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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 25.11.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 26

 

Wir verlieren die engagiertesten MitarbeiterInnen, und das kann es nicht sein! Deswegen spreche ich hier von einem politischen Notstand in der Gesundheitsversorgung. Dieser politische Notstand wurde letztendlich durch Parteipolitik, Intransparenz und Misswirtschaft in den letzten Jahren geschaffen. Das System ist sehr teuer und ineffizient.

 

Das betrifft natürlich nicht nur Wien, das gilt österreichweit. Es ist ja vollkommen absurd, dass wir teure Paralleluniversen und Machtstrukturen offenbar für die Ewigkeit geschaffen haben. 22 Sozialversicherungen österreichweit sind nur ein Symbol dieser Ineffizienz und Steuergeldverschwendung. Letztlich wurde ein 14-Klassen-System in der Medizin geschaffen.

 

Wie kann es denn sein, dass es nach Jahrzehnten noch keine einheitlichen Leistungs- und Honorarkataloge gibt? Wie kann es denn sein, dass es noch immer keine Finanzierung aus einer Hand gibt? - Dazu muss man sagen: Das hat die Weltgesundheitsorganisation im Hinblick auf Österreich schon im Jahre 1969 - 1969! - gesagt.

 

Das heißt: Der Grund, warum das nicht funktioniert, ist letztendlich, dass das politisch nicht gewollt ist. Man hat keine Lust, alte Machtstrukturen aufzubrechen. - Dazu muss ich sagen: Das können wir uns nicht mehr leisten!

 

Gestern wurde hier das Thema der Daseinsvorsorge von Rot-Grün behandelt: Ich bin absolut für die Daseinsvorsorge, aber ich muss Ihnen sagen: Das ist Doppelmoral! Rot-Grün agiert hier in einer Doppelmoral. Auf der einen Seite sagen Sie, dass es keine Privatisierung des Spitalswesens geben darf, aber auf der anderen Seite reduzieren Sie Spitalsambulanzen und die öffentliche Gesundheitsversorgung, ohne adäquat für einen Ausbau im niedergelassenen Bereich zu sorgen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das funktioniert nur mit der Finanzierung aus einer Hand. Die vielen Kassenpraxen sind überlaufen, viele Kassenstellen können nicht mehr nachbesetzt werden. Das bedeutet, dass wir letztlich von einer schleichenden Privatisierung des Gesundheitssystems sprechen können, denn diejenigen, die es sich leisten können, gehen zu den Wahlärzten. Und Sie akzeptieren das, meine Damen und Herren! Das nenne ich Doppelmoral!

 

Seien Sie wenigstens ehrlich und gestehen Sie sich ein, dass wir hier massiv etwas verändern müssen! Im Jahr 2016 gab es eine ganze Reihe von Vorkommnissen und Pannen, und der Warnstreik der Spitalsärzte im Sommer war letztendlich die Folgewirkung von Ignoranz, falschen Zahlen und schlechten Vereinbarungen.

 

Ich frage mich, wo hier sozialpartnerschaftliche Lösungen waren, denn wenn Sie mit falschen Zahlen agieren, dann ist ganz klar, dass die Ressourcen knapper werden und die Dinge allmählich aus dem Ruder laufen. Die Folge davon war letztendlich, dass die Spitalsärzte gesagt haben: Wir gehen auf die Straße, wir streiken, wir lassen uns das nicht mehr gefallen!

 

Sie erinnern sich vielleicht noch an die tumultartigen Szenen in den Kinderambulanzen des Donauspitals am Anfang des Jahres. Sie erinnern sich vielleicht auch noch an den Aufschrei der Pflege, der im „Schwarzbuch Kranker Anstaltenverbund“ gipfelte. - Auch in diesem Zusammenhang habe ich letztendlich von Ihrer Seite nichts gehört, da gab es keinerlei Erklärungen, gar nichts! Aber die Sorge ist auch bei den Pflegeberufen und anderen Berufsgruppen im Wiener Krankenanstaltenverbund groß, weil der Stress steigt.

 

Daher finde ich diese Initiative von Frau Hufnagl wirklich gut, denn das zeigt: BürgerInnen können mobilisieren. Das halte ich für wichtig, denn das ist die Rote Karte gegenüber einen alten Politik, die einfach kein Interesse mehr daran hat, den Menschen zuzuhören. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich höre dann von Ihnen immer dieses Mantra, dass wir das beste Gesundheitswesen der Welt nicht schlechtreden dürfen. Aber letztlich gibt es überall diese Sorgen und Probleme. Trotzdem lese ich immer nur Jubelmeldungen und höre, wie wunderbar alles funktioniert. Ich sehe aber, dass Sie nur wenig zuhören und Kritik annehmen. Es wäre aber meines Erachtens eine ganz wichtige Entwicklung in der Wiener Gesundheitspolitik, dass Sie endlich zuhören! (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich kann Ihnen noch unzählige Beispiele von Menschen aufzählen, die uns kontaktiert haben und mit denen ich - vor Ort - gesprochen habe. Diese Menschen sind wirklich besorgt, dass das, was wir geschaffen haben, letztendlich auseinanderdriftet.

 

Wir stehen für eine öffentliche Gesundheitsversorgung. Diese muss aber neu gedacht werden, da darf es keine Denkschranken geben. Bgm Häupl meinte zuletzt, dass die Leute halt bei jeder Veränderung jammern. - Ich denke, in diesem Zusammenhang geht es nicht um Jammern, sondern um einen massiven Aufstand!

 

Ich möchte jetzt nur einen Arzt zitieren, der zu mir gesagt hat: „Glauben Sie wirklich, dass ich auf einem sinkenden Schiff arbeiten möchte?“ - Ich glaube, an dieser Stelle stehen wir im Moment. Wir müssen die Wiener Gesundheitsversorgung integriert denken, planen und finanzieren, sonst rutscht uns ein gutes öffentliches Gesundheitssystem ab! - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für die Erstredner jeder Fraktion 20 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt.

 

Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Mag. Meinl-Reisinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

10.15.08

GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Mein Kollege Stefan Gara hat gut erklärt und dargelegt, warum wir diese heutige Sondersitzung einberufen haben. In den letzten Monaten haben wir auf sehr vielen verschiedenen Ebenen gehört - sei es auf Ebene der Patientinnen und Patienten, sei es auf Ebene des Pflegepersonals, sei es auf Ebene der Ärztinnen und Ärzte, sei es aber auch hier in der politischen Diskussion -, wo überall im Wiener Gesundheitssystem der Wurm ist und wo große Sorge besteht. Mein Kollege Dr. Gara hat jetzt,

 

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