Union in der Form, wie sie jetzt läuft, nicht mehr wollen.

 

Im Übrigen hat ja auch der jetzige Bundespräsident als damaliger grüner Abgeordneter so etwas Ähnliches gesagt, als er die Frau Minister Fekter bei den Griechenland-Krediten im Parlament verteidigt hat. Er hat damals gesagt: „Sie muss sich in so einem Fall verschweigen, sie muss sogar, finde ich, gegen ihre eigene Überzeugung sprechen,“ - gegen ihre eigene Überzeugung! - „wenn sie öffentlich spricht.“ - Das heißt, man muss die Bevölkerung beschummeln. - „Denn wenn sie der Meinung sein sollte, dass Griechenland das nicht zurückzahlen können wird, was wird dann sein? - Dann würden die Leute fragen: Ja und was heißt das, wer zahlt dann und was passiert dann?“ - Genau das fragen sich die Leute nämlich dann.

 

Er wurde von dann von Abg. Strache mit einem Zwischenruf unterbrochen. Dieser hat gesagt: „Das wäre der ehrliche Umgang!“ - Und Van der Bellen hat darauf geantwortet: „Das wäre ein ehrlicher, aber unprofessioneller Umgang.“ Darauf gab es Beifall bei GRÜNEN und ÖVP. - Strache sagte darauf: „Man muss also lügen, um professionell zu sein!“ Und Van der Bellen hat gesagt: „Sorry, das muss ich so sagen.“

 

Das ist die Art und Weise, wie man mit den Bürgern auf die Dauer nicht umgehen kann. Man kann sie nicht auf die Dauer beschwindeln! Da gibt es einen berühmten amerikanischen Staatsmann, Abraham Lincoln, der gesagt hat: „Man kann einen Teil des …“ (Zwischenrufe von GR Kurt Wagner und GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) - Frau Kollegin Meinl, hören Sie es sich an! - Lincoln hat gesagt: „Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen …“ (Neuerlicher Zwischenruf von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) - Ich habe das Mikrofon, Frau Kollegin, ich kann lauter reden. - „Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen und das ganze Volk einen Teil der Zeit, aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.“ - Und genau in diesem Stadium sind wir heute in Europa, nicht nur in Österreich, sondern in vielen anderen Ländern auch! (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenrufe von GR Dr. Kurt Stürzenbecher und GR Mag. Rüdiger Maresch.)

 

Die Bürger sehen genau, was in Brüssel vorgeht, und sie merken, dass es so nicht weitergehen kann (Neuerlicher Zwischenruf von GR Dr. Kurt Stürzenbecher.), denn dieses Kartenhaus der Träumer, Herr Kollege (Neuerlicher Zwischenruf von GR Kurt Wagner.) - da gehören Sie auch dazu …

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger (unterbrechend): Bitte um ein bisschen Ruhe im Saal!

 

GR Mag. Wolfgang Jung (fortsetzend): … zerschellt an der Realität der Flüchtlingswelle. (GR Kurt Wagner: 12 Stunden, 60 Stunden, ja ja!) - Jetzt sind Sie wenigstens aus der Mittagspause aufgewacht. Das hat auch etwas für sich.

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger (unterbrechend): Bitte die ständigen Zwischenrufe zu unterlassen!

 

GR Mag. Wolfgang Jung (fortsetzend): Es zerschellt an der Realität der Flüchtlingswelle und an deren Problemen, die gewaltig sind und die - wie wir ja auch heute im Zusammenhang mit dem Budget gehört haben - für

 

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