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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 107

 

dieser Argumente ist auch gebracht worden, als es darum ging, dass Österreich um den Beitritt zur Europäischen Union kämpft, und nichts davon ist eingetreten. Dass Sie jetzt, angesichts dieser Widerlegung der Geschichte noch einmal dieselben Argumente bringen, ist im wahrsten Sinne des Wortes unredlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es gibt auch ein paar andere Mythen in Bezug des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union, die eindeutig widerlegt worden sind, wie beispielsweise, dass das Leben teurer wird, wenn wir zur Europäischen Union beitreten. Nichts ist passiert! (GR Mag. Wolfgang Jung: Das stimmt doch nicht!) Die Inflationsrate in den 70er Jahren war in Österreich 6,3 Prozent, in den 80ern 3,8 Prozent und seit dem EU-Beitritt 1,9 Prozent. Lernen Sie Statistik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht teurer geworden! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Im Übrigen hat kein Land so sehr vom Beitritt zur Europäischen Union profitiert wie Österreich! 0,5 bis 1 Prozent BIP-Wachstum hat es gebracht, dass wir beigetreten sind. Auch das ist mittlerweile ein Faktum.

 

Das Einzige, was jetzt noch von fast allen Fraktionen fehlt, ist, dass mir irgendwer erklärt, dass Blutschokolade und Schildläuse durch TTIP nach Österreich kommen. Auch dieses Argument hatten wir schon von der Geschichte abgelehnt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das Einzige, das ein bisschen einen kreativen neuen Input hat, ist dieses Chlorhuhn. Aber Chlorhuhn, Hormonfleisch, Genmais fällt alles in dieselbe Kategorie.

 

TTIP ist zweifellos ein Abkommen, das man sorgsam verhandeln muss. Aber was ich wirklich vermisse, ist das Hervorheben der positiven Aspekte eines solchen Handelsabkommens. Immerhin hat die Europäische Union eindeutig verloren, wenn es um den Anteil am Weltwirtschafts-BIP geht. Es geht darum, dass 2001 die Europäische Union noch einen Anteil von zirka 23,9 Prozent an der gesamten Weltwirtschaft erwirtschaftet hat. Heute sind es gerade einmal 16,9 Prozent. Wir müssen uns eingestehen, wir werden immer irrelevanter, wenn wir nicht dagegen auftreten.

 

Gerade Österreich hinkt sogar im europäischen Vergleich hinterher. Die Europäische Union hat insgesamt ein Wachstum von zirka 1,5 Prozent, was im Vergleich zu China und Indien eh nicht rasend super ist. Österreich hängt noch einmal hintennach mit zirka 0,9 Prozent. (GR Mag. Wolfgang Jung: Dank Ihrer Bundesregierung!) - Ich komme gleich zu Ihnen, Herr Brigadier Jung. - Ein gut gemachtes Freihandelsabkommen kann auch hier Probleme lösen. Es wird geschätzt, dass zirka 1,75 Prozent Wachstum drinnen sind und bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze durch ein gut gemachtes Freihandelsabkommen in Österreich möglich sind. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Im Übrigen entbehrt es auch nicht einer gewissen Weltfremdheit, wenn man als kleine offene Volkswirtschaft, die kaum natürliche Ressourcen hat, generell gegen Freihandel auftritt. Ganz ehrlich, was soll man exportieren? Wenn wir nicht am Welthandel teilnehmen, dann führt es genau dazu, dass wir die einzige Ressource, die wir haben, Wasser, vielleicht irgendwann einmal verkaufen müssen, weil wir sonst kein Geld mehr kriegen. Rohöl können wir wahrscheinlich nicht verkaufen, weil wir keines haben.

 

Insgesamt Globalisierung gestalten, statt sich vor ihr zu fürchten. Ich weiß nicht, warum da alle auf einmal Feigheit an den Tag legen, wenn es um die Mitgestaltung der Globalisierung geht.

 

Herr Jung, weil ich gelesen habe, dass Sie einer der nächsten Redner sind, auch Ihrer Fraktion und Ihnen muss ich diesbezüglich Feigheit vor dem Feind vorwerfen, wenn es um die Furcht vor der Globalisierung geht. Sie haben hier eine Koalition der Angst mit den GRÜNEN geschlossen. Die FPÖ in einer Koalition der Angst mit den GRÜNEN, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die GRÜNEN und die FPÖ gemeinsam an einem Strang ziehen, sollte man an sich schon vorsichtig sein, worum es da inhaltlich geht. Wo ist Ihre Weltoffenheit, Kollegen von den GRÜNEN? Wo ist die Weltoffenheit, die Sie immer predigen?

 

Es ist schon angesprochen worden, da sitzt jemand mit einem MacBook und Sie haben alle ein Handy. Das sind Produkte der Globalisierung. Auch wenn wir noch so viel Urban Gardening machen, das wächst nicht am Baum. Das entsteht nur durch Welthandel und Globalisierung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von GR Christoph Wiederkehr, BA.)

 

Die SPÖ sitzt da komfortabel in der Mitte und hat bei diesem Thema einmal nicht das Problem, dass sie zwischen rechts und links ausrinnt, weil es eine Koalition der Angsthabenden vor der Zukunft und vor der Globalisierung gibt.

 

Was die NEOS betrifft, der Antrag im Fließtext ist ganz gut formuliert. Auch mein Vorredner hat einige interessante Dinge gesagt. Aber, ganz typisch, der Großteil der Rede und die Beschlussformel im Antrag sehen nur vor, was alles nicht gehen soll. Das ist die typische NEOS-Linie, dafür, dagegen, dafür, keine klare Meinung. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Restredezeit wären 14 Minuten. Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Dipl.-Ing. Margulies.

 

11.50.16

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Selten habe ich eine Verteidigungsrede für TTIP, CETA, et cetera mit solch einem Maß an Niveaulosigkeit gehört, dass es für jeden Gegner eine Beleidigung ist, sich ernsthaft damit auseinandersetzen zu müssen. (Beifall von GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.)

 

Nichtsdestoweniger erlaube ich mir trotzdem eine kurze Anmerkung. Ganz bewusst, glaube ich, hat mein Vorredner Blümel zwei Punkte herausgegriffen. Er hat erstens Argumentationen zum EU-Beitritt, die mehr als, glaube ich, 15 Jahre her sind, mit den jetzigen CETA- und TTIP-Abkommen vermischt, und er hat bewusst auch nur die Freihandelsseite dieser Abkommen betrachtet, nicht einmal einen Blick auf die Investitionsschutzseite dieser Abkommen oder noch viel mehr einen Blick auf die Konsequenzen dieser Investitionen gelegt.

 

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