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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 24.11.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 59

 

Ich darf aus dem Art. 2 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte zitieren, wie sie von der französischen Nationalversammlung am 26. August 1789 verkündet wurden. Zitat: „Der Zweck jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unantastbaren Menschenrechte. Diese sind das Recht auf Freiheit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung.“

 

Diese Grundprinzipien, die vor über 200 Jahren erlassen worden sind, sind auch die Grundprinzipien unseres heutigen gesellschaftspolitischen Zusammenlebens. Ich traue mich zu behaupten, dass niemand in diesem Saal ist, der diese Prinzipien wirklich in Frage stellt.

 

Das heißt natürlich für uns als politische Vertreter, dass wir alles daransetzen müssen, diese Grundprinzipien auch zu verteidigen angesichts dieser Anschläge. Es heißt aber auch, dass wir uns überlegen müssen, wie wir mit diesen Grundprinzipien umgehen, was wir mit ihnen getan haben in der politischen Weiterentwicklung und wie sie in die aktuellen Herausforderungen auch hineinspielen.

 

Da darf ich zum einen die moderne Völkerwanderung ansprechen, denn das Recht auf Sicherheit ist in diesen Bürgerrechten verankert. Nur, ganz ehrlich: In mir kommt kein großes Sicherheitsgefühl auf, wenn ich in den Nachrichten sehe, dass tausende Menschen unkontrolliert über unsere Grenzen schreiten. Das wirkt eher wie ein Bild der Ohnmacht des liberalen Rechtsstaats. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Wenn angesichts dieser Herausforderungen ein Bundeskanzler von einem „Türl mit Seitenteilen“ spricht, weil ihm der Mut fehlt, aktuelle Entwicklungen ordentlich zu kommentieren, dann ist auch das nicht in Ordnung. Dann grenzt das an die Selbstaufgabe des liberalen Rechtsstaats, wie er in der Französischen Revolution erstritten wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ganz ehrlich: Wenn man sich Formulierungen wie das Recht auf Eigentum durchliest, meine sehr geehrten Damen und Herren vor allem von der linken Fraktion, dann stellt sich für mich die Frage, was mit diesen grundlegenden Bürgerrechten, wie sie erstritten wurden, in diesem Staat, aber auch in dieser Stadt passiert ist. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn man sich den Pakt Rot-Grün II durchliest. Von dem Recht auf Freiheit, dem Recht auf Eigentum, dem Recht auf Sicherheit kann ich in diesem Koalitionspakt nur wenig finden. Nirgendwo sind die Tugenden der bürgerlichen Revolution wie beispielsweise Selbstbestimmung oder Eigenverantwortung verankert. Finde ich nirgends!

 

Wenn man diesen Rot-Grün-Pakt charakterisieren müsste, würde man sagen: Mutlosigkeit, ein bisschen Schönfärberei und vor allem Uneinigkeit. Aber gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen bräuchte es wirklich Mut, Dinge anzusprechen so, wie sie sind. Keine Schönfärbereien und übertriebenen Willkommenskulturphantasien, aber genauso wenig Hetze und Problemverstärkung!

 

Es bräuchte Mut für die künftige Stadtregierung, die Geschicke dieser Stadt in eine positive Richtung zu leiten. Schade, Herr Bürgermeister, dass dieser Mut zur Veränderung zu einem Teil auch gefehlt hat! Denn Sie haben ja am Wahlabend einen sehr klugen Satz gesagt, nämlich, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher, entsprechend dem Wahlergebnis. Dem stimme ich voll und ganz zu. Leider Gottes ist dieser Anspruch nicht ganz erfüllt worden, denn „Weiter wie bisher“ war wohl eher die Devise auch der Koalitionsverhandlungen. Weltstadtniveau hätte es werden können in Wien, Mariahilfer-Straßen-Niveau ist es geblieben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Rot-Grün II hat genau so begonnen, wie Rot-Grün I aufgehört hat, nämlich mit Streit. Denn die Tinte unter dem Koalitionspakt war noch nicht trocken, und schon ist gestritten worden: über die Frage Lobau-Tunnel Ja/Nein, Werbeausgabenbeschränkung Ja/Nein, oder Frankenkreditumschuldung et cetera. Wenn man über die Inhalte genauso intensiv verhandelt hätte wie über Posten, hätte man sich wahrscheinlich dort und da konkret auf Inhalte einigen könne. Aber leider hat der Mut nicht nur bei der Wahl des Koalitionspartners gefehlt, sondern auch bei einigen Inhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Frau Vizebürgermeister ist gerade nicht da; doch, da hinten steht sie! Frau Vassilakou! Es hätte dagegen keinen Mut gebraucht, einfach nur ein einfaches Wahlversprechen am Wahlabend einzulösen und zurückzutreten! Das wäre lediglich eine Frage des Anstandes gewesen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ganz ehrlich: Gerade von einer Partei, die sich moralisch immer allem und jedem überlegen fühlt, hätte ich mir das auch erwartet! Aber die Hauptsache ist wohl, dass Sie Vizebürgermeisterin geworden sind und Ihre grünen Genossen noch mit ein paar Posten versorgen können! Etwas haben Sie jedenfalls erreicht, nämlich dass in der gesamten Stadt und in der gesamten Republik klar geworden ist, dass sich die Grünen verändert haben, nämlich zu einer sesselklebenden, postenschachernden Altpartei, deren politische Integrität sich durchaus mit der Doppelmoral des Viktorianischen Zeitalters vergleichen lässt! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben in diesem Land sowohl große wirtschaftliche, budgetäre als auch organisatorische Herausforderungen, und angesichts all dieser Herausforderungen wäre es auch angebracht, sich zurückzubesinnen auf die Grundprinzipien des Zusammenlebens, welche in der bürgerlichen Revolution erstritten wurden. Übersetzt in die heutige Zeit würde die entsprechende Handlungsanleitung ganz platt lauten: Weniger Staat und mehr Privat, vor allem in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Herr Bürgermeister! Ich stimme Ihnen wieder einmal vollkommen zu: Es ist kein Auftrag, so weiter zu machen wie bisher, und zwar vor allem nicht, wenn man sich ansieht, dass es seit dem Antreten von Rot-Grün I um 30.000 Arbeitslose mehr in dieser Stadt gibt und dass Wien das wirtschaftliche Schlusslicht ist, wenn es um die Wachstumsraten in Österreich geht.

 

Eine gewisse Ambition kann man dieser Stadtregierung allerdings nicht absprechen, nämlich wenn es darum geht, Schulden auszulagern und zu verschleiern, denn eine Verdreifachung der offiziellen Schulden kann man tatsächlich als ambitioniert bezeichnen! Mit Stand 1.

 

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