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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 107

 

einer Verdreifachung der Baukubatur auf diesem Fleck und doch einem Umwidmungsgewinn für diesen privaten Investor von rund 8 bis 10 Millionen EUR.

 

Es werden dort Luxuswohnungen errichtet. Ich habe es heute schon gesagt: Das Argument, dass wir hier Wohnungsbedarf haben - wenn wir rein Wohnungen im oberen Preissegment errichten und das Interesse des Bezirks hier eigentlich ursprünglich ein ganz anderes war - ich komme dann darauf zurück -, das zählt hier nicht. Wir haben genügend Leerstände im Bezirk, die das weiters belegen. Ich weiß genau, dass die GRÜNEN und auch die SPÖ ganz massiv gegen Leerstände in dieser Stadt auftreten wollen. Hier schaffen wir uns weitere!

 

Auch noch zum Denkmalschutz: In diesem Gebäude - es wurde 2008 unter Denkmalschutz gestellt - gibt es Zubauten, und die sollen jetzt abgerissen werden. Weil man das abreißen und natürlich auch neu bebauen will, hat man beantragt, diesen Denkmalschutz wieder aufzuheben. Das ist auch passiert.

 

Der Denkmalschutz wurde aufgehoben, um das abzureißen, obwohl im ursprünglichen Bescheid - und da habe ich es auch - das Bundesdenkmalamt bezüglich dieser Portalzubauten ausgeführt hatte, dass deren Erhaltungswürdigkeit daraus resultiert, dass sie sowohl in Gestaltung als auch in Dekoration Bezug auf den vorgefundenen Biedermeierbestand nehmen und deren Ädikulen mit kannelierten Pilastern Korbbogenöffnungen rahmen und im hohen Giebelfeld von expressionistisch-neoklassizistischen Treppengiebeln gekrönt werden.

 

Dieser Teil, der hier so verblümt beschrieben wurde, wird jetzt im Zuge dieser Umwidmung und im Zuge dieses Bauvorhabens also auch abgerissen. Jetzt sage ich einmal, das widerspricht eigentlich vollkommen den Interessen und den Idealen vor allem der GRÜNEN, die wiederholt und immer wieder gegen Miethaie und Spekulanten auftreten.

 

Ich habe auch ein Interview der Frau VBgm.in Vassilakou im „Standard“ mitgebracht, wo sie gefragt wird, wie man mit Bodenspekulationen umgeht. Da sagt sie auch: „Man sieht nicht jene, die abgelehnt werden, weil Spekulanten unter Naturschutz stehende oder als Parks gewidmete Flächen kaufen und sich dann einbilden, dass es eine Umwidmung in Bauland gibt. Ihnen kann ich nur sagen: Vergesst es. Wenn es notwendig wird, würde ich auch nicht davor scheuen, solche Flächen einzulösen.“ Das hat sie in einem Interview mit dem „Standard“ gesagt, und da ist jetzt leider nicht mehr viel übrig. Denn genau jetzt haben wir den Fall, wo eigentlich dieses Interview und ihre Aussage schlagend werden könnten.

 

Es handelt sich also ganz offensichtlich um ein reines Spekulationsobjekt. Es geht jetzt nicht darum, grundsätzlich eine Verbauung zu verhindern oder dass man hier auch die Bürgerinitiative, die sich formiert und immerhin 5.000 Unterschriften gesammelt hat, als Querulanten bezeichnet. Nein, die ursprüngliche Flächenwidmung, also die, die aktuell noch besteht, würde genauso eine Verbauung zulassen. Und würde man nach diesem Flächenwidmungsplan bebauen, hätte der Investor immer noch einen Umwidmungsgewinn von rund 2 Millionen EUR.

 

Aber man hat im Bezirk, es haben alle Parteien ... Beziehungsweise Rot und auch die ÖVP - zum Schluss waren es dann nur noch Teile davon - haben diese Umwidmung sehr stark gepusht, weil es immer darum ging, das Casino Zögernitz zu erhalten. Das war immer der Aufhänger: Wir in Döbling, wir Döblinger und Döblingerinnen, wollen, dass das Casino erhalten wird, und deswegen nehmen wir eigentlich in Kauf, dass hier eine große Freifläche im Bezirk verbaut wird.

 

Die Bevölkerungsentwicklung, die hier immer angesprochen wird und worauf man auch in der Flächenwidmung Bezug nimmt, habe ich auch hier schon erwähnt. Da steht das auch, die MA 21 rechtfertigt sich bei dieser Anlasswidmung. Und zwar: Gemäß § 1 Bauordnung für Wien ist nicht das öffentliche Interesse, sondern das Vorliegen wichtiger Rücksichten Bedingung für die Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans. Wichtige Rücksichten liegen vor, wenn bedeutende Gründe, zum Beispiel die Bevölkerungsentwicklung, für eine Abänderung sprechen. Also wir haben auch hier wieder dieses Argument, das hier einfach nicht zählt.

 

Jetzt kam diese Flächenwidmung in den Bezirk, und Sie wissen vielleicht, wie diese Abstimmung ausgegangen ist: sehr knapp, 23 zu 22 Stimmen. Ich weiß, dass die Bezirks-GRÜNEN nicht dafür waren. Sie haben dann trotzdem zugestimmt; warum, sei dahin gestellt. Fünf ÖVP-Stimmen haben schlussendlich dazu geführt, dass die Stellungnahme für diese Flächenwidmung eine positive war, aber Bezirksvorsteher Tiller hat diese positive Stellungnahme verknüpft mit einer Bedingung, die er mitgeliefert hat.

 

Diese Bedingung liest sich folgendermaßen: Daher sind folgende Bedingungen vor Beschlussfassung im Wiener Gemeinderat zu erfüllen. Daher ersucht die Bezirksvertretung die zuständigen Organe der Stadt Wien, mit dem Investor einen städtebaulichen Vertrag, § 1 der Bauordnung, abzuschließen, welcher diese wichtigen Sanierungs- und Nutzungsideen des denkmalgeschützten Gebäudes mit einer Grundbuchseintragung rechtlich verbindlich absichert. Bei einer Grundstücksteilung oder Verkauf des Gebäudes Casino Zögernitz müssen diese Auflagen auch rechtsgültig übertragen werden.

 

Das heißt, es war für den gesamten Bezirk und für alle, die hier mitgestimmt haben, immer davon auszugehen, dass diese Umwidmung unter der Bedingung erfolgt, dass das Casino Zögernitz erhalten wird. Wir haben jetzt keine rechtliche Absicherung, und in Wahrheit kann dort alles passieren. Es ist nicht mehr gesichert.

 

Für mich sind einfach sehr, sehr viele Fragen in diesem Fall offen geblieben. Erstens: die 5.000 Unterschriften der Bürgerinnen und Bürger. Es war ein Petitionsausschuss, es gab eine Stellungnahme. Es gab marginale Änderungen, man ist darauf eingegangen, ja, das bestreite ich jetzt gar nicht. Aber es gab auch wirkliche Alternativen zu prüfen.

 

Die Bürgerinitiative hat einen Alternativvorschlag eingebracht, der eine wesentlich maßvollere Bebauung vorsieht, die immer noch ausreichend gewesen wäre.

 

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