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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 102 von 105

 

September 2013 hat sie schon gesagt, dass sie nach der ersten Festwochensaison Wien wieder verlassen wird.

 

In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir ein paar Zitate von der Frau Leysen, nämlich aus dem Interview im „Standard“ zu ihrem Rückzug: „Vielleicht habe ich eine fundamental andere Idee, was ein Festival sein sollte. Wenn man keine gemeinsamen Visionen hat und dies auch nicht diskutieren kann, beginnt man über Kleinigkeiten zu streiten.“ – Auch ihre weitere Meinung ist wirklich zu hinterfragen: Die Hauptaufgabe von Festivals müsste es sein, zu stören. – Meiner Meinung und unserer Meinung nach ist es die Hauptaufgabe von Festwochen, das Publikum zu begeistern, zur Kultur hinzuführen. Das wäre unserer Meinung nach ein richtiger Ansatz für Festwochen-Politik. Weiters wäre es ein sinnvolles Zeichen, wieder verstärkt auf österreichische Produktionen zu setzen.

 

Ich frage mich, wie man im Entscheidungsprozess für einen Vertrag für die Wiener Festwochen jemanden bestellen kann, bei dem im Nachhinein nach einem Dreivierteljahr klar wird, dass es fundamentale Auffassungsunterschiede gibt. Sie hat am Schluss, jetzt vor einer Woche, gesagt, dass sie mit dem Intendanten Markus Hinterhäuser „grundsätzlich nicht darüber einig geworden“ sei, „was ein Festival sein sollte oder könnte – auf allen Ebenen: künstlerisch, politisch und gesellschaftlich; lokal, national und weltweit.“ – Das ist eine sehr fragwürdige Besetzungspolitik. Ich glaube, das gibt es in keiner anderen Kulturstadt und schon gar nicht in einer Weltkulturstadt, wie Wien von sich behauptet zu sein.

 

Eine weiterer Aspekt, vielleicht noch ganz kurz: Wie schaut es mit der Bezahlung aus? Der Vertrag wurde, wie schon erwähnt, für die Zeit bis 2016 abgeschlossen. Jetzt ist sie zurückgetreten. Wird sie jetzt für ein Jahr bezahlt, für die gesamte nicht eingehaltene Laufzeit? Muss sie ein Pönale dafür zahlen, dass sie den Vertrag nicht eingehalten hat, wie es in der Wirtschaft ist? Keine Ahnung. Lassen wir das Thema.

 

Anderes Thema, ich habe leider nicht mehr viel Zeit, die Kunstszene, im Speziellen die Off-Szene: Da gibt es 230 Institutionen, 48 Off-Bühnen. Die meisten dieser Theater bewegen sich noch immer am Rande der Existenz. Nur wenige erhalten Förderungen. Jahressubventionen, mit denen man überleben kann, zum Beispiel so eine Hartmann-Burgtheater-Regie-Subvention von 52 500 EUR bekommen wenige. Manche bekommen gar nichts. Aber auf der anderen Seite gibt es immer mehr Institutionen, auch im Kulturbereich, wo es langjährige, dreijährige, mittlerweile auch vierjährige Subventionsvereinbarungen gibt.

 

Jetzt komme ich fast schon auf den Kollegen Baxant zu, denn das lässt bei mir Befürchtungen hochkommen. Wenn man böse denkt, könnte man sagen: Jene, die langfristige Subventionen bekommen, sind die braven Verteidiger der rot-grünen Stadtpolitik unter den Kulturschaffenden; und jene, die ideologisch noch nicht ganz so gefestigt sind, müssen sicherheitshalber jedes Jahr um Unterstützung ansuchen, damit man noch schnell das Wohlverhalten prüfen kann. – So viel zum Thema Ideologie in der Kulturpolitik. – Habe ich noch Redezeit?

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana (unterbrechend): Jawohl, und zwar weitere 5 Minuten auf Grund der Restredezeit Ihrer Fraktion. (Beifall von GR Mag Wolfgang Jung und GRin Uta Meyer.)

 

GR Christian Unger (fortsetzend): Danke. Eine Frage – und jetzt wirklich zum Schluss, ich will das nicht ausdehnen – stelle ich noch, und zwar: Wir bekommen in den Kulturausschuss die Ansuchen um Subvention. Nämlich genau diese Ansuchen um Subvention, die vorher schon vom Stadtratsbüro oder in rot-grünen Besprechungen geprüft und für würdig befunden wurden. Welche anderen Vereine um Subventionen angesucht haben, in welcher Subventionshöhe, warum diese Subventionen abgelehnt wurden, erfährt man leider nicht. Werden sie abgelehnt, weil sie der Wiener Stadtregierung gegenüber nicht politisch korrekt sind? Weil sie nicht künstlerisch wertvoll sind? Ich frage mich, wer entscheidet, ob etwas künstlerisch wertvoll ist oder nicht. Da muss ich sagen: Das hat einen sehr, sehr schlechten Beigeschmack.

 

Solange diese Missstände nicht aufhören, meine Damen und Herren von der rot-grünen Stadtregierung, solange in den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel bei den Bestellungen von Leuten dilettantisch gearbeitet wird, können wir dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Herr Amtsf StR Dr Mailath-Pokorny. Ich erteile es ihm.

 

20.40.23

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich könnte es mir jetzt relativ einfach machen und unter anderem auf die Meldungen der letzten Tage verweisen, als beispielsweise gesagt wurde, dass in Italien die Kulturförderung massiv gekürzt wird, dass die freien Eintritte für die Pensionisten in den Museen gestrichen werden. Ich könnte es mir einfach machen und auf die verschiedenen anderen Städte und Länder – Holland war immer ein großes Vorbild für uns, wo es Kürzungen massiver Natur gegeben hat und noch immer gibt – verweisen.

 

Das ist alles hier nicht der Fall, sondern wir sprechen über den Rechnungsabschluss für das abgelaufene Jahr 2013, der einmal mehr ein zusätzliches Engagement der Stadt für die Kunst und für die Kultur bedeutet. Wir haben Ihnen in den letzten Tagen zwei dicke Berichte vorgelegt, nämlich den Kunst- und Kulturbericht und den Frauenkulturbericht. Darin steht mehr als nur Zahlen. Das sind Berichte, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kulturverwaltung und der Wissenschaftsverwaltung zusammengestellt wurden, die Auskunft geben über das, was im Jahr 2013 geschehen ist.

 

Ich habe hier im Gemeinderat schon die eine oder andere Diskussion über Rechenschaftsbericht, über Budgets miterlebt, und ich wundere mich, dass insbesondere von der Opposition – ich habe mir das jetzt sehr genau angehört und teilweise auch mitgeschrieben – mit einer einzigen Ausnahme, nämlich einem Lob zum Otto-Wagner-Pavillon, gar nichts gekommen ist, was in irgendeiner Form eine Perspektive wäre; eine eigene

 

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