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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 113 von 147

 

Migrantinnen, von Menschen, die sozial schlechter gestellt sind, von Menschen, die aus irgendeinem Grund benachteiligt sind. Auch Kunst und Kultur kann das sichtbar machen, kann das emporheben, kann zum Beispiel Mehrsprachigkeit fördern, und so weiter.

 

Dann haben wir ein anderes Faktum in dieser Stadt. Wien ist, was das Kulturleben betrifft, eine der reichsten und vielfältigsten Städte der Welt vermutlich, aber wir wissen, dass sich die meisten großen Kulturinstitutionen und die meisten Kulturveranstaltungen innerhalb des Gürtels konzentrieren. Ich glaube aber, dass es heute ganz, ganz, ganz wichtig ist, so etwas wie kulturelle … (Zwischenruf von GR Mag Dietbert Kowarik.) Na, ich weiß, dass das Interesse für Kunst und Kultur nicht vorhanden ist da drüben, aber Sie könnten sich auch draußen unterhalten, man kann dort auch rauchen oder in den Klubräumlichkeiten. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich glaube, dass es heutzutage ganz, ganz wichtig ist, auch so etwas wie kulturelle Nahversorgung zu bieten.

 

Wir haben in einer vielfältigen Stadt wie Wien viele Bevölkerungsgruppen, die den Weg in die klassischen hochrangigen Kulturinstitutionen nicht finden oder die sich damit nicht identifizieren, die aber auf der Suche sind nach kulturellen Angeboten in ihrer unmittelbaren Nähe, die sich mit ihrem unmittelbaren Leben auseinandersetzen. Und gerade dafür will „Shift“ Angebote schaffen, und zwar sowohl für Kulturschaffende, die sich damit auseinandersetzen, als auch für Menschen, die nicht zu jener kleinen Schicht gehören, die klassisch in Kulturinstitutionen gehen, Eintrittskarten kaufen, die Programme lesen, in irgendwelche höherrangigen Kulturinstitutionen gehen, sondern jene, denen man vor Ort etwas bieten möchte in einer Auseinandersetzung mit ihrer Lebensrealität.

 

Und dafür gibt es eine Garantie. Mir ist das wirklich komplett wurscht, solange die Abwicklung dieser Gelder sauber passiert. Ich habe mich, der Harry Kopietz weiß das, sehr viel mit Basis.Kultur.Wien auseinandergesetzt, damit wir Transparenz, und so weiter garantieren können. Es geht also um die günstige Abwicklung, es geht darum, dass die Gelder tatsächlich den Kulturschaffenden zu Gute kommen, und dafür garantiert eine Jury, die, glaube ich, unanzweifelbar in ihrer Kompetenz ist. Das sind – ich lese die Namen kurz vor, ein paar werden Sie kennen, ein paar werden Sie nicht kennen –:

 

Natalie Bayer. Das ist in Deutschland oder im deutschen Sprachraum wahrscheinlich die Expertin für alles, was Kultur in einer Zuwanderungsgesellschaft bedeutet. Also was heißt zum Beispiel postkoloniale Kunstvermittlung, was bedeutet es, heutzutage in einer Zuwanderungsgesellschaft ein kulturelles Angebot, an dem alle teilhaben können, zu schaffen.

 

Eva Jantschitsch, auch bekannt unter dem Künstlerinnennamen Gustav, eine sehr bekannte Musikerin – viele von Ihnen werden sie kennen –, die nicht nur eine hervorragende erfolgreiche Musikerin ist, sondern die sich auch immer wieder mit gesellschaftlichen Realitäten, mit Queer-Feminismus und so weiter auseinandergesetzt hat.

 

Nadine Jessen, die viele Jahre in Wien verbracht hat im damaligen „dietheater“, das jetzt das „brut“ ist, und heute bei Kampnagel erfolgreiche Performerin ist.

 

Chris Müller, der früher in Oberösterreich Theater gemacht hat, der auch auf der Design-Uni unterrichtet hat und der heute eines der erfolgreichsten Kulturprojekte Österreichs leitet, nämlich die Tabakfabrik in Linz. Ich kann es jedem von Ihnen empfehlen. Sollten Sie einmal nach Linz kommen, schauen Sie sich das an. Der hat einen Stadtteil – das ist nicht nur eine Kulturinstitution, das ist ein ganzer Stadtteil – für kulturelle und kreative Produktion geschaffen, aufgebaut und leitet den jetzt. Das ist zugänglich für alle. Er hat Finanzierungsmodelle geschaffen, womit unter geringem Anteil von öffentlichen Mitteln Kunst- und Kulturproduktion gefördert wird, ein unglaublich erfolgreiches Modell. Den konnten wir für diese Jury gewinnen.

 

Der Fünfte ist Mark Neuner, ein sehr erfolgreicher Experte für Architektur und Design.

 

Also Sie sehen auch an der Auswahl der Leute, dass das eine gute Mischung ist, dass hier Vielfalt betont wird, dass hier die unterschiedlichen Genres betont werden, und es gibt keine bessere Garantie für den Erfolg eines solchen Prozesses als die Menschen, die das auswählen, die Gesichter, die dafür stehen.

 

Deswegen freue ich mich wahnsinnig und bin sehr, sehr stolz, dass wir dieses Projekt auf den Weg gebracht haben. Ich würde sogar sagen, es ist eines der erfolgreichsten neuen Projekte der rot-grünen Kulturpolitik. Übrigens – weil Sie auch die „Wienwoche“ angesprochen haben – sowohl Natalie Bayer als auch Nadine Jessen, die beide in Deutschland leben, erzählen mir gerade, dass man in der deutschen progressiven Kulturszene darüber nachdenkt, das Modell „Wienwoche“ in Städte wie Hamburg zu bringen. Also das wird möglicherweise sogar eine Art Exportschlager, es wird in der progressiven – ich weiß, für Progressives interessieren Sie sich nicht – Kulturszene in Deutschland mittlerweile als Modellprojekt gesehen, wie man modernes Kulturverständnis betreibt.

 

Also ich glaube, das ist eine Garantie dafür. Ich sehe das wirklich als eines der erfolgreichsten Projekte, und es ist für mich ein Modellprojekt für rot-grüne Kulturpolitik, für das, was Rot und Grün vereint. Ich möchte mich übrigens an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich bei Dieter Boyer bedanken, dem Referenten des Stadtrates, der da sehr, sehr aktiv mitgeholfen hat, dass das so ein vielversprechendes Projekt wird. Und ich sehe es modellhaft für rot-grüne Kulturpolitik. Die rote Kulturpolitik der Zwischenkriegszeit hat sich immer auch als Sozialpolitik verstanden, hat sich immer auch als Integrationspolitik verstanden, hat sich immer auch als eine Politik verstanden, die soziale Barriere thematisiert und überwindet, die die Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen, und so weiter thematisiert. Es war immer ein ganz, ganz wesentliches Momentum des Roten Wien, aktive Kulturpolitik zu betreiben, und wir sehen uns in Fortsetzung dessen. Das rot-grüne Wien versteht eben Kultur nicht nur als etwas, das ästhetisches Empfinden fördern soll, sondern als etwas, was sich aktiv mit der Gesellschaft auseinandersetzt.

 

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