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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 105

 

gesamte Redezeit der Europadebatte zu widmen. Neben dem Rechnungsabschluss würde ich gerne noch auf ein paar Dinge eingehen, die die Frau Vizebürgermeisterin heute gesagt hat. Einiges war dabei war, das auch mir sehr gut gefallen hat, nämlich der Wunsch, dass Wien eine Gründerhauptstadt wird. Genau das wünsche ich mir auch.

 

Ich glaube, im Namen meiner Fraktion und all derjenigen, die einen guten Ansatz haben, sprechen zu können, dass sie sich das ebenso wünschen. Nur befürchte ich, dass dies aus Gründen, die heute schon genannt wurden, nicht möglich sein wird. Österreich ist mit 45,4 Prozent Steuerquote ein Hochsteuerland. Das ist der 8. Platz weltweit und wir liegen damit zwischenzeitlich sogar schon vor Schweden! Auch die Lohnnebenkosten sind in Österreich mit 49,1 Prozent extrem hoch. Wir haben die dritthöchsten Lohnnebenkosten in der OECD. Abgesehen von diesen beiden Gründen gibt es auch noch einen dritten Grund: Wir haben keine alternativen Finanzierungsformen. Wir haben kein Crowdfunding. Wir haben diese Formen, die Forscher und Entwickler brauchen, nicht. Gerade wenn man von der Uni kommt, wenn man Start-ups gründen will, haben wir diese Kultur und diese Finanzierungsformen nicht. Wenn sich maßgebliche Rahmenbedingungen in Österreich nicht ändern, befürchte ich, dass es mit dieser Gründerhauptstadt nichts werden wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, daran zu arbeiten, dass sich diese maßgeblichen Rahmenbedingungen ändern. Eine dieser maßgeblichen Rahmenbedingungen ist eine Steuerreform. (Beifall bei der FPÖ.) Eine Steuerreform, die nicht auf die lange Bank geschoben werden soll, sondern eine Steuerreform, die es jetzt schon geben soll und die in einem ersten und Sofortschritt die Abschaffung der kalten Progression beinhalten soll. Diese kalte Progression, die heute auch schon einmal angesprochen wurde, zieht den Menschen, den österreichischen Arbeitnehmern, seit 24 Jahren das Geld aus der Tasche, weil die automatische Inflationsabgeltung in Österreich nicht gegeben ist. Ich darf Ihnen sagen, in vielen europäischen Ländern ist diese gegeben, bei uns jedoch nicht. Deshalb sollten wir alle gemeinsam, so wie wir hier sitzen, auf die österreichische Bundesregierung einwirken, die kalte Progression sofort abzuschaffen. Alle Fraktionen haben heute gesagt, dass dies ein unhaltbarer Zustand ist. (Beifall bei der FPÖ sowie von GRin Mag Barbara Feldmann und GRin Ing Isabella Leeb.)

 

Ein zweiter, ganz wesentlicher Punkt, der auch relativ schnell umsetzbar oder im nächsten Jahr vielleicht im Rahmen einer Steuerreform umzusetzen ist, ist die Absenkung des Eingangssteuersatzes. Es ist nicht einzusehen, dass man bei einem Verdienst von 11 001 EUR im Jahr über 36 Prozent Steuer zahlt. Deshalb sagen wir, der Eingangssteuersatz ist auf 25 Prozent abzusenken, und auch die nächsten Steuergruppen und Tarifstufen sind abzusenken. Erst bei einer Höchstbeitragsgrundlage von 80 000 EUR soll der Höchststeuersatz gelten, bis dahin weniger. Ich meine, es trifft uns ja alle hier. Wir fallen alle in die 50-Prozent-Klasse. Somit sind wir eigentlich alle Bestverdiener in Österreich. Bestverdiener ist aber nicht gleich Bestverdiener. Deshalb sagen wir, das muss angehoben werden, und gleichzeitig muss der Eingangssteuersatz reduziert werden, um die untersten oder niedrigen Einkommensschichten zu entlasten.

 

Vermögenssteuer wurde heute angesprochen. Wir sind gegen eine Vermögenssteuer, weil eine Vermögenssteuer mittelfristig eine Mittelstandssteuer ist, denn Sie können Finanzvermögen nicht in Österreich halten, weil Finanzvermögen beweglich ist. Und was bleibt dann zu besteuern? Das sind die Firmen mit ihrer Substanz, die Arbeitsplätze schaffen, welche Sie aber nicht besteuern sollten, weil sonst Arbeitsplätze verloren gehen. Und es wurde heute schon einmal gesagt: Wien hat im letzten Jahr über 12 000 Arbeitsplätze verloren. Wenn Sie heute eine Substanzbesteuerung für Unternehmen einführen, dann erhöht sich diese Zahl, und Wien wird als Standort für Unternehmen unattraktiv. Das wollen wir nicht, ganz im Gegenteil. Wir alle, und das einigt auch alle Fraktionen, wollen, dass die Stadt prosperiert und attraktiv für Betriebsansiedelungen ist. Betriebsansiedelungen bringen Wohlstand, bringen Arbeitsplätze und genau das ist es, was am Ende dieses Land und diese Stadt ausmacht. Dafür wollen wir doch alle gemeinsam einstehen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Die Redezeit war 9 Minuten.

 

Frau Dr Kappel! Ich möchte Ihnen auch von meiner Seite für Ihr Engagement im Wiener Gemeinderat danken. Ich habe Sie ja im Finanzausschuss und im Kontrollausschuss - da haben wir enger zusammengearbeitet - immer als eine sehr sachorientierte Politikerin erlebt, auch als Expertin im Finanz- und Wirtschaftsbereich, und möchte mich auch für Ihre Inputs bedanken. Ich wünsche Ihnen in Brüssel im Europäischen Parlament viel, viel Erfolg. Bitte behalten Sie diese sachliche und kompetente Politik bei. Das ist ein wichtiger Beitrag auch für Europa. Vielleicht sehen wir uns nächstes Jahr hier im Haus wieder. Alles Gute, auch viel Gesundheit und viel Spaß bei der neuen Aufgabe! Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

 

Zum Wort gemeldet ist nun Frau GRin Mag Tanja Wehsely. Die selbstgewählte Redezeit ist 15 Minuten, und sie wird im Gemeinderat bleiben. (Allgemeine Heiterkeit.)

 

13.45.39

GRin Mag (FH) Tanja Wehsely (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Danke, das freut mich sehr, lieber Herr Vorsitzender, wenn das jetzt schon so fix ist!

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Bis zur Wahl zumindest.

 

GRin Mag (FH) Tanja Wehsely (fortsetzend): Danke (Heiterkeit bei GRin Dr Monika Vana und GR David Ellensohn.), danke vielmals!

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Zuerst auch von meiner Seite und ich glaube, ich spreche auch für meine Fraktion: Alles Gute, Frau Dr Kappel, in Brüssel! Sie haben ja selber gesagt, Sie sind Sachpolitikerin und ich denke mir, auch in einer Fraktion, so es eine geben wird, von Rechten, Rechtspopulisten, nationalen Kräften in Europa, ist wahrscheinlich die eine

 

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