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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 75

 

Ich glaube, in diesem Bekenntnis muss man durchaus unterscheiden nach den verschiedenen Sparten und Abteilungen, würde ich einmal sagen, von Kunst und Kultur. Wir haben uns ja da schon einige Male dahin gehend geäußert, dass wir uns das auch in Form einer Art Aufgliederung des Budgets wünschen würden, sodass man klarer sagen kann, was ist eigentlich der Beitrag zum Erhalt und zur Bewahrung des zweifelsohne großen und wichtigen kulturellen Erbes in dieser Stadt, was ist Kunstförderung im eigentlichen, im engeren Sinn, was wollen wir auch damit, sich aber auch anschauen kann: Welche Bedürfnisse hat beispielsweise die bildende Kunst gegenüber der darstellenden Kunst?

 

Ich bin sicher, dass da auf sehr viele Aspekte eingegangen wird, aber ich glaube, dass man hier einen kulturpolitischen Diskurs durchaus wieder verstärkt führen muss, denn in den einzelnen Bereichen ist das Zusammenspiel auch mit dem Markt ein ganz unterschiedliches. Es macht einen Unterschied, ob ich im Bereich der darstellenden Kunst unterwegs bin, wo ich immer - immer nicht, ich werde auch gleich darauf eingehen, aber großteils - auch Förderungen brauchen werde, um Stücke auf die Bühne zu bringen, oder beispielsweise im Bereich der bildenden Kunst, wo es sehr wohl auch meiner Meinung nach nötig wäre, sich verstärkt Gedanken darüber zu machen, wie man hier auch einen Markt forcieren kann. Das ist ja auch zum Teil geschehen, beispielsweise auch, wenn steuerliche Begünstigungen für private Subventionen in dem Bereich gewährt werden, aber ich glaube, hier könnte man entschlossenere Schritte weitergehen, weil ich mit Bedauern feststellen muss und immer wieder höre, dass Künstlerinnen und Künstler nicht nur auf Grund fehlender Ateliers - das auch -, aber vor allem auch wegen des fehlenden Marktes Österreich dann verlassen, und das sollte uns zu denken geben.

 

Was auf jeden Fall mir oder uns wichtig ist: Dass Kunst und Kultur möglichst frei und ohne Einflüsse entstehen können. Ich glaube, das ist auch etwas, worauf wir uns generell einigen können. Das hieße meiner Meinung nach auch, verstärkt darüber nachzudenken, infrastrukturelle Förderungen zu geben und tatsächlich dann Dinge in einer gewissen Selbstverwaltung entstehen zu lassen. Da lohnt dann, glaube ich, auch einmal der Blick in andere Städte, wo solche selbstverwaltenden Kulturzentren über bestimmte Jahre - das wird ausgeschrieben - ein wertvoller Beitrag beispielsweise auch in Stadtentwicklungsgebieten sein können.

 

Wichtig ist mir bei dieser möglichst freien Entfaltung aber, dass man schon auch kritisch sehen muss, dass sich so etwas wie ein Fördermarkt herausetabliert hat. Also auch der Bereich der öffentlichen Kunst- und Kulturförderung ist nicht frei von einem Markt. Wir wissen ganz genau, und Künstlerinnen und Künstler sagen mir das immer, welche Art der Produktionen gefördert wird, wofür es Geld gibt und wofür nicht. Ich möchte jetzt nicht polemisch werden, aber ich glaube, Sie können sich vorstellen, dass es gewisse gesellschaftspolitische Anliegen gibt, die verstärkt gefördert werden - ich würde diese durchaus dann teilweise in einen Mainstream einordnen und nicht in eine kritische Auseinandersetzung mit der Gesellschaft -, und andere Bereiche - was weiß ich, wenn ich jetzt beispielsweise über Alien etwas machen möchte - sind halt im Moment nicht so im Spektrum angekommen. Ich weise einfach darauf hin.

 

Ich sage das auch deshalb, weil es sehr wohl auch in diesen bestehenden öffentlichen Förderstrukturen gläserne Decken gibt. Diese gläsernen Decken gibt es auf Grund eines vorherrschenden Senioritätsprinzips - das wissen wir auch aus ganz vielen Evaluierungen. Und an dieser Stelle sei noch einmal gesagt, wie wichtig ich es fände, dass Wien entschlossen einmal eine umfassende Evaluierung der Kunst- und Kulturförderung dieser Stadt durchführen würde, so wie das beispielsweise die Stadt Graz gemacht hat.

 

Neben dem Senioritätsprinzip, hinsichtlich dessen immer wieder auch mir erklärt wird - und das verstehe ich schon -, das war schon immer so, das ist historisch gewachsen, gibt es aber natürlich noch den zweiten Bereich, der eine gläserne Decke bietet, das ist die Freunderl- und Günstlingswirtschaft, die natürlich hinderlich ist, wenn junge Künstlerinnen und Künstler, die frei sind von einem Beziehungsnetzwerk, sich auch etablieren wollen. In diesem Zusammenhang halte ich es für ganz besonders wichtig, dass wir Kriterien festlegen. Wir haben schon gestern auch einen Antrag eingebracht hinsichtlich eines Subventionsgesetzes. Klare Kriterien der Kunst- und Kulturförderung helfen einerseits, Transparenz zu schaffen, und andererseits, auch Klarheit zu schaffen für die Künstlerinnen und Künstler, für die Kulturschaffenden, um zu wissen, woran sie sind, und nicht vielleicht in unzähligen Gesprächen mit sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 7 ein bisschen irrezugehen, denn das passiert bisweilen auch.

 

Wenn man beim Punkt Günstlings- und Freunderlwirtschaft ist, dann muss man natürlich auch immer den Fokus auf die Frage richten: Wie werden Posten besetzt? Das ist jetzt besonders lustig, wenn ich das sage, gerade nach dem Ausrutscher der Frau Stadträtin, weil ich glaube, die Wahl eines Rechnungshofpräsidenten ist zumindest transparenter - wenn auch nicht immer nachvollziehbar von den Kriterien her, wie man das erst zuletzt gesehen hat -, als es so manche andere Postenbesetzungen sind, gerade im Dunstkreis der Stadt Wien.

 

Wobei ich hier sagen möchte, dass es mir dabei nicht um Persönliches geht. Es geht mir nicht um Persönliches, ich will hier keiner Person irgendeine Fähigkeit oder Kompetenz absprechen. Mir geht es vielmehr um das Prinzip, und zwar das Prinzip auf einer viel höheren Ebene: Dass ich davon überzeugt bin, dass, wenn Netzwerke, wenn Günstlings- und Freunderlwirtschaft vorherrschend sind gegenüber einem wirklichen Wettbewerb der besten Köpfe, dies keine guten Auswirkungen auf den Standort, auf den Staat an sich hat. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das ist de facto eine Privatisierung der res publica hin zu einer res privata. Und in so einem Zusammenhang macht der Spruch, ich glaube, der Wiener Linien „Die Stadt gehört dir“ besonders Sinn, wenn man denkt:

 

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