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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 27.04.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 124

 

Darüber hinaus kann ich Ihnen berichten, dass die Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Antisemitismus in Wien, die wir hier gemeinsam einstimmig beschlossen haben, das erste Mal getagt hat. Ich bedanke mich in dem Zusammenhang bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe, sowohl den Politikerinnen und Politikern als auch den Expertinnen und Experten für das exzellente Arbeitsklima und die Ernsthaftigkeit, mit der dort agiert worden ist.

 

Ich darf Ihnen demzufolge heute einen Resolutionsantrag vorstellen, der von den Mitgliedern dieser Arbeitsgruppe einstimmig empfohlen worden ist und von fünf Parteien eingebracht wird. Es geht um die Übernahme der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance. Das ist eine weltweite Organisation, die sich der Bekämpfung des Antisemitismus verschrieben hat. Diese Arbeitsdefinition ist die Grundlage vieler Institutionen, auf der Antisemitismus bekämpft wird, und es wird mit diesem Antrag der fünf Parteien angeregt und beantragt, diese Arbeitsdefinition inklusive der Erläuterungen zustimmend zur Kenntnis zu nehmen und sie damit auch als Grundlage der Arbeit des Wiener Gemeinderates anzusehen. In formeller Hinsicht wird um die sofortige Beschlussfassung ersucht. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster ist Herr GR Mag. Ebinger zu Wort gemeldet.

 

15.19.30

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Ich kann mich den Worten des Kollegen Florianschütz nur anschließen und möchte eines feststellen: Wir haben ja heute schon zum Teil sehr hitzige Debatten hinter uns, bei denen auch mit diesem Begriff aus meiner Sicht leichtfertig umgegangen wird. Umso erfreulicher ist diese Arbeitsgruppe. Wahrscheinlich, das sage ich auch ganz offen, liegt es an der sehr seriösen Vorsitzführung von Herrn Florianschütz: Hier meldet man sich zu Wort, im Protokoll stehen dann die Wortmeldungen ohne irgendwelche Parteiangaben. Wir tagen mehr oder weniger abwechselnd in den einzelnen Klubs - wir haben keine besonderen Klubräumlichkeiten, wir müssen irgendetwas finden, wenn wir drankommen, aber jetzt sind wir einmal bei der ÖVP. Wir tagen jetzt laufend. Ich möchte auch feststellen, dass es ja schon ein Projekt ist, bei dem noch der Abgeordnete Lasar Mitglied hätte sein sollen, also es hat durchaus lange gedauert, bis das mehr oder weniger ins Laufen gekommen ist, aber jetzt läuft es.

 

Da es heute auch schon erwähnt wurde, Fußball, sei es Fans, sei es Satzungen, Jugendarbeit, aber auch der Al-Quds-Tag: Wir werden zu all diesen Themen versuchen, Anträge zu stellen, und werden versuchen, uns hier in einer zurückgenommenen Art und Weise mit den Dingen zu beschäftigen, nicht so, wie das heute hier der Fall gewesen ist. Natürlich, jeder muss vor seiner eigenen Tür kehren, aber das Erfreuliche an dieser Arbeitsgruppe ist, dass es wirklich um die Sache geht und nicht um Parteipolitik. Deswegen freue ich mich, dass ich da dabei bin und selbstverständlich stimmen wir dem Antrag zu. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Mag. Juraczka. - Bitte.

 

15.21.57

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es freut mich, dass ich von der Geschwindigkeit der Sitzungstagung heute noch überrascht werden konnte, und bitte daher, mein vorheriges Nichtanwesend-Sein zu entschuldigen. Aber es ist mir bei diesem Tagesordnungspunkt ein wirkliches Anliegen, mich zu Wort zu melden. Einerseits, weil leider Gottes auf Grund verschiedener Ereignisse das Thema Antisemitismus nicht nur in Wien, sondern generell in Europa ein Wichtigeres geworden ist - ein noch Wichtigeres, ist man geneigt zu sagen, als es immer schon war -, andererseits, weil es mir, ähnlich wie meinem Vorredner, Herrn Ebinger, wichtig ist, auch danke zu sagen. Danke auch gegenüber den Regierungsparteien, wenn einmal etwas funktioniert.

 

Und diese Arbeitsgruppe funktioniert in der Tat. Nicht nur, dass wir es hier schaffen, dass alle Fraktionen in diesem Wiener Rathaus sozusagen gemeinsam agieren, denn es gab ja früher Arbeitsgruppen, da hat man aus moralischer Überhöhung gemeint, der eine oder andere dürfe nicht dabei sein. Nun wird auf Augenhöhe - und das kann ich schon nach einer Sitzung sagen, danke an dich, lieber Peter Florianschütz - hier gesprochen, und ich meine, gut gesprochen.

 

Der gemeinsame Fünf-Parteien-Antrag, den wir heute vorliegen haben, ist ein erster Ausfluss. Ich glaube, es ist durchaus wichtig, dass diese Budapester Erklärung der IHRA, diese Definition des Antisemitismus, die im Übrigen auch schon vom österreichischen Ministerrat im April des letzten Jahres übernommen wurde, jetzt auch als ganz klarer, auch symbolischer Akt hier in Wien eine, wie ich annehme, einhellige Zustimmung findet.

 

Wir alle wissen ja, dass es seit vielen Jahrhunderten leider Gottes ganz verschiedene Ansätze von Antisemitismus gibt, die man - und auch das ist mir ein wichtiges Anliegen - nicht gegeneinander aufrechnen sollte. Ganz im Gegenteil, all diese Ansätze dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben:

 

Da gibt es den nationalsozialistischen Antisemitismus, mit den absolut schlimmsten Folgen, die es geben konnte: Sechs Millionen Tote sind stumme Zeugen, zu welch unglaublichen Irrwegen dieser Antisemitismus fähig ist.

 

Wir haben, auch das ist derzeit in Europa leider aktuell, den muslimischen Antisemitismus: Da hat es erst vor Kurzem ein „Im Zentrum“ gegeben, mit Aussagen des österreichischen Künstlers Arik Brauer, die ich jetzt gar nicht weiter kommentieren möchte, die aber schon die Problematik auch dieser Form des Antisemitismus zeigen. Und auch ganz aktuelle Vorfälle in Frankreich und Großbritannien zeigen uns, dass wir uns auch dieser Problematik stellen müssen.

 

Es gibt historisch natürlich den christlichen Antisemitismus, der sich erst ein bisschen durch das Zweite Vatikanische Konzil und in weiterer Folge einer Aussöhnungspolitik auch von Johannes Paul II. ein bisschen reduziert hat, der sich aber durchaus auch als Wurzel

 

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