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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 105

 

gar nicht so paletti, wie das in der Debatte von Rot und Grün ununterbrochen dargestellt wird. Ein derartiger Schuldenzuwachs muss bitte jeden vernünftigen Finanzvorstand – und ich vergleiche das Amt der Finanzstadträtin immer mit dem Finanzvorstand, zum Beispiel in einem großen börsenotierten Unternehmen – beunruhigen, meine Damen und Herren! Da kann man sich nicht hier hersetzen und sagen, es ist eh alles in Ordnung, meine Damen und Herren!

 

Der Plan ist – das verstehe ich ja noch – wieder einmal gegenzusteuern und in guten europäisch-volkswirtschaftlichen Jahren wieder Schulden zurückzuzahlen, meine Damen und Herren. Nur gibt es da das große „Ja-aber“. Weil wir heute japanische Gäste auf der Tribüne hatten – was ist, wenn auch wir japanische Verhältnisse bekommen? Die haben dort über 20 Jahre kaum Wirtschaftswachstum, sondern Deflation, meine Damen und Herren! Was ist, wenn das auch in Europa passiert? Das Gespenst wird an die Wand gemalt, aber das ist nicht ganz so von der Hand zu weisen. Wie lange wollen wir dann mit dem Schuldenmachen in Wien weitermachen? Wann wird denn wieder zurückbezahlt, meine Damen und Herren? Also ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Plan des ununterbrochenen Keynesianistischen Defizites auch wirklich ganz zu Ende gedacht ist.

 

Wien hat kein Einnahmenproblem, das hat Kollege Aichinger schon ausgeführt. Jetzt können wir darüber diskutieren, Kollege Margulies. Es gibt eine jährliche Steigerung. Kein Wunder, wenn man ununterbrochen Steuern und Gebühren rekordverdächtig erhöht. Da ist übrigens eine Parallelität zur Republik gegeben, wo man es noch besser sieht in den letzten 10 bis 15 Jahren. Die Einnahmen fallen aus der Lohnsteuer, steigen dort frappant, wobei ich sozusagen in Klammern dazusage – Stichwort: kein Wunder bei der kalten Progression. Also weder Republik noch Bundesland Wien haben ein Einnahmenproblem. Was wir allerdings sehr wohl haben, ist ein Ausgabenproblem. Wir haben ein ausgabenseitiges Problem, weil nämlich Sparen für Rot und Rot-Grün ein Fremdwort ist, meine Damen und Herren.

 

Dann komme ich zu einer sehr grundsätzlichen Feststellung. Da versuche ich auch durchaus, selbstkritisch zu sein, was die Beteiligung meiner Partei auf Bundesebene betrifft, meine Damen und Herren. Diese latente Unzufriedenheit, die es in der Bevölkerung gibt – und das merkt man ja, das merkt jeder von uns persönlich in seinen Gesprächen mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern, das merkt man in den Internetforen, das merkt man in den Kommentaren in den Zeitungen –, diese latente Unzufriedenheit, die sich heute zum Teil schon unter dem Begriff Wutbürgertum sammelt, meine Damen und Herren, geht durchaus auch auf diesen fehlenden Reform- und Sparwillen auf Bundes- und Landesebene zurück.

 

Die Menschen spüren, dass die aus ihrer Sicht Mächtigen, die Politiker zu wenig bereit sind, heute Reformen durchzuführen. Was ist mit den 599 Vorschlägen des Rechnungshofes? Was ist mit der oft debattierten Bundesstaatsreform, mit einer neuen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern, auch angesichts der heute immer mehr werdenden Gesetze und Aufgaben, die von der Europäischen Union übernommen werden. Was ist mit der Zusammenlegung der Sozialversicherungen? Was ist mit dem Durchforsten des Förderungsdschungels? Was ist mit den Luxuspensionen? Und so weiter, ich könnte da geradezu stundenlang weitermachen, meine Damen und Herren.

 

Da gibt es in unserem Staat auf Bundes- wie auf Landesebene mehr Baustellen, als ganz Wien in einem Sommer zu bieten hat. Bei uns in Wien heißt es, wie heute in der Früh von der Frau Finanzstadträtin: Eh alles paletti, alles in Ordnung. und auf Bundesebene heißt es, wie Journalisten sie oft zitieren: „Wir sind eh grundsätzlich gut durch die Krise gekommen.“ Ich glaube, das ist ein bisschen eine Abkoppelung von der öffentlichen Wahrnehmung. Das eine ist, wie die Menschen draußen das wirklich fühlen, das andere ist, wie es manche Politiker ausdrücken. Ich fürchte nur, dass diese Beschönigungspolitik schön langsam zu einem Ende kommt, denn schauen Sie sich nur die Umfrageergebnisse letzten Endes auch von ÖVP und SPÖ auf Bundesebene an, meine Damen und Herren.

 

Ellensohn hat vorhin gesagt – wieder auf Wien bezogen –, Rot-Grün sei auf einem guten Weg. Na ja, wenn ich manche Umfragen anschaue, ist das eine gefährliche Drohung für die SPÖ. Ich meine, heute kam natürlich schon eine Gegenumfrage der SPÖ, wobei ich in Klammern dazusage: Viel Spaß, da werden wir ja noch im Wahlkampf einiges sehen. – Aber wenn andere Umfragen stimmen, sind sie bei ungefähr 35 Prozent. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Und Sie?) Da kann man natürlich einmal überlegen, wem die Politik von Rot-Grün wirklich zu Gute gekommen ist.

 

Der Begriff Steuerreform ist ja heute schon öfter erwähnt worden. Es war ja ganz logisch, dass das kommen muss. Thema Vermögenssteuern: Da gab es im „profil“ einen interessanten Leitartikel mit sogenannten Millionären großflächig auf der Titelseite, so eine Art Outing der steuermasochistischen Millionäre der Republik. Einiges daran mag ja durchaus stimmen, meine Damen und Herren, aber man soll sich’s auch im Detail durchlesen, da kommt nämlich das „Ja-aber“. Ich kenne berufsbedingt relativ viele Vermögende und auch Millionäre. Da sagt jeder, ja, aber ... Es gibt nur ganz wenige, die wirklich sagen, nein, wir sind nicht bereit, noch ein bisschen mehr beizutragen. Aber zuerst muss der Staat sparen, meine Damen und Herren! Zuerst muss der Staat seine Hausaufgaben erledigen (Beifall bei ÖVP und FPÖ.), erst dann können wir über zusätzliche Einnahmen reden.

 

Dann darf nichts tabu sein, und da appelliere ich auch an meine Partei, da bin ich jetzt vielleicht nicht ganz auf Parteilinie: Da soll wirklich nichts tabu sein. Ja, reden wir über Grundsteuererhöhung, aber achten wir darauf, dass das nicht wieder die Betriebskosten erhöht und damit wieder das Wohnen. Ja, es gibt ja überall Fallen. Reden wir über Erbschaftssteuer, aber Achtung, nicht dass das eine Bagatellsteuer wird, wie es zum Schluss unter Lacina war. Reden wir auch von mir aus über Er

 

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