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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 110

 

sind.

 

Erlauben Sie mir vielleicht ganz kurz ein kleines Schmankerl von Kollegen Ellensohn: Herr Kollege Ellensohn hat uns heute vorgerechnet und vorgebetet, wie die Überschüsse und jetzt die Defizite bei den Maastricht-Kriterien waren. Das Entscheidende war nur, Kollege Ellensohn, solange es in Wien in guten Zeiten – Gott sei Dank – Überschüsse gegeben hat und der Schuldenabbau vorangetrieben werden konnte – und wir Keynesianer wissen genau, in guten Zeiten sollten wir Schulden zurückfahren –, habt aber ihr, Herr Kollege, dagegen gestimmt. Denn damals habt ihr dem Budget auch nicht zugestimmt. (GR David Ellensohn: Ihr auch nicht!) Und jetzt, wo Defizite erzeugt werden, jetzt stimmt ihr dem zu. Das ist sozusagen ein bisserl eine komische grüne Politik (Beifall bei der ÖVP.), wie der Standort den Standpunkt bedingt. Und das muss man dazusagen. (GR Kurt Wagner: Ihr habt auch nicht zugestimmt!)

 

Aber es ist uns heute auch nicht darum gegangen, Vergleiche anzustellen. Wir haben schon gehört, dass wir uns natürlich weder mit großen noch mit kleinen Städten vergleichen können. Tatsache ist nur eines, meine Damen und Herren, es gibt in vielen Bereichen Tendenzen, wo das weniger wird – ich komme noch einmal auf München zurück, wo es trotz rot-grüner Regierung tendenziell wesentlich weniger wird – und wo es steigt. Ich gebe zu, dass der prozentuelle Anstieg nicht so gestiegen ist, wie überall sonst, aber im Großen und Ganzen gibt es eindeutig ein Steigen dieser Schulden.

 

Meine Damen und Herren, wir haben in Wien kein Einnahmenproblem – auch das wurde schon x Mal erwähnt –, alle Einnahmen der Stadt Wien sind in den letzten Jahren gestiegen, allein die Gesamteinnahmen derzeit um 3,9 Prozent. Die Bundesabgaben, die wir bekommen haben, sind um 3,1 gestiegen. Man muss gar nicht ins Detail gehen, es ist eindeutig mehr, als derzeit die Inflationsraten sind. Das heißt, wir haben hier ganz einfach kein Einnahmenproblem.

 

Aber die Frau Vizebürgermeisterin und die SPÖ haben das Gedankenspiel „Was wäre, wenn“ gemacht: Was wäre, wenn keine Regierungskrise gewesen wäre, keine Wirtschaftskrise gewesen wäre, dann wären sogar – wie wir in den Aussendungen gelesen haben – um 2,5 Milliarden mehr Einnahmen gewesen. – Also, meine Damen und Herren, so zu rechnen, das ist auch nicht unbedingt die ganze Wahrheit, wie man ein Budget begründen soll.

 

Und es wird – und auch das haben wir von der Frau Vizebürgermeisterin beziehungsweise auch von Klubobmann Schicker gehört – über neue Steuern nachgedacht. Aber es wird nicht nachgedacht, wo man Reformen einsetzen kann, wo man Geld einsparen kann, wo man effizienter, professioneller werden kann, sondern es ist nachgedacht worden, wie kommt man zu einer Erbschaftssteuer, einer Schenkungssteuer, wie kommt man also zu einer Vermögenssteuer. Und heute haben wir es von Kollegen Schicker gehört, der gesagt hat, die Oma soll zahlen. Ob das die Lösung ist, die Oma, die ein Leben lang gespart und sich dadurch etwas erwirtschaftet hat, was sie den Enkelkindern weitergeben will, zu besteuern? – Das waren seine Worte, nicht meine. Ich hätte das Thema nicht angeschnitten.

 

Ich bin froh – das sage ich auch an dieser Stelle, meine Damen und Herren –, dass wir einen Finanzminister Schelling haben, dass jetzt gemeinsam beide Parteien beschlossen haben, eine Steuerreform zu bringen, bei der eindeutig im Vordergrund steht, wie man diese aufkommensneutral und ohne neue Steuern finanzieren kann, und bei der sich die beiden Regierungsparteien auf fünf Milliarden geeinigt haben. Das soll im nächsten Frühjahr beschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich habe es schon angedeutet, auch in Wien fehlen mir daher – und mein Kollege Manfred Juraczka hat es auch gesagt – Reformen beziehungsweise eine Durchforstung der Ausgaben, um hier einen Spielraum zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen zu erhalten und der Wirtschaft insgesamt mehr Spielraum zu geben, und nicht die Wirtschaftsförderung – wenn auch wieder nicht viel, aber doch – gekürzt wird. Es gibt genügend Beispiele dafür, die uns der Stadtrechnungshof jedes Mal vorlegt, wo effizienter und professioneller gearbeitet werden könnte, um finanzielle Spielräume zu haben, um die Wirtschaft anzukurbeln beziehungsweise damit Arbeitsplätze geschaffen werden können.

 

Herr Kollege Schicker, es ist schon richtig, dass viele Pendler nach Wien kommen und einen Arbeitsplatz suchen. Aber viel mehr Sorgen macht mir etwas anderes: Immer wieder lesen wir in den Zeitungen, dass auch leider – und das betone ich – immer wieder Betriebe in das Umland von Wien umziehen und die Arbeitsplätze daher ausgesiedelt werden. – Das gibt es genug, Kollege Strobl, nicht so schauen, lesen Sie die Zeitung. – Ich sage bewusst keine Namen, weil das keinen Sinn hat. Man braucht nur die Zeitungen aufschlagen, wo immer wieder geschrieben wird, im Umland herrschen für die Wirtschaft attraktivere Konditionen, attraktivere Bedingungen, um dort die Betriebe anzusiedeln. – Es wäre sehr, sehr wichtig, hier einiges zu tun.

 

Es ist auch schon erwähnt worden, meine Damen und Herren, dass Wien wächst. Das bedeutet auch eines – und das ist sehr wesentlich: Wenn wir nur von zirka 20 000 Personen pro Jahr ausgehen, brauchen wir dafür im Schnitt 7 000 bis 8 000 neue zusätzliche Arbeitsplätze. Und das bedeutet, wir haben große Anstrengungen zu unternehmen, meine Damen und Herren.

 

Gestatten Sie mir noch einmal, etwas zur Arbeitslosigkeit zu sagen, was in den letzten Jahren hier in Wien passiert ist beziehungsweise worum es geht. In den letzten zwölf Jahren, meine Damen und Herren, war Wien zehn Mal das Schlusslicht bei der Arbeitslosigkeit und hatte demnach jedes Mal die höchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer. Darauf können wir sicher nicht stolz sein, andere Bundesländer haben die Krise überwunden und haben bei der Arbeitslosigkeit im Großen und Ganzen wieder Werte wie vor der Krise. Wien kann diesem Beispiel leider überhaupt nicht folgen. Und auch die Jugendarbeitslosigkeit ist in Wien sehr, sehr hoch.

 

Sie argumentieren immer, meine Damen und Herren, dass Wien immerhin unter den Millionenstädten Europas eine der niedrigsten Arbeitslosenrate hat. Auch das ist

 

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