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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 102

 

GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Danke, Frau Stadträtin!

 

Da möchte ich schon einhaken, weil Sie gesagt haben, die Gier sei am Verfall des Kulturerbes schuld. Da wundere ich mich schon, warum gerade die rot-grüne Stadtregierung den rot-grünen Teppich ausgerollt hat für eben genau diese Gier. Messen Sie da nicht ein bisschen mit zweierlei Maß, wenn Sie sozusagen unterteilen in guter Investor und schlechter Investor, einzelne dann für Ihre Propaganda herausgreifen und als Miethaie bezeichnen, während Sie anderen Flächenwidmungen erlauben und ermöglichen und letztlich genau diese Profitorientiertheit unproblematisch finden?

 

Aber die Problematik, die ich auch darin sehe, Frau Stadträtin, ist, dass Sie die Verantwortung für das Weltkulturerbe und für den Schutz dieses kulturellen Erbes und auch der Ensembles rein auf die Privaten abwälzen. Die Stadt hat auch die Verantwortung, die Stadtregierung hat auch die Verantwortung, da, wo sie tätig ist, behutsam mit dem Erbe umzugehen. Die Fälle in der Vergangenheit, sei es der Heumarkt oder auch ganz besonders das Otto-Wagner-Areal, das einzigartig ist in dem Ensemble, sowohl kulturpolitisch als auch sozial- und gesundheitspolitisch, zeugen nicht gerade davon, dass es hier einen behutsamen Umgang gibt. Daher jetzt meine Frage: Neben den bürokratischen Verhandlungen mit der UNESCO - was gedenkt die Stadtregierung, was gedenken insbesondere Sie in Ihrer Verantwortung zu tun, damit Sie behutsamer mit dem Kulturerbe Wiens umgehen?

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bitte, Frau Stadträtin.

 

VBgm.in Mag. Maria Vassilakou: Sehr geehrte Frau Klubobfrau!

 

Das war aber jetzt sehr viel. Ich werde mich bemühen, nach Möglichkeit die sehr, sehr vielen verschiedenen Punkte, die Sie hier in dieser Frage angesprochen haben, zu beantworten, wenn auch in der gebotenen Kürze. Vorweg: Es wundert mich sehr, dass ausgerechnet Sie, die Sie hier eine Partei vertreten, die durchaus als wirtschaftsaffin gilt, auf diese äußerst undifferenzierte Art und Weise - fast möchte ich sagen, populistisch - mit dem Thema Investoren umgehen. Das wundert mich.

 

Noch mehr wundert es mich, dass Sie an dieser Stelle nicht auch sehen oder ansprechen, dass es natürlich Unterschiede gibt. Selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen Investoren. Es gibt diejenigen, mit denen die Stadt seit Jahren gut zusammenarbeitet, es gibt diejenigen, die alle Auflagen der Stadt auf Punkt und Beistrich erfüllen, es gibt diejenigen, die inzwischen bekannt sind für Ihre Handschlagqualität, und es gibt diejenigen, die sich an nichts halten. Es gibt diejenigen, die ein Mal mehr absichtlich Hauser kaufen und verkommen lassen, es gibt diejenigen, wo wir in regelmäßigen Abständen sichernde Maßnahmen ergreifen oder die Mieterinnen und Mieter unterstützen müssen, weil sie in Häusern leben, in denen Ihnen der Verputz von den Wänden sozusagen auf den Kopf fällt. Natürlich gibt es Unterschiede, und wenn ich von der Gier spreche, dann meine ich genau diese skrupellose Gier, die immer wieder dazu führt - ich wiederhole es -, dass man Häuser kauft, sie verkommen lässt, ganz, ganz satte Profite vor Augen hat und ein Mal mehr der Stadt wiederum die Verantwortung überlässt, Menschen aufzufangen in diesen Situationen - was wir sehr gerne tun, weil das unsere Aufgabe auch ist, zu der wir stehen. Also ja, es gibt einen Unterschied, und entsprechend diesem Unterschied gibt es dann auch Widmungsverfahren, die zu einem Ende kommen, und Widmungsverfahren, die nie stattfinden, um genau zu sein. Ich glaube, das ist eine Antwort, die eindeutig ist.

 

Wenn es um die Verantwortung der Stadt, um meine persönliche Verantwortung und meinen Zugang im Zusammenhang mit dem Weltkulturerbe und mit schützenswerter Bausubstanz geht, möchte ich Sie daran erinnern, dass es auf meine Initiative sowie auf Initiative einiger Kolleginnen und Kollegen hin zu einer Überarbeitung jener Widmung im Ost-Areal des Otto-Wagner-Spitals gekommen ist, die seinerzeit, vor etlichen Jahren ohne Zustimmung der Grünen in diesem Haus verabschiedet wurde und die tatsächlich ein Ausmaß der Bebauung ermöglicht hätte, das ich heute genauso wie damals als sehr bedenklich empfinde. Das Ergebnis war ein Mediationsverfahren, eine Neuplanung, eine erhebliche Reduktion dieser Bebaubarkeit und schlussendlich eine Lösung, mit der das Areal nicht nur in seiner Einzigartigkeit, wenn Sie so wollen, gewahrt bleibt, sondern darüber hinaus auch inzwischen, wie Sie ebenfalls eigentlich wissen müssten, eine Perspektive erhalten hat, um künftig aller Wahrscheinlichkeit nach als wissenschaftliche Stätte genutzt zu werden, was im Übrigen wirklich die bestmögliche Perspektive ist für dieses Areal.

 

Dieses Beispiel, das Sie nennen, zeigt eindeutig, wie man Verantwortung wahrnimmt. Verantwortung für so ein Areal nimmt man nicht wahr, indem man ein Prädikat draufklebt und dann stolz durch die Stadt spaziert, sondern Verantwortung nimmt man vielmehr wahr, indem man dafür sorgt, dass dieses Areal eine Perspektive, eine entsprechende Nutzung hat, damit es nicht zugesperrt vor sich hin verrottet und dabei Welterbe-Stätte heißt. Denn was hat das Areal davon und was haben künftige Generationen unserer Stadt davon, wenn es zwar Welterbe-Stätte heißt, aber niemand das Geld hat, um es zu sanieren, und es niemand nützen will? Also meiner Meinung nach habe ich getan, was ich zu tun hatte. Ich denke, dass auf diese Art und Weise - das sage ich jetzt ein Mal mehr - das Otto-Wagner-Spital eine gute Zukunft vor sich hat, weil eine Verbauung verunmöglicht wurde, weil eine Verbauung nicht sinnvoll ist, es keine Notwendigkeit gibt dafür. Wenn demnächst auch eine Einigung der Koalitionspartner erreicht worden ist, freue ich mich darauf, hier in diesem Haus eine neue Widmung für das Areal vorzulegen, die sämtliche Bebaubarkeit, die damals innerhalb des Areals möglich wurde, wieder rückgängig macht, redimensioniert und damit eine Widmung schafft, die Sicherheit dafür gibt, dass es auf diesem Areal, auf dieser Stätte, die tatsächlich unser kulturelles Erbe darstellt, eine, wie gesagt, gedeihliche Entwicklung gibt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

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